...und so geht das halt die ganze Zeit. Ob der Artikel nun "Werbung" macht oder nicht, ist mir schnurz. Auch gegen die Präferenz für einen speziellen Kammerton ist doch gar nichts einzuwenden. Das Beknackte ist halt, wie plump und offensichtlich der Artikel darauf abzielt, Eindruck zu schinden bei Leuten, die von der ganzen Materie wirklich null (!) Ahnung haben. Und da krieg ich so 'nen Hals, sorry. Denn wer, auf Basis von null Ahnung, sich für ein so schönes Thema wie Stimmungstheorie und -Geschichte interessiert, der hat besseres verdient.
Zum Beispiel, schlicht und einfach vorneweg zu erfahren, dass es in der musikalischen Praxis (!) unserer Orchester de facto überhaupt keinen "Standard" von A = 440Hz gibt -- was aber die Prämisse des ganzen Geschreibsels ist. Heute, wie seit Jahrhunderten, spielen unterschiedliche Orchester an unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichen Dirigenten für unterschiedliche Stücke mit ganz unterschiedlichen Kammertönen. Nur ein, zwei Schlaglichter dazu: Im groben Schnitt war der Kammerton vor dem 20. Jahrhundert meist tiefer, mitunter deutlich tiefer als jene 432Hz, gleichwohl aber mit erheblicher Streuung, die am oberen Ende auch weit über das heute übliche hinausschießen konnte. Wohlgemerkt, wir reden von einem Spektrum von ~392Hz (zu finden im französischen Barock) bis hinauf in Richtung ~465Hz (Italien derselben Ära). 392 vs. 465Hz, das ist ein Unterschied von fast 300 cent! Aber auch in unserer Zeit, lange nach der Londoner Konferenz, aus der 1939 die (seit dem frühen 19. Jh. angebahnte) Festlegung auf 440Hz hervorging, ist das "A" eines konkreten Orchesters mitnichten einfach 440Hz. Karajan bevorzugte für seine Berliner Philharmoniker zackige ~446Hz, und wurde dafür viel gescholten, heute sind sie dem Vernehmen nach auf 442 runter. Harnoncourt differenzierte je nach Ära, aus der die gespielten Stücke stammten: Barock auf 415Hz, Wiener Klassik auf 430Hz, Romantik mit 440Hz, usw.
Aber wer für eine Leserschaft schreibt, die Musik nur noch ausschließlich als Produkt digitaler Rechenmaschinen kennt, muss sich wohl nicht darauf gefasst machen, dass Leute beim Lesen von selbst auf derartige Ungereimtheiten aufmerksam werden.