Wenn man so mit "unbedingt" ran geht, stimme ich dir zu. Ich sprach aber von Freigeist etc. und damit arbeitet das Gehirn anders als bei "Formatierten". Die Ideen kommen so oder so wenn das Gehirn darauf ausgerichtet ist. Bei den Meisten kann man aber beobachten (siehe einige aktuelle Threads) dass man sich ausufernd und übertrieben an Luxusproblemen festbeisst und z.B. endlos über die Akustik eines 4,5 qm Abstellkammerstudio lamentiert. Sowas ist für mich Alibiverhalten um sich vor der kreativen Arbeit zu drücken. Die "Kritik" kann schreiben was sie will, so lang sie nicht selbst mal was Kreatives abgeliefert hat, ist es Laber-Laber.
Ein weiteres Problem sind "Trends" (künstlich Bedarf erzeugen für Dinge die schon produziert im Lager liegen oder eine gewünschte Strömung erzeugen). Seit kurzer Zeit fällt auf, dass man medial das Thema KI und Bilder hochhieft. DALL-E Mid Journey etc, und schwupst, springen auch hier viele auf. Ein Freigeist fällt niemals auf einen Trend rein und vertrödelt damit Zeit. Aber das muss jeder selbst wissen, zumal ja jeder einen anderen Anspruch hat. Letztens benutze hier einer den seltsamen Begriff "Amateurhobby". Mehr geht nicht an Selbstdiskriminierung und Abwertung.
Sehr interessant, was Du schreibst. Das "Alibiverhalten" muss einem aber auch erst mal bewusst werden, so als elektronischer Solo-Künstler. Da hat man nämlich sein technisches Geräte-Setup daheim stehen - welches stets "verbessert" werden kann - im Gegensatz zu einem Klavier oder einer Trompete, die einfach da stehen und darauf warten gespielt zu werden.
Vielleicht ist es daher schwerer - gerade auch als Solo-Künstler - sich rein auf das Kreative Spielen/Arbeiten mit seinem Gear zu konzentrieren. Wenn sich technische Verbesserungen direkt auf den eigenen Sound, bzw. die eigene Arbeitsweise und Möglichkeiten auswirken, kommt man nicht umhin, sich darüber Gedanken zu machen. Aber hier eine gesunde Balance zu finden, erfordert viel Bewusstheit - gerade wenn man immer nur Allein vor sich hin "frickelt". Da kann das schon mal sein, dass man denkt/glaubt/meint, man bräuchte jetzt noch unbedingt einen Hardware-Kompressor zum Side-Chainen (mein Dauerbrenner), oder ein Filtermodul mit Flankensteilheit X für die eigene Musik. Und dann schreibt man das eben hier im Forum. Und dieses technische Rumhirnen und Verzetteln kann gedanklich dermaßen ausarten, das man meint, man könne ja erst (wieder) fűr sich in zufriedenstellender Weise kreativ sein - wenn diese oder jene technische Gegebenheit realisiert ist. Man glaubt das dann selbst und das ist der Grund fűr die mangelnde kreative Arbeit.
Kritisches Denken ist da gefragt, immer und immer wieder. Wann mache ich mir Gedanken űber die Technik und schaffe ich es, mein Setup - mit all seinen Eigenheiten und Mängeln gut sein lassen, das heisst gut finden und es einfach nutzen.
Hilfreich ist fűr mich (dawless), mich zunächst fűr ein festes Setup zu entscheiden, d.h. Mastersequencer, Drummie, verschiedene Synth und Sampler fűr ihre Einsatzzwecke zu definieren (Bass, Pads, Vocal-Samples, etc.). Und dann nehme ich dieses Setup und mache eine EP damit. Und dann muss ich mich halt fűr eine ganze Weile mit diesem Setup rumschlagen. Das Setup über einen (mehrmonatigen) Schaffenszeitraum zu akzeptieren, ist die eigentliche, innere, harte Arbeit. Aber wenn man das schafft, dann kann der Freigeist auch walten und schalten und kreieren.
Im Bandkontext ist das doch gleich wieder anders - da steht doch meist das gemeinsame Musizieren "einfach mit dem was da ist" im Vordergrund.