Nur der Vollständigkeit halber, ohne klugscheißen zu wollen: Theremin (1920) und Trautonium (1930) sind älter als das Novachord. Interessant finde ich, dass Du sagst, es seien keine "Synthesizer". Natürlich hat man sie damals noch nicht so genannt. Aber gibt es einen prinzipiellen Unterschied zum Synthesizer? Was ist erforderlich, um ein elektronisches Musikinstrument als Synthesizer zu definieren? Der Klang wird bei diesen Instrumenten doch bereits synthetisch mit Hilfe von VCOs und VCAs erzeugt.
Was erforderlich ist, um ein elektronisches Musikinstrument als Synthesizer bezeichnen zu können? Ein wunderbare Frage, über die man sich länger in den – in meinem Falle immer schütterer werdenden – Haaren liegen kann. Da aber die Frage, ob Trautonium und Theremin Synthesizer sind oder nicht, eher ein Seitenstrang der Diskussion ist, werde ich mich nicht bei dem Versuch verheben, eine trennscharfe und vollständige Definition eine Synthesizers zu geben, sondern nur zwei Punkte herausgreifen, die mir im Rahmen dieser Frage wesentlich erscheinen.
Vorweg: Weder Theremin noch Trautonium benutzten Spannungssteuerung (also keine VCOs oder VCAs).
Beim Theremin war es ein Schwebungssummer, der den Ton erzeugte, Tonhöhen- und Lautstärkeänderungen erfolgten durch Kapazitätsänderungen, verursacht durch Handpositionsveränderungen in den elektrischen Feldern der beiden Antennen. Beim Trautonium wurde über den Konstantan-Draht der Saite der Widerstandswert in einem Kippschwingungskreis (zuerst um eine Glühlampe, später um eine Röhre herum aufgebaut) gesteuert.
Also keine Spannungssteuerung. Davon abgesehen glaube ich, dass „Spannungssteuerung“ als wortwörtlich verstandener Begriff uns nicht weit genug führt, da damit digitale Synthesizer außen vor bleiben müssten. Eine Alternative kann ich aber auch nicht anbieten, allenfalls wortungetümige Umschreibungen: Die Möglichkeit, einen Parameter einer Baugruppe durch das Ausgangssignal einer anderen Baugruppe steuern zu können, z.B. VCO-Tonhöhe durch LFO.
Ich glaube, dass das
Prinzip der Spannungssteuerung (im Sinne von "Ausgangssignal einer Baugruppe steuert Parameter einer anderen Baugruppe) ein ganz wesentliches Merkmal eines Synthesizers ist. Erst diese Spannungssteuerungsprinzip ermöglicht all die wunderbare Instrumente, über die wir uns hier im Forum amüsieren.
Das Spannungssteuerungsprinzip allein reicht meiner Ansicht nach aber nicht aus, um ein Instrument als Synthesizer bezeichnen zu können, dem Benutzer muss zudem ein
hinreichend detaillierter Zugriff auf Struktur und Verlauf des vom Synthesizer mittels Spannungssteuerung erzeugten Klangs ermöglich werden.
Und da sieht es sowohl beim Theremin als auch beim Trautonium eher mau aus, denn entweder sind ihre Klangformungsmöglichkeiten faktisch nicht der Rede wert (Theremin) oder recht begrenzt (Trautonium) – zumindest in den ersten Versionen (Telefunkens "Volkstrautonium"), bei Salas selbstgebautem Mixturtrautonium aus den 50ern sah es natürlich anders aus. Eine Spannungssteuerbarkeit der klangformenden Baugruppen war im Original-Trautonium meines Wissens auch nicht gegeben.
Daher halte ich das Theremin nicht für einen Synthesizer, das Trautonium ist "näher dran", aber…
…"close but no cigar".