Lydia Kavina und Caroline Eyck haben sich auch a) lange mit dem Instrument beschäftigt und b) schrecken vor komponierten Partituren nicht zurück. Ein Komponist bringt oder brachte Musik in Noten heraus, und hat sich auf die Produktion von Musik spezialisiert, die ohne die Voraussetzung einer ganz bestimmten Klangcharakteristik gut und originell rüberkommt. Das ist der Unterschied zwischen Ton- und Klangkunst.
Wer selber nicht die Kreativität eines Komponisten hat, muss halt Abstriche machen oder existierende Literatur interpretieren. Ersteres scheint bevorzugt zu werden, wenn man sich mal die Popmusik anschaut, ist die ja mit ner Handvoll Akkorde zufrieden, oder Filmmusik mit ihren paar wagnerschen und anderen Cliché-Motiven. Neue Musik sprengt leider die Grenzen des mit unserer Notation "Sagbaren". Und einfach aus dem Netz herunterladen und interpretieren ist strafbewehrt, weiß man, wenn sich der Urheber nicht länger als 70 Jahre lang die Radieschen von unten angeguckt hat. Das heißt, gute Musik mit einigem Anspruch, die sich auch gut mit Synthesizern interpretieren ließe, hat stets die Patina des Etablierten angesetzt.
Jeder Sound eines Synthesizers klingt beliebig, wenn er kontextlos dasteht. Ein Sound wirkt erst authentisch durch eine Klingt-doch-wie-Assoziation. Ein Synthesizer hat erst dann ein Fuß in der Tür als Gamechanger, wenn ihn Bands ins Inventar aufgenommen haben. Und deren Lieder bzw. die Soundauswahlen dieser Lieder bilden dann vermutlich die Basis für Presets anderer Synthesizer. Alles Vermutungen, so erklär ich mir aber die im Eröffnungspost durchlugende Sinnkrise: Man schmorrt im eigenen Sud. Wo keine neuen Melodien und Grooves reinkommen, kann es der beste Synth nicht mehr reißen. Das ist wie in einer Fürstenfamilie im Mittelalter, wo man ein lockeres Verhältnis zur Inzucht pflegt. Da kann auch ne Modenschau kaum die gichtigen Glieder der Kindfrauen bedecken.
Lasst eure Frau an den Synthesizer, dass sie ihn einstellt auf irgendeinen Sound. Dann versucht damit was zu machen, Tonkunst damit zu machen, betrachtet diese Einstellung als sakrosankt. Mindestens eine Woche lang, eine Woche bis zu eurem Hochzeitstag. Und plötzlich hat der Sound für euch ganz persönlich eine Bedeutung, wenn es euch gelingt, sie damit zu beeindrucken. Ist gerade keine Frau oder Mann zur Seite, versucht euch an der Arbeit mit einem Tonsatzprogramm wie Musescore. Belasst die Voreinstellung des Programms, ist wohl ein vermaledeites Klavier, wurscht, beschäftigt euch mit Musik auf dieser Ebene, und nehmt Unterricht an einem mechanischen Instrument.