The Jazz Battle 2023

Wer gute musikalische Ideen hat, kann sie auch in kurzem Zeitraum darlegen. Niemand wünscht sich repetitives Gedudel.

Die allermeiste Musik, die heutzutage veröffentlicht wird, ließe sich vom musikalischen Gehalt her problemlos auf unter eine Minute reduzieren. Fünf Minuten sollten angesichts dessen kein allzu anspruchsvolles Ziel sein, sich möglichst kurz zu fassen. Einfach ein paar Wiederholungen einsparen.
 
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Also wenn darauf bestanden wird, dann brauche ich mein Stück nicht abgeben. Es wird möglicherweise unter sechs Minuten bleiben, kann aber auch sein, dass ich am Ende etwas darüber liege.
Jetzt mach doch erst mal

Wieso denn fünf Minuten?
Moses hat am Berg Sinai auch gefragt, wieso "Deines Nächsten Weib"? Ob man das nicht auf den "Übernächsten" verlegen könne? Das Weib seines Nächsten fände er schon ziemlich dufte. Gott blieb hart, und Moses hat sich dann einfach von beiden begehren lassen - ohne so richtige Konsequenzen...

Wie gesagt: Mach erst mal
 
Dann is' doch alles Tutti. Kenne zwar diesen Foren User "Niemand" nicht, aber auch er darf sich gerne mein Stück anhören....
Ich höre mir Dein Stück auch gerne an. Aber als jemand, der seine Leidenschaften eher im Bereich von Indie, Punk und - entgegengesetzt dazu (aber vielleicht auch nicht) - klassischer und neuer Musik hat, muss ich einfach sagen, dass mir die ewigen Wiederholungen in heutiger populärer Musik auf die Nerven gehen ebenso wie das zwanzigste „Solo“ über die immer gleiche Akkordfolge im Jazz. Wenn ich einen musikalischen Gedanken schon gehört habe, muss er nicht noch zwanzigmal wiederholt werden. In einer Rede würde ich ja auch nicht erwarten, dass der Sprecher zwanzigmal mit unterschiedlichen Worten den gleichen Inhalt von sich gibt. Also fasse Dich kurz, es wird Deine Hörer erfreuen.
 
Wiederholung hat schon ihren Reiz. Gibt ganze Genres oder auch genreübergreifende Bands die damit wundervoll funktionieren.

Aber in der Populärmusik find ich sie auch furchtbar in den letzten Jahren. Wenn die ganzen verbreiten Drops viermal die exakt gleiche Melodie hintereinander packen, ohne Komposition oder Spannungsverlauf, kein Twist, nichts - dann zeugt das von Unvermögen oder der Absicht, den Zuhörer zu betäuben, nicht von grosser Kunst. Die kann sich nämlich gekonnt kurz fassen. Oder spannende Drops bauen - auch wenn nicht jeder Louis Cole sein kann, schon klar. Aber irgend ne Grauzone gibt's dann doch noch...
 
Repetition ist im Jazz schon auch ein Stilmittel, aber meistens nur in bestimmten Stimmen während andere Stimmen das weiterentwickeln. Komplett repetitiv, also das gesamte Klanggeschehen unverändert zu wiederholen find ich auch meisstens blöd, ausser es wird eine meditative Wirkung erzielt. Das Thema wird hier zB auch sehr oft wiederholt aber immer in anderem Zusammenhang.

0:00 intro (kann man überskippen)
1:21 Anfang
1:28 Thema Unisono Klavier und Posaune
1:56 Repetition Thema Klavier / Posaune spielen jeweils nur jeden zweiten Ton und wechseln sich dadurch ab, ziemlich abgefahren.
2:25 1.Klaviersolo über den Akkorden eines kleinen Ausschnitt des Themas. Der bass grooved im 13er oder 15er 8tel Takt glaube ich, das Schlagzeug spielt 13 oder 15 4tel, so dass sich beide erst alle 2 Takte treffen. Der Bass ist hier sehr repetitiv.
3:17 Bass Solo 11/8 Klavier repetitiv. Bridge
3:39 Kurze Kollektivimpro Klavier/Bass es bleibt aber im 11/8
3:58 Zurück zur Bridge
4:09 Bridge B Posaune Solo, Klavier repetitiv. Auch ein Ausschnitt des Themas. 13/8
5:01 Drum Solo im 11/8. Klavier/posaune unisono ebenfalls kurzer Ausschnitt des Themas.
5:57 2.Klaviersolo 11/8. Drums shuffelt auf einmal deshalb klingts wie ein Tempowechsel. Tempo bleibt aber gleich. Klavier ist der Hammer find ich. Wie der über dem Rythmus "schwebt" und doch immer drin ist ist für mich typisch Jazz und in der Klassik so nicht zu finden.

und so weiter :)



Kann ich verstehen wenn einem das zu technisch ist. Ich glaub das ist zu 90% durchkomponiert. Ich find es Rockt gewaltig.
 
Letztes Beispiel, wenn auch akustisch, zeigt mir gut wo der Hammer hängt. Wenn ich was einreiche, hat es im Vergleich dazu gewiss keinen Deut von Jazz, auch nicht bei drei zugedrückten Augen. Bin gerade demotivitiert, aber ist ja noch Zeit. Reich ich halt eine Klein-Timmy-Zeichnung von Jazz ein und schreib handschriftlich drunter: Ceci n'est pas de jazz.
 
OT: Mein verrostetes kopfinternes Schulfranzösisch meint: Zählbare Substantive "du", nicht zählbare "de", und dutzende Ausnahmen.
 
OT: ist bei mir auch nur so vom Gefühl her. Für eine exakte Aussage müsste ich die Dame des Hauses fragen (Ex-Französischlehrerin und längere Zeit beruflich in Frankreich gewesen...)
 
im Englischen Unterhaus haben sie mal diskutiert ob sie Repetitive Musik verbieten sollen. Das war als die ganzen schlimmen Technoparties von Spiral Tribe usw. waren. 1990/91. Daraus ist nichts geworden, weil sie rausgefunden haben dass zB. in der Klassik Wiederholungen extrem oft passieren. Wir empfinden Töne auch nur als Töne weil sich Wellenformen wiederholen. Ich bin mir auch sicher, dass die allererste Musik auch vor allem repetitiv war. Trommeln und so. In meiner Beschreibung des Tracks oben deute ich auch auf die Zahlreichen Repetitionen hin. Also Herr Dr. @Horn , da müssen Sie schon etwas differenzierter rangehen.
 
im Englischen Unterhaus haben sie mal diskutiert ob sie Repetitive Musik verbieten sollen.
Echt?

Daraus ist nichts geworden, weil sie rausgefunden haben dass zB. in der Klassik Wiederholungen extrem oft passieren.
Ja und nein. Pachelbels berühmter Kanon z.B. hat eine immer gleiche Bassfigur, aber darüber wird ein musikalischer Gedanke entwickelt, der sich stetig weiterspinnt. Im ersten Satz von Beethovens Mondscheinsonate hören wir permanent gleiche oder ähnliche rhythmische Figuren, aber sowohl Melodie als auch Harmonik bilden einen einzigen großen Spannungsbogen. Usw. usf.

Also Herr Dr. @Horn , da müssen Sie schon etwas differenzierter rangehen.
Ich bin kein Doktor. Ich habe nicht gemeint, dass jegliche Wiederholung schlecht ist, sondern dass permanente Wiederholungen, bei denen musikalisch nichts Neues geschieht, auf Dauer sehr nerven können.

Damit wollte ich die Argumentation stützen, dass es bestimmt jedem Musiker möglich ist, ein Musikstück abzuliefern, das auf unter 5 Minuten reduziert ist, wenn er (oder sie) einfach ein paar Wiederholungen weglässt.
 
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sondern dass permanente Wiederholungen, bei denen musikalisch nichts Neues geschieht, auf Dauer sehr nerven können.
Da empfehle ich Dir mal das "how music works" von David Byrne. Darin gibt es ein extrem interessantes Kapitel in dem er zusammenfasst, was es so an sozio-anthropoligischen und auch neurologischen Studien zum Thema gibt, und das sagt, dass wohl insbesondere das gemeinsame Repetieren von Gesängen und Rhythmen eng mit der Festigung der sozialen Bindungen im Laufe der sozialen (also nicht nur genetischen, sondern auch tradierten) Evolution verknüpft ist, und dass dies vermutlich der Wesenskern dessen ist, warum es Musik überhaupt gibt.

Now back to topic:
Zweite Abgabe erfolgte
 
Da empfehle ich Dir mal das "how music works" von David Byrne. Darin gibt es ein extrem interessantes Kapitel in dem er zusammenfasst, was es so an sozio-anthropoligischen und auch neurologischen Studien zum Thema gibt, und das sagt, dass wohl insbesondere das gemeinsame Repetieren von Gesängen und Rhythmen eng mit der Festigung der sozialen Bindungen im Laufe der sozialen (also nicht nur genetischen, sondern auch tradierten) Evolution verknüpft ist, und dass dies vermutlich der Wesenskern dessen ist, warum es Musik überhaupt gibt.
Das ist ja dann wieder etwas anderes. In dieser „Battle“ hier geht es ja nicht um Musik, die in Gemeinschaft gesungen, getrommelt oder getanzt wird, sondern um Musik aus der Konserve zum Zuhören.

Vielen Dank aber für den Buchtipp.
 
Natürlich kann man zu allem tanzen. ...

Was @fanwander aus dem Buch von David Byrne zitiert hat, bezieht sich, wenn ich es richtig verstanden habe, auf Musikausübung in der Gemeinschaft - also Menschen, die tatsächlich gemeinsam an einem physikalischen Ort zu einer bestimmten Zeit versammelt sind. Rituelle Gesänge, rituelles Trommeln, Tanz. Wir kennen das heute noch in Form von Stadiongesängen, Kirchenliedern und Techno Raves.

Wenn wir aber hier im Forum jeweils einsam vor dem Rechner einen Beitrag zu einer sogenannten "Battle" abliefern, hat das mit dieser Form der Musikausübung sehr wenig zu tun.

Es sei denn natürlich, man würde Battles im Synthesizer Forum zum musikalischen Ritual erklären, das "der Festigung der sozialen Bindungen im Laufe der sozialen (also nicht nur genetischen, sondern auch tradierten) Evolution" dient ;-) ...
 
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Was @fanwander aus dem Buch von David Byrne zitiert hat, bezieht sich, wenn ich es richtig verstanden habe, auf Musikausübung in der Gemeinschaft - also Menschen, die tatsächlich gemeinsam an einem physikalischen Ort zu einer bestimmten Zeit versammelt sind.
Historisch gesehen, in Zeiten, wo noch keine Audioaufnahmen und kein Multitracking inkl. MIDI möglich waren, gab es ja gar keine anderen Möglichkeiten. So ähnlich wie Erzählungen bevor es Bücher gab.
Heute gibt es ganz andere Möglichkeiten. Für Rhythmen müssen es z.B. keine echten Trommeln sein, es gibt Grooveboxen mit Sequencer usw., und trotzdem kann man sich an repetitiven Rhythmen erfreuen. "Groove" impliziert ja einen gewissen Fluss im Rhythmus. Das kriegst du nicht hin, wenn du bei jeder Note alles änderst. Und auch in Melodien tragen gewisse Wiederholungen zum Groove bei. Nicht selten hört man denselben Track/Song mehrmals hintereinander, wenn er einem so gut gefällt. Man möchte diese Wiederholungen einfach haben. Von Pommes isst man i.d.R. auch nicht nur ein Stück, obwohl sie alle sehr ähnlich aussehen können. ;-)
 


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