alba63 schrieb:
tim schrieb:
Dass die Entstehung von Techno und artverwandter Musik von den erwähnten analogen Instrumenten (Juno, TR, TB etc.) massgeblich beeinflusst wurde, lag nicht daran, dass sie analog waren sondern dass man sie damals drecksbillig kaufen konnte. Die Urväter des Techno kamen ja aus dem völlig verarmten und verlottertem Detroit.
Das ist einfach Deine These, die sich im Nachhinein weder widerlegen noch beweisen lässt. Fakt ist, die erste Generation von Synths (1970-1985 gebaut) war nun mal analog und hatten - v.a. die ganze Roland- Garde - einen genialen Sound, der bis heute nur annäherungsweise von Software nachgemacht werden kann.
Sorry, aber das ist keine These. Ist ewig her dass ich mal ein Interview mit Derrick May gelesen habe (weiss leider auch nicht mehr wo) und der hat das so formuliert. Macht ja auch Sinn. Dass die Rolands gut klingen, bestreitet niemand. Nur tut das hier nichts zur Sache.
Daher greift das Argument "Ohne Analog kein Techno" nicht, da Analogklang nicht das entscheidende Kriterium war sondern die Erschwinglichkeit. Heutzutage wäre diese Musikbewegung daher zweifellos auf dem Rechner entstanden, mit Freeware und Cracks. Techno war/ist ein Zeitgeist, eine Lebenshaltung, ein Spirit. Und diese Dinge sind im Kopf und im Herzen, nicht im Gear.
"Zweifellos" ist zu übersetzen mit "meiner Vermutung nach". Fakt ist aber, Techno, House und Ambient sind aber maßgeblich mit analogen Synthesizern entstanden. Wie es anderweitig gewesen wäre, wird nie herausgefunden werden. Alle prominenten Vertreter elektronischer Musik verwenden - was für ein Zufall - bis zum heutigen Tage analoge Klangerzeuger, wo sie doch so einfach VSTis nehmen könntne. Lies dir die Story des neuen Depeche Mode Albums durch, Martin Gore sammelt leidenschaftlich das Zeug, bei den meisten bekannten und innovativen Elektro- Acts stehen die Kisten im Studio herum.
Ja, das stimmt. Aber das hat mit den Anfängen von Techno nichts zu tun -und davon war die Rede. Ausserdem haben diese Leute auch das Geld dafür. Das war am Anfang, als Techno noch sehr unkommerzieller Underground war, einfach anders. Und ja, da vermute ich jetzt halt mal stinkfrech, dass für eine derartig gelagerte Musikbewegung heutzutage Software hergehalten hätte.
Ansonsten: "spirit", "Lebenshaltung" usw. naja. Das war in den 90igern ein Marketing- Klischee, dass die Partyveranstalter zu Geld gemacht haben. "Only for those who know" - harharhar.
Die Lebensweisen und der "spirit" der Macher von elektronischer Musik dürfte so verschieden sein wie ihrer Nachnahmen und Haarfarbe.
Ich empfehle Dir, über die Anfänge des Techno in Detroit nachzulesen, und über die Motivation -und ja sorry, auch den Spirit- dahinter. Das war nämlich vor den 90ern, und noch weit von jeglichem Marketing entfernt. Der Hype kam erst später, und es ist eben genau symptomatisch, dass eben dann die ursprüngliche Gesinnung dann für Marketingeskapaden und hedonistische Äusserungen ("Gude Launeee!") herhalten musste.
Psychoakustisch macht die ganze D/A-Debatte sowieso keinen Sinn. Dass das Gehör Analogklang als angenehm empfindet, ist reiner Zufall. Ob im Instrument Elektronenflussgleichgewichte, Bits und Bytes oder singende Marsmännchen ihr Werk verrichten ist dem Ohr schnurzpiepegal.
Was für ein WOrtgeklimpere. Ich weiß nicht, ob die Debatte "psychoaktustisch" geführt wird...
Erstmal danke für den netten Umgangston
.
Ich finde, JEDE Diskussion über die Wahrnehmung von Klang (dazu gehört auch der Überraschungseffekt) sollte idealerweise mit psychoakustischen Argumenten geführt werden. Sonst macht sich nämlich schnell wieder esoterisches Gedankengut breit, wie hier...
Fakt ist aber, wie du ja selbst sagst, DASS das Ohr Analogklang als angenehm empfindet. Es ist einfach so. So wie die Haut gerne Holz und natürliche Materialien, und ungern Plastik berührt.
...so schön ersichtlich ist.
Deine Analogie
ist symptomatisch für den esoterischen Ansatz. Analoge Schaltkreise sind genauso eine künstliche, von Menschen erschaffenes Materie wie digitale Chips. Transistorkaskaden wachsen nicht auf Bäumen. Darum greift das "Natürlichkeits"-Argument nur auf psychoakustischer Ebene. Dass Analog "natürlicher" klingt als viele Digitaltechnik (beileibe nicht alle, und immer weniger) steht ausser Frage. Aber DASS das so ist, hat mit psychoakustischen Eigenschaften zu tun, welche Analogtechnik zufälligerweise aufweist, aber beileibe nicht für sich selber allein gepachtet hat. Das menschliche Ohr ist ein Überlebensorgan, welches sich über Jahrmillionen entwickelt hat. Die Bombardierung mit von menschlicher Technologie erzeugten Schallereignissen ist diesbezüglich eine relativ neue Modeerscheinung. Wir sind nicht auf Analog geeicht.
Insofern ist es dem Ohr eben gerade *nicht* egal, wie der Klang entsteht, ob die Verzerrung analog oder digital ist. Eine der beiden Varianten klingt einfach mal besser als die andere.
Meine Aussage war: Wenn es gleich klingt, ist es dem Ohr egal und muss es ja egal sein, weil es ja keinen Unterschied hört. Dem KOPF ist es nicht egal. Darum meine Buchla-Anekdote. Darum die ganzen Hi-End-Blindfoldtests, die (wenn sie richtig gemacht werden) nur den Placebo-Effekt so mancher teurer Hardware demonstrieren. Darum auch die die ewige Leier, dass digitale Software schlechter klingt als digitale Hardware, und zwar nur deshalb, weil Software, die in einem Keyboard-Gehäuse vor sich hintuckert, nach wie vor mehr taktile Befriedigung vermittelt als -eben- Software in einer Pappschachtel mit Licence-Key.
Der Kopf hört definitiv mit. Und das Auge erst recht. Darum klingen Holzseitenteile auch wärmer als eine Pappschachtel mit einem License-Key, und das Clavia-Rot ist sowieso total daneben.
Nö. Mein DSI Mopho ist hässlich und aus Blech, dennoch klingt er besser, ich korrigiere mich, viel besser im Grundsound als der daneben stehende Virus mit Holzseitenteile. Diese These ist hiermit schon mal widerlegt.
Ganz im Gegenteil.
Jetzt weisst Du nämlich, warum sie dem Virus die Holzseitenteile überhaupt spendiert haben.
Logisch dass da nicht jeder reinfällt, aber nur so zum Spass hängen die da sicher nicht dran. Ausserdem: Dir ist anscheinend trotz des "
"-Emoticons der sarkastische Unterton meiner obigen Bemerkung entgangen.
Und den musikalischen Überraschungseffekt am Klang festzumachen, finde ich persönlich sowieso eine musikalisch fragwürdige Herangehensweise. Das primäre Abzielen auf "Überraschung" als künstlerische Maxime ist mir äusserst suspekt.
Viel heiße Luft um recht wenig! Niemand hat hier "künstlerische Maximen" aufgestellt und "primär auf was abgezielt". Es wurde ganz banal gefragt, ob Analogklang heutzutage noch überraschen kann.
Danke nochmals für den netten Umgangston.
Ich erlaube mir somit, nochmals eine letzte Salve Wortklimperei und heisse Luft von mir zu geben.
Die Thread-Fragestellung "Überrascht Analogklang NOCH?" und viele der darauf folgenden enthaltenen Beiträge implizieren definitiv, dass der Überraschungeffekt eine künstlerisch wünschenswerte oder zumindest relevante Eigenschaft ist. Wenn diese Frage in der Tat banal wäre, hätte der Thread nämlich viel weniger Seiten und die Abstimmung viel weniger Teilnehmer.
Mir persönlich (ich wiederhole: PERSÖNLICH) ist das wie gesagt suspekt. Ich habe immer angenommen, dass wir über Eigenschaften von MUSIKinstrumenten -also Kunstwerkzeugen- diskutieren. Da stellt sich für mich die Frage nach der künsterischen Relevanz halt unweigerlich. Wenn man die künstlerische Dimension nämlich ausser Acht lässt, bleibt ja nur noch die psychoakustische Diskussionsebene. Und auf dieser wird die Klangeigenschaft "natürlich" oder "überraschend" dann ohnehin sowieso völlig losgelöst von jeder D/A-Debatte betrachtet, und die Frage "Überrascht Analogklang noch?" erst recht hinfällig.