Mikrotonale Musik, andere Tonskalen

Moogulator schrieb:
Es ist recht schwer aus dem wohltemperierten oder Reingestimmten System auszubrechen
definitiv

Wäre auch interessiert, Sachen zu hören die das versuchen.
Waren wohl einige Beispiele hier im Thread. Muß ich mich auch mal wieder reinarbeiten

Fehlen nur noch Musiker, die das auch nutzen..
Genau; die Reihenfolge muß stimmen: erst die Musik (= Musiker), damit der Hörer "in die Pflicht" genommen werden kann. ;-)

Wenn Du diese Art von Musik machen willst, ist es von Vorteil in Klausur zu gehen. Sprich, sich für eine Weile
von der normalen Musik auszuklinken und eine Weile mit den Skalen experimentieren. Anfangs klingt alles nach
alten Socken, da die Tonabstände so gering sind. Knackpunkt sind natürlich Akkorde, da hier ja die Beziehung
der Töne zueinander geschaffen werden. Daher kann es sinnvoll sein, nicht gleich "vollpolyphon" zu arbeiten,
sondern mit zwei Melodie/Bassstimmen (oder 1x obere, 1x unterer Frequenzbereich). Spätere Steigerung möglich...

Ich habs auch immer wieder angefangen, aber auch aufgegeben, um ehrlich zu sein.
Andererseits: kriege wieder Böcke drauf... 8)
Dann pack ich mal die Ringmodulatoren weg :mrgreen:
 
Es ist recht schwer aus dem wohltemperierten

ich bin da gerade dahin wieder zurückgekommen = habe früher viel damit gemacht und bin jetzt wieder darauf zurückgekommen und habe bei mir alles (mein modular) auf 432hz gestimmt .... die skale an sich bleibt aber tonale ausdruck ist sehr viel geschmeidiger als die aktuellen 446hz ....oder gibts hier noch retros die auf 440hz was machen 8) ?

abgesehen davon ict wohltemperiert eben auch nur das klavier bzw alles was tasten hat weil man da eben versucht hat alle tonarten zeitgleich in ein instrument zu pressen - was total bescheuert ist weil man nie alle tonarten zeitgleich benötigt sondern wenn überhaupt zwischen ihnen wechselt _ jedes andere instrument wird die tonart immer entsprechend des jeweiligen grundtones interpretieren - ein guter spieler sowieso und gerade blechbläser immer da ist ein geschriebenes bb nicht das gleiche in Fm wie in Cm .... diesen gedanken mal auf entsprechend schwierigere skalen übertragen eröffnet sich die problematik = der ausdruck der skale kommt mit der spielbarkeit derselben ! nicht mit der eingeschubladeten tonintervalldefinition

erste polyphone gedanken und deren dokumentation belegen ja auch, dass jede harmonische skale immer nur im bezug zu einem ton angesehen wurde frühe chormusik) - das war ja auch der ansatz von bach damit aufzuräumen und feste tonintervalle zu schaffen = klavierfaschismus ist der annehmbare terminus ....


so genug davon: :opa:
_______


naja _ ansonsten wenn ich keine melodien schichte (zur zeit) sondern sounds und setze die einfach frei zueinander - dadurch ergibt sich zwar keine skale aber eben eine (1) harmonische aussage _ für die meißten elektronischen sachen vollkommen ausreichend
 
Zotterl schrieb:
Je nachdem, wie Du "irgendwann" definierst. Dauert, bis sich Hörgewohnheiten ändern...
Kann man wohl sagen.
Ich habe mich im Netz umgehört und nur extrem wenige Stücke gefunden, bei denen meine Ohren "schief" meldeten, aber nicht im gleichen Maße "falsch". Wie dieses ziemlich nicht-elektronische:
http://spectropolrecords.bandcamp.com/t ... n-st-kilda
Vielleicht liegts daran, dass es immer genügend Abstand zum Gewohnten hält.
Wie gesagt, ich wünsche mir konsequente Kompositionen, oder von mir aus Improvisationen, nur nicht was-bin-ich-doch-fortschrittlich Beliebigkeiten. Vielleicht mögen sich dann auch meine Hörgewohnheiten umstellen. Bei klassischen indischen Ragas hats schließlich auch funktioniert.
Zotterl schrieb:
Gibt ja heute schon "normale" Musik, in die gelegentlich harmonische Schrägheiten
eingebaut werden.
Hihi, und ich habe ausgerechnet beim Lesen deiner Antwort gleichzeitig "Orion Transfer" von Namlook & Inoue gehört, mit diesen wunderbaren schiefen "Echolot-Piepsern". Ohne die wäre es nicht halb so gut.
Zotterl schrieb:
Bollywood ist inzwischen sehr elektronisch geworden. Das folgende Video ist aus der Retorte - bis auf
die Mädels ;-) . Was Tonskalen betrifft: eher westlich orientiert und damit "normal"
Schaut mal hier [...]
Oha, ja. Wenn's da mal nicht schon zu spät ist für den Auto-orientalisch-Knopf... ;-) Die scheinen ihre Hörgewohnheiten schnell geändert zu haben. Tja, wenn "westlich" soooo chic ist, muss man wohl einfach.
 
dotterl schrieb:
@Peter uertz:
Seit der Quantenphysik, weiss man doch das die fragestellung/ versuchsanortnung das ergebnis mit beeinflußt!
Du meintest die Theorie: Ein Teilchen, welches beobachtet wird, verhält sich anders, als wenn man es nicht beobachten würde.
Soweit ich weiß, gilt dies für den Winzlingsbereich der Quanten/Atomphysik. Wir im Makrobereich lebenden Menschen
sind von dieser Theorie wohl nicht bzw. anders betroffen. Aber ich weiß nicht wie da der aktuelle Stand ist.

Jo genau so sieht es aus: Das einzige was man genau weis ist, dass die Quantenfeldtheorie ist falsch ist und dass die allgemeine Relativitätstheorie falsch ist.
Unter gewissen Umständen kann eine Theorie aber trotzdem Vorhersagen treffen, die zwar falsch sind, aber für bestimmte Zwecke gerade gut genug.
Theorien der Natur- oder Ingenieurswissenschaften auf andere Bereiche zu übertragen is eine verhängnissvolle Angelegenheit die nicht zu unterschätzendes Leid verursacht siehe zB Systemtheorie oder Konstruktivismus.
Aber eigentlich gings ja um was ganz anderes. Mist! Schon wieder am Thema vorbei :sad:

Die in der Praxis benutzte Technik scheint ja die orientalische casio pitchbend methode zu sein :lol:

Die Typen sind der Wahnsinn. Die geben den Tischhupen genau das, was sie verdienen :)
 
psicolor schrieb:
Ach mist, am Thema vorbeigeschrieben....
Ach, psicolor, sooo am Thema vorbei wäre es doch gar nicht gewesen, zu schreiben, was wir an der temperierten 12-tönigkeit haben. Aber mein "Zwölfteloktavensklaverei" sollte nicht wirklich verteufeln, nur ein bisschen Nachdenken provozieren. :)
Die 12-Teilung der Oktave ist tatsächlich unerreicht, was die Qualität der Annäherung an ganzzahlige Frequenzverhältnisse (2,3,5) betrifft, bezogen auf die "Ökonomie" des Tonvorrats. Das kann man ausrechnen. Und spätestens seit Bachs Zeiten wissen wir auch, dass die Gleichteiligkeit überhaupt erst eine Umdeutung von Tonbezügen ermöglicht und damit eine ganze Welt von Kompositionsmöglichkeiten eröffnet hat.
Man muss ja nichts Bestehendes verneinen, wenn man sich z. B. fragt: "Und wie würde es sich anhören, wenn wir auch noch den Frequenzfaktor 7 zur Verfügung hätten?" "Und was können wir mit Tonvorräten machen, die nicht mehr durch die Spielbarkeit beschränkt sind?" Und so weiter.
 
Stimmt schon, jeder sollte mal versuchen mit anderen Skalen zu arbeiten um die DIN-Stimmung wirklich schätzen zu lernen.
Bei meinen Experimenten kam jedenfalls nur Scheisse raus.
Richtig ernüchternd waren meine Versuche bei denen ich den goldenen Schnitt sowohl in Frequenzverhältnissen als auch in Rhythmen (hier natürlich nur rationale näherungen an den Goldenen Schnitt) eingebunden habe. Hätte eigentlich erwartet das absolut antimusikalischste Werk schlechthin damit zu schreiben, tatsächlich hat sichs einfach nur angehört wie Kirchenglocken...
 
Vielleicht interessiert euch dieser Clip ja (d.h., leider kein richtiges Video, nur Standbild mit Musik - ein Konzertmitschnitt übrigens). Aber bitte nicht gleich aufgeben nach 1, 2 Minuten, sondern mal konzentriert bis zu Ende hören und auf die sehr differenzierten Mikrointervallschattierungen achten. Natürlich ist es klanglich und harmonisch erst einmal sehr ungewohnt, aber darum geht es ja hier im Thread.



Übrigens ein guter Bekannter von mir und ein sagenhafter Musiker. Bin im Moment dabei, ein Konzert mit ihm in Aachen zu organisieren, nächstes Jahr im Mai oder Juni. Wird dann natürlich auch hier bekannt gegeben.
 
Hat er die Saiten im Klavier manuell, per Hand,
abgegriffen oder ist es ein präpariertes Klavier?
 
Kein präpariertes Klavier.
Aber eine Sonderanfertigung, ein Sechzehntelton-Klavier.
D.h. eine klingende Oktave ist auf einen viel breiteren Tastaturbereich gespreizt.
Daher die präzisen mikrotonalen Möglichkeiten. Wenn Du da einen Lauf spielst, klingt es wie ein Glissando.

In Aachen werden wir aber was ganz anderes machen, wenn auch nicht weniger interessant und exotisch: Cembalo plus Elektronik.
 
Markus Berzborn schrieb:
ein Sechzehntelton-Klavier.
Den Klavierstimmer beneide ich nicht. Vor allem die Verstimmrate
bei Temperaturschwankungen...

Cembalo plus Elektronik.
Da würde mich ein "Praxisbericht" hinterher interessieren!

Das von Dir weiter oben gepostete "Video" find ich noch relativ
angenehm. Die Mikrointervalle sitzen nicht zu dicht "aufeinander",
so dass man das noch einigermaßen lokalisieren kann.

Vielleicht liegt da auch ein Lösungsansatz: nicht gleich zu viele Akkorde
sondern die Noten in homöopathischen Mengen klingen lassen.
 
...das sind ein paar 100 km...
Poste aber auf jeden Fall den Termin. Evtl. kann man das
noch mit was anderem verbinden.
 
Jens Groh schrieb:
Hier sind noch ein paar etwas weniger akademische Beispiele, auch wenn die mir nicht besonders gefallen:
http://split-notes.com/007/
Endlich zum Aufarbeiten gekommen. Hab mir das Album komplett reingetan. Danke für den Tipp.

PLUS:
da hat sich jemand viel Arbeit gemacht und in der dort beigefügten .pdf-Datei viele Details zu den
verwendeten Skalen und der Arbeit damit gemacht.

minus:
mir scheint, dass hier die mikrotonale Musik in das Korsett Rock/Pop/Jazz gedrängt wird, was die
Musik für mich sogar eher noch befremdlicher macht, da man ständig mit vergleichbarer Musik
"interpoliert".

Mein persönliches Fazit: Ich finde es gut, wenn man der mikrotonalen Musik einen eigenen Raum zum
Atmen und Leben gibt. Gerade die elektronische Musik und/oder Neue Musik scheint mir hierzu geeignet.
 
Jens Groh schrieb:
Ich habe mich im Netz umgehört und nur extrem wenige Stücke gefunden, bei denen meine Ohren "schief" meldeten, aber nicht im gleichen Maße "falsch". Wie dieses ziemlich nicht-elektronische:
http://spectropolrecords.bandcamp.com/t ... n-st-kilda
Problemlos anhörbar (auch wenn Klarinette nicht mein Fall ist) ;-)
Wahrscheinlich liegts auch daran, dass kaum Polyphonien aufeinandertreffen und
der "Reibungsgrad" recht gering ist. Auf jeden Fall hatte da jemand Ahnung.
 
Zotterl schrieb:
Mein persönliches Fazit: Ich finde es gut, wenn man der mikrotonalen Musik einen eigenen Raum zum
Atmen und Leben gibt. Gerade die elektronische Musik und/oder Neue Musik scheint mir hierzu geeignet.

:nihao:
 
Zotterl schrieb:
Hab in den letzten Tagen mit meiner persönlichen Weihnachtsmusik :mrgreen: + Tuning
experimentiert... Hier mal ein Ausschnitt.

[ http://soundcloud.com/earthcon/extract-chris-mass-daze (•Soundcloud AUDIOLINK) ]

Für mich verblüffend: die Harmonien ab ca. 0'40 könnte man fast schon als schön
bezeichnen (oder bin ich nun doch betriebsblind geworden ;-)

Toll. Wenn du das jetzt zuende kompoierst und einen richtigen song draus machst… siehe erstes Wort.
Bei 1:24 und davor auch schon hast du tolle Momente drin. Respekt.
 
Zotterl schrieb:
Problemlos anhörbar (auch wenn Klarinette nicht mein Fall ist) ;-)
Wahrscheinlich liegts auch daran, dass kaum Polyphonien aufeinandertreffen und
der "Reibungsgrad" recht gering ist. Auf jeden Fall hatte da jemand Ahnung.
Ganz meine Meinung.
Ich habe das mit der Polyphonie mal getestet, indem ich die tonalen Bestandteile über Minuten hinweg "verschmolzen" habe. (Ich habe dafür ein spezielles Eigenbau-Plugin, ein Nachhall tut's aber wahrscheinlich genauso.) Und: Es bleibt genauso problemlos anhörbar! Du hast also wohl recht: Wenn da was aufeinandertrifft, ist es zumindest nirgendwo widersprüchlich.
Das ist für mich der ermutigende Beweis, dass die Mikrosachen funktionieren können, sofern man damit nicht bloß dasselbe wie bisher modernistisch aufbrezelt, sondern einen Großteil der "Logik" der Musik noch mal durchdenkt und, wo nötig, neu aufbaut.
 


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