Liebe Leute,
aus beruflichen Überlegungen bzgl. der Fachdidaktik als Musiklehrer, aus Rückschlüssen aus diversen Anfänger-Threads und aus Erfahrungen mit diversen für den "Einstieg" vorgesehenen Hard- und Software-Synthesizern ergibt sich für mich die Frage: "Mit welchen Methoden begleitet durch welche Medien erlernt man Synthese am effektivsten?"
Damit die Frage nicht gleich total ins Beliebige läuft, gebe ich eine Hypothese vor: "Am effektivsten erlernt man Synthese durch hardware-gestützte modulare oder semi-modulare Ansätze mit fach-didaktischer Begleitung."
Bisher gibt es dazu noch keine vollständigen didaktischen Konzepte. Aber als erste positive Ansätze möchte ich das Buch "Synthesizer" von @fanwander in Verbindung mit dem Doepfer A-100 Basissystem 1 oder 2 und den Erica Synths Bullfrog mit seinem hervorragenden selbst-erklärenden Handbuch (leider nur in Englisch) nennen.
Was meint Ihr?
LG
Horn
Hallo Horn,
ich habe mir darüber auch schon Gedanken gemacht:
Ich muss etwas von deiner Fragestellung abweichen, weil ich finde, du solltest nochmal über deinen Ansatz nachdenken.
Wie lernt man am besten? Wenn es Spaß macht, bzw. wenn Interesse vorhanden ist.
Ausgangsbasis:
Du möchtest jungen Leuten, die nichts mit Synthesizern zu tun haben und vielleicht noch nicht mal das nötige Interesse dafür haben, diese Instrumente näher bringen.
Ich mein, im Musikunterricht ist so ein Synthesizer sicher schon ein Highlight.
Trotzdem wirst du ja versuchen wollen, das höchstmögliche Interesse bei allen Schülern hervor zu bringen.
Dann brauchst du ein Ziel:
Was sollen deine Schüler am Ende des Seminars gelernt haben? Welche Fähigkeiten sollten sie am Schluss erlernt haben und was sollen sie wissen.
Und dann brauchst du ein Konzept das von A nach B führt.
Das Ziel kenne ich nicht, auch der Zeitraum ist unbekannt so wie die Lehrmittel und Unterrichtsmaterialien, etc.
Sicher bist du dir nur, dass du gerne mit modularen oder semi modularen synth arbeiten willst.
Da würde ich nochmals einhaken:
Ich sehe modulare Synthesizer als eine Vertiefung des gängigen Konzeptes von osc-vcf-amp an.
Ich würde mit dem einfachsten und zugänglichsten Konzept anfangen.
Die standardvertratung ist genau das und am weitesten verbreitet.
Außerdem bin ich der Meinung, wenn deine Schüler schon mal wissen, was Oszillatoren sind, was Filter machen, was ein amp macht, wie hüllkurven funktionieren, lfos und schon mal deren Wirkungen auf Standardmodule kennen, dann fällt ihnen der Zusatz mit Steuerspannungen und Umverdrahtung viel leichter.
Dann kannst du beispielsweise am Anfang das Standardkonzept aufmalen und erklären, dass man ja auch diese Module so und so verdrahten könnte, was ein flüssiger Einstieg in die modulare Welt wäre.
Um das Interesse groß zu halten, würde ich in der Einleitung, neben Geschichte und Entwicklung, noch unbedingt darauf hinaus, dass Synthesizer fester Bestandteil moderner Musik ist. Quasi unumgänglich. Hauptsächlich in elektronischer Musik, quasi all gegenwärtig, aber auch im HipHop und sogar in verschiedenen metal und rockstilen mit dabei, etc. Und eben auch immer wieder fürs sounddesign bei Filmen und Videospielen.
Ich würde auch einen schönen Aufhänger machen, als Abschluss bestimmter Lerneinheiten. Sie müssen dann einen sound nachbauen.
Oder mach sowas, wie den "sound der Woche".
Da kann dann jeder Vorschläge machen.
Ich möchte den sound aus diesem lied programmieren. Und dann lässt man über die Vorschläge abstimmen.
Damit kannst du die Klasse schön einbinden und mit ihrem Musikinteresse verknüpfen. Ganz direkt.
Oder halt am Anfang einen Sound bestimmen, den am Schluss jeder programmieren kann.
Um ihnen einen Anreiz zu geben. So etwas.
Oder hält einfach beliebte Sounds mit denen viele etwas anfangen können.
Gute Beispiele für modulare synth wären Klassiker, wie Regen meeresrauschen und Vögel. Fand ich sehr cool am Anfang.
Und eben auch Bässe, Leads usw.
Es ist ja unbekannt wie umfangreich, das alles sein soll.
Du kannst ja semimodulare synth miteinbringen, aber ich würde unter keinen Umständen auf ein klassisches Modell mit mindestens einer Semitastatur verzichten.
Einer hat es gesagt. Auf Polyphonie zu verzichten wäre sehr schade und nimmt viel.
Vor allem darfst du nicht vergessen, dass es vielleicht ein paar Schüler gibt, die Klavier spielen und du dann hier ebenfalls wieder eine Verbindung schaffst.
Ich kann mir vorstellen, nur mit bullfrog, ohne Tastatur, kann das schon sehr trocken werden und viel langweiliger als es sein muss.
Es könnte ein Plugin mit midikeyboard sein.
Jede Schule hat einen Computerraum.
Oder ein billiger va. Müsste man mal schauen.
Ist ja am Ende noch Musikunterricht.
Modular ist sicher nicht das Zentrum der Synthesizer Welt. Zumindest würde ich nicht damit beginnen, wie oben erwähnt.
Wenn irgendjemand mit Synthesizern schon Kontakt hatte, dann sicher am ehesten mit Plugin. Diese Schüler könnte dann auch anderen helfen und dich entlasten und wird so mitintegriert. Solche Kleinigkeiten sollte man nicht vergessen.
Und dann muss nochmal die Frage geklärt werden, was bedeutet es eigentlich "Master of subtractive synthesis" zu sein?
Die Funktionsweise eines Synthesizer zu erlernen ist das einfachste von allem.
Synth sind "easy to learn, but hard to Master".
Nimmt man vco-vcf-vca, mit envelopes und lfo's.
Nachdem du das erklärt hast mit Beispielen, ist es wirklich am sinnvollsten, wenn die Schüler, vielleicht schon währenddessen nach jedem Modul, selbst mal kurz ran können.
Denn das Prinzip zu erfahren ist nochmal was anderes. Aha, die hüllkurven triggern nicht immer von Anfang an. Was passiert wenn ich sustain komplett auf Null drehe.
Von einem lfo auf pitch und Filter ist es dann auch nicht weit bis zu Filter fm und OSC fm.
Hardsync ist nochmal was eigenes, genau wie ringmodulation. AM fügt sich aber auch ganz gut ein.
Nach Erklärung jedes Moduls sollte eine kleine Übung folgen. Etwas zum nachmachen.
Für Anfänger sind viele Dinge schwierig, an die man gar nicht mehr denkt.
Zum Beispiel:
Schwingungsformen in den einzelnen Lagen zu unterscheiden. Ist das pulse oder saw.
Bei einem oder 2 Oszillatoren? Gegeneinander verstimmt mit unterschiedlichen Formen. Pulsewidthmodulstion?
Und eben alles was mit Erfahrung zu tun hat. Resonanzstärke zum Beispiel bei komplexen Patches im Gesamtkontext.
Um auf die Frage zurück zu kommen, was einen Master denn ausmacht:
Wie gesagt, es ist leicht das Prinzip zu verstehen und was man mit welchen Modulen macht.
Die Schwierigkeit liegt dabei, im Kopf vorhersagen zu können, wie sich der Klang verändert, wenn ich Parameter ändere und modulationen hinzufüge oder wegnehme.
Je mehr Module beteiligt sind und je mehr moduliert wird desto schwieriger ist es zu wissen, was am Schluss dabei herauskommt, bzw. Desto schwieriger ist es gezielt Synthese zu betreiben.
Bei komplexen synth wie polybrute, rev2 oder gar einem waldorf q ist es unmöglich jede Kombination zu kennen. Aber die Datenbank wächst stetig mit Übung. So wird es auch immer einfacher bestimmte sounds zu entschlüsseln.
Du hast einen sound im Kopf und kannst ihn direkt verwirklichen. Du weisst genau was du tust. Das geht eben nur mit Erfahrung und ausprobieren.
Ich denke aber Standard sounds, einige, kann man schnell vermitteln.
Man lernt auch bei jedem synth neu, weil sich alle in bestimmten (extrem) Situationen anders Verhalten und so anders klingen und andere Features haben.
Die Möglichkeiten können schon mit einfachen synthesekonzepten extrem vielfältig sein.
Ich würde sagen, dass macht einen Master aus.
Dazu kommen noch sämtlich Zusatzfunktionen und abwandelungen, wie retrigger Funktionen, soft Sync, one Shot, lfo delay, envelope repeat, feedbackschleifen, multisegment hüllkurven, überblendbare Oszillatorenwellenformen, waveshaper, trigger reset, weiß der Geier. So viel Zeug, gerade bei Modulen ist die Vielfalt sehr groß.
Muss man sich überlegen, was man alles rein nimmt.
Arp und seq würde ich auf jeden Fall zeigen. Sowas macht Spass.
Außerdem würde ich bei der Erklärung, kleine Animationen verwenden. Was macht ein lfo mit einem Oszillator zum Beispiel. Aha toll.
Auf jeden Fall, würde ich auf die Verwendung vom klassischen Synthkonzept keinesfalls verzichten. Polyphonie ist auch viel zu beliebt und zu toll.
Ich würde auch damit beginnen, Standard, als Grundlage zu modularensynth und diese etwas später einfließen lassen.
Anreize schaffen. Interesse schaffen.
Als Ziel eine gleichmäßige Lernkurve.
Die Balance aus Spaß und Wissensvermittlung im Auge behalten.
Die Frage ist, wie lange soll so ein schulisches Seminar sein? Wieviele Schüler? Budget? Usw.
Was ist das Ziel, was soll vermittelt werden, welche Fähigkeiten erlernt?
Da es am Ende ja Musikunterricht ist, stellt sich schon die Frage worauf du den Fokus setzen willst. Wie tief willst du technisch einsteigen?
Wenn es um Musik geht würde ich sagen, so viel wie nötig, so wenig wie möglich.
Und bitte erklär deinen Schülern den Unterschied zwischen Keyboard und Synthesizer. Das das endlich mal in die Köpfe der Leute kommt.