Ich schildere mal einen ganz unkonventionellen Weg - er entspricht weitgehend meinem Lebenslauf
Von daher klappt es schon mal auf diese Art und Weise. Aber ich glaube, dass ich bei weitem nicht der einzige bin, bei dem es von Details abgesehen irgendwie so funktioniert hat.
Schritt 1 war bei mir ein Job in einem Musikgeschäft in der Synthie Abteilung. Man lernt in diesem Job schnell viele Leute kennen, die Sounddesign suchen. Das kann so etwas profanes wie ein Top Fourty Keyboarder sein, der mit seinem Set nicht zufrieden ist, oder aber das örtliche Theater, die für ein Schauspiel eine bestimmte Klangpalette benötigen. Mehr als hilfreich ist natürlich, wenn Du in die ausgestellten Instrumente schon mal ein paar deiner Klänge unterbringst, die es in anderen Läden eben nicht gibt. Es ist meistens nicht sonderlich schwer, die Werkssounds zu toppen. Als positiven Nebeneffekt, lernst Du sehr viele verschiedene Geräte genauer kennen. Wenn Vertreter der Hersteller vorbeikommen, solltest Du diese Klangfarben gut vorstellen können. Ich konnte damals meinen Chef auf jeden Fall dazu bringen, beliebige Geräte mit nach Hause zu nehmen, um sie zu testen oder zu programmieren. Damit verschaffst Du Dir natürlich auch den Ruf, eine richtig guter Keyboard-Verkäufer zu sein, den man auch mal was fragen kann.
Diese ersten Jobs - meinetwegen bei einem Theater - werden noch nicht so wahnsinnig viel Geld einbringen - aber im Laden verdienst Du ja auch schon mal was.
Schritt 2
Stelle Soundbänke fertig, die der Laden zunächst exklusiv verkauft und verschenke die an die Vertreter mit der Bitte, diese an die Produktspezialisten weiterzureichen.
Schritt 3
Passierte bei mir recht schnell - plötzlich wirst Du unter Umständen schon angefragt, ob Du nicht mal eine Woche auf der Messe aushelfen kannst. Bei mir war es damals zum Beispiel die Firma Roland. Das klappt natürlich nur, wenn Du durch Fachwissen, sicherem Umgang mit Kunden und guten englisch Kenntnissen ausgestattet bist. Aber das ist dann der erste Schritt, in das etwas grössere Business. Auf der Messe lernst Du nämlich wieder viel interessantere Leute kennen und Dir wird nach ein paar Jahren feststellen, dass unsere Branche doch recht klein ist und bekannte Gesichter in regelmässigen Abständen immer wieder woanders auftauchen - es aber so etwas wie einen harten Kern von unverbesserlichen Idealisten gibt, die niemals mehr etwas anderes machen werden, wie in der Musikbranche Geld zu verdienen.
Schritt 4
Mit den gesammelten Erkenntnissen in der Branche hast Du deutlichst mehr Chancen, einen festen und besser bezahlten Job in der MI Branche zu bekommen, als wenn Du versuchst diese Lehrjahre zu überspringen. Seh also zu, dass Du nach ein paar Jahren im Laden zu einer grösseren Firma kommst. Dein Sounddesign lässt Du dabei nie aus den Augen sondern bleibst mit dem Ohr am Markt und programmierst fleissig weiter. Mit dem soliden Standbein eines solchen Jobs hast Du eine wesentlich bessere Ausgangsposition für dein Endziel - dem freien Sounddesigner. Vor allem aber hast Du Dir auf diese Art und Weise ein Netzwerk von Kontakten aufgebaut. Wie Moogulator schon sagt - das ist am wichtigsten.
Bei mir sah das so aus:
Musikhaus Schönau, Giessen Musikalienhändler Ausbildung ->Leitung Synthie Abteilung.
Synthax Aussendienst für C-Lab Software (Vorläufer von Emagic), MIDItemp und EES
Quasimidi Aussendienst und später Produktspezialist
Radikal Technologies
diverse Jobs wie zum Beispiel Sounddesign fürs Stadttheater Giessen, Iduna Versicherung, Remix Aufträge, Sounddesign Korg MS2000, Access Virus, Waldorf Attack, Waldorf Blofeld (noch nicht veröffentlicht). Wenn man beim Sounddesign einmal Referenzen vorweisen kann, klappts natürlich später um so besser.
Wenn der Name dann da ist, kann man auch anfangen selbst Soundsets oder Samplesets anzubieten. Mein Sampleset für den Spectralis hat mir zum Beispiel ein gutes Zubrot eingebracht.
Also - meiner Meinung nach braucht man schon ein wenig Zeit, um richtig vorwärts zu kommen. Eine Begeisterung für etwas auch nach Jahren nicht zu verlieren ist eine Eigenschaft, die nicht jeder hat. So ein Sounddesign Arbeitstag kann auch schnell mal ein stundenlanges Sample-Loopen bedeuten. Jahrelange Erfahrung auf dem Gebiet ist ein wahnsinniger Vorteil. Beim Finden von Looppunkten kann man zum Beispiel unglaublich schnell vorwärts kommen, wenn man die Klänge vor dem Samplen schon so bearbeitet, dass sie leicht loopbar werden. Das sind alles Erfahrungswerte, die man eben über diesen langen Weg in Ruhe sammeln kann. Mit auch nur leicht knacksenden Loops oder Übergängen zwischen verschiedenen Samples eines Multisamples bist Du jedenfalls schnell nicht mehr gefragt. So was konnte man vor 20 Jahren abliefern. Heute sind sowohl Kunden als auch die Firmen sehr anspruchsvoll geworden. Früher war ein Sample an sich ja etwas tolles - da konnte man die Leute mit einem einzelnen HiFi Pfurz Klang noch richtig begeistern. Aber diese Zeiten sind lange vorbei. Heute zählt Qualität.