Yamaha Seqtrak vs. Ableton Move - Der Versuch einer Gegenüberstellung

Ich stand vor einigen Wochen vor der Entscheidung für welchen von beiden ich mich entscheide. Beide Geräte sind in einem ähnlichen Fahrwasser unterwegs und ich konnte mich nur schwer entscheiden.
Den Move habe ich vor ca. 2 Wochen erhalten und nun hatte ich beim seqtrak bei 299€ nun auch noch zugeschlagen. Also den Seqtrak habe ich erst ein paar Tage. Ich könnte mir vorstellen, dass andere auch vor solch einer Entscheidung stehen könnten - so kurz vor Weihnachten.

Hier unternehme ich mal den Versuch die zwei so ein bisschen gegenüberzustellen. Es darf natürlich auch fleissig diskutiert werden - das hier ist nur meine Meinung/Erfahrung und andere sehen es vielleicht völlig anders. Oder ihr habt Ergänzungen?


Build Quality:
Der Yamaha Seqtrak wirkt zerbrechlich und ist zum Beispiel für Fingerdrummer ungeeignet, während der Ableton Move robust gebaut und hier klar überlegen ist.


Bedienung:
Der Seqtrak hat viele seitliche Buttons und komplexe Tastenkombinationen, die anfangs überfordern können. Die Delete-Taste liegt unpraktisch direkt neben der Mute-Taste. Das Einspielen direkt am Gerät macht wenig Spaß.

Der Move ist intuitiver: Trotz Shift-Kombos hat man die Bedienung meist unter Kontrolle. Die Skalen auf den Pads sind jedoch suboptimal für Akkorde, und es gibt bessere Alternativen. Dennoch ist die Bedienung deutlich direkter als beim Seqtrak.


Anschlüsse:
Der Seqtrak bietet USB-C für MIDI und Audio, einen speziellen MIDI-Adapter und 3,5-mm-Ein- und Ausgänge. Kabellose Verbindungen per WIFI und Bluetooth ermöglichen die Nutzung einer sehr gelungenen Companion-App. Ableton Link fehlt jedoch und wird wohl nicht kommen.

Der Move verfügt über USB-C (nur für Strom und PC/Mac-Verbindung), USB-B für MIDI und 3,5-mm-Audioanschlüsse. WIFI ermöglicht Ableton Link und die Datenübertragung zur Move-Cloud.



Synth- und Drum-Engines:
  • Seqtrak:
    • Drum-Spuren: 7 Tracks für Drum-Sounds
    • Synthesizer: 2 AWM2-Synths (128-stimmig), 1 FM-Synth (4 Operatoren, 8-stimmig)
    • Sampler: Sehr rudimentäres Sampling, nicht chromatisch spielbar
  • Move:
    • Drum-Rack: Flexibel, individueller Effekt pro Pad
    • Synthesizer: Drift-Synth (Presets in Ableton erstellbar), abgespeckter Wavetable-Synth (nur Stock-Presets), einfacher 2-Operator-FM-Synth
    • Sampler: Funktional, besser als beim Seqtrak
Bei beiden Geräten kann man etwas tricksen, um mehr "Instrumente" zu erhalten.
Beim Seqtrak kann man auch Synthsamples in eine Drumspur laden und diese dann (nur) mit dem externen Keyboard live chromatisch einspielen.
Beim Move kann man Synthsamples auf die Pads des Drumracks laden und dann mit einer Shiftkobination: (bei der neben den 16 Sampleslots des Drumracks nochmal 16 Pads in Form einer Chromatischen Skala zur Verfügung stehen), spielen. Diese können aber nur am Gerät eingespielt werden - externes Keyboard geht nicht)



Effekte:
  • Seqtrak: Pro Track ein Effekt, zwei Send-Effekte (Reverb, Delay) und ein Mastereffekt. (wie von @klangsulfat richtig angemerkt: "Es sind mehrere Mastereffekte und jede Spur hat ihren eigenen EQ")
  • Move: Zwei Track-Effekte pro Track, pro Pad ein Effekt im Drum-Rack und ein globaler Effekt auf das ganze Rack, dazu zwei Mastereffekte.


Soundqualität:
Die Sounds und Effekte des Seqtrak, insbesondere der DX-Synth und das Reverb, gefallen mir deutlich besser. Der Move punktet mit seinen Wavetable-Presets, die jedoch nur rudimentär verändert werden können. Die Drift-Synth-Presets, die man in Ableton erstellen und auf den Move übertragen kann, überzeugen mich weniger. Das Reverb im Move ist für mich aber das größte Manko - es klingt eher wie ein Reverb eines Synths aus den 90er-Jahren.


Soundschrauben
Beide Geräte sind nicht dafür ausgelegt großartige Veränderungen am Sound direkt am Gerät vornehmen zu können.
Die einzige Synthese, die Sounddesign erlaubt ist im Seqtrak die DX-FM Synthese - aber nicht direkt am Gerät - hierzu gibt es eine tolle App (Die ist wirklich gut).
Beim Move ist es ähnlich - hier kann man mit einem Template in Ableton an Drift-Synth Presets basteln und dann per move-cloud an den Move schicken.


Sequencer:
Der Seqtrak bietet bis zu 8 Takte pro Track, individuelle Taktlängen und eine Probability-Funktion (für Drumtracks), aber keinen Count-in. Parameter-Locks sind möglich, jedoch keine Soundwechsel-Parameter.

Der Move unterstützt bis zu 16 Takte, Parameter-Locks und eine Capture-Funktion, die automatisch Einspielungen erkennt. Ein Count-in ist vorhanden, Probability jedoch nicht.



Songmodus/Pattern switch
Einen Songmodus gibt es im Move nicht und im Seqtrak ist er nur sehr rudimentär.
Beide Geräte haben die Möglichkeit zwischen verschiedenen Pattern umzuschalten. Beim Move im gewohnten, aber vertikalem An & Auswählen des Patterns. (8 Patterns)
Beim Seqtrak kann man durch den jeweiligen Encoder, der für den jeweiligen Track steht, einfach zum nächsten Pattern umschalten. Mit dem "All-Encoder" schaltet man alle Tracks zum nächsten Pattern. (6 Patterns)


Zusammenspiel mit externen Geräten:
Während man im Move auswählen muss, ob MIDI als Ein- oder Ausgang genutzt wird, erlaubt der Seqtrak die gleichzeitige Nutzung beider. Jeder Track im Seqtrak ist einem festen MIDI-Kanal zugeordnet.

Hier gibt es beim Seqtrak zwei Probleme:
Der Samplertrack kann zwar als polyphone MIDI-Spur für externe Synths genutzt werden, dies erfordert aber Anpassungen wie Volume auf 0 des Sampler-Tracks oder leere Samples in den Slots.
Eingespielte Noten eines externen Keyboards werden nicht direkt an den externen Synth weitergegeben, sondern erst nach Aufnahme im Sequenzer ausgegeben. Ein MIDI-Splitter ist nötig, um diese Einschränkung zu umgehen.
Auch Drumtracks können als monophone Miditracks fungieren, wenn man die Dinge wie schon beim Samplertrack erwähnt, beachtet.

Der Move kann nur einen Track gleichzeitig als MIDIspur ausgeben, und diese sendet immer auf Kanal 1. Eine externe Tastatur kann dann nicht mehr verwendet werden. Oder es muss immer zwischen Midi-Ein und Ausgang im Menü hin- und hergeschaltet werden.




Fazit:
Wenn ich mich zwischen beiden als Gesamtpaket und dem wie ich das jeweilige Gerät nutzen möchte, entscheiden müsste, fiele meine Wahl wohl auf den Seqtrak.

Warum?
Neben den für mich besseren Sounds und Effekten spricht für mich vor allem der Workflow am Seqtrak.
Das häufig kritisierte "Manko", dass man für jeden Track den MIDI-Kanal im Einspiel-Keyboard wechseln muss, sehe ich als Vorteil. Es erlaubt mit einer guten Vorbereitung nahtlose Livesessions. Einmal eingerichtet, kann ich mit dem Wechsel des Midikanals am Einspielkeyboard alle Tracks nacheinander einspielen, ohne den Seqtrak bedienen zu müssen (Es sei denn ich verspiele mich). Das ist bei Live-sessons ein echter Vorteil.
Bei Livesessions in denen man den Song langsam entstehen lässt, könnte die beim Move nicht automatisierte Quantisierung von Nachteil sein. Beim Seqtrak wird beim einspielen automatisch quantisiert.

Wenn ich das Gerät nur als Standalone/Urlaubsgerät ohne externe Tastatur sehen würde, würde meine Wahl dann sicherlich eher Richtung Move gehen. Und so ist ja der Move auch gedacht - als Sketchbook.

Was man bei seiner Entscheidung auch nicht vergessen darf, ist die jeweilige Updatepolitik der beiden Hersteller.

Ob Yamaha jemals den Count-in bringen wird, steht in den Sternen. Bei Ableton weiß man, dass sie noch nachliefern werden. Was alles kommen wird, ist nicht ganz klar - wahrscheinlich aber bidirektionales MIDI. Eines haben die Entwickler des Moves jedoch schon im Discord klargestellt - es wird kein Eierlegender Wollmilch… - Sequenzer. Der Sketchbook-Gedanke steht im Vordergrund - was auch immer das heißen mag.
 
Zuletzt bearbeitet:
Midi wird beim Move definitiv aufgebohrt und auch neue Instrumente und Effekte wurden bereits bestätigt. Welche das sind, weiss man natürlich nicht. Operater steht jedenfalls ganz oben auf der Request Liste.

Das ist auch smart, das Business mit Plugins dürfte bei Akai ganz gut laufen. NI habe ich nie verstanden, warum sie nur auf Expansions setzen und ansonsten nichts (kostenpflichtiges) anbieten.
 
Wow, da hat sich ja jemand richtig Mühe gegeben :supi:. Vielleicht in dem Zusammenhang auch interessant: Zum Vergleich Seqtrak vs. Deluge hatte ich hier mal was geschrieben.

Das Einspielen direkt am Gerät macht wenig Spaß.
Das ist noch sehr moderat ausgedrückt. Wenn man zum Seqtrak noch einen kleinen Controller dazu nimmt (Tipp: Launchkey Mini MK4), geht allerdings sowas von die Sonne auf.
Übrigens macht mir das Einspielen beim Move auch nicht so viel Spaß. Mir ist die Empfindlichkeit der Pads zu schwach. Man muss da echt drauf kloppen.
Beim Seqtrak kann man auch Synthsamples in eine Drumspur laden und diese dann (nur) mit dem externen Keyboard live chromatisch einspielen.
Und das sogar polyphon! Der Haken an der Sache: Der Sequenzer nimmt nur monophon auf, da es ja eine zweckentfremdete Drumspur ist.
Seqtrak: Pro Track ein Effekt, zwei Send-Effekte (Reverb, Delay) und ein Mastereffekt.
Es sind mehrere Mastereffekte und jede Spur hat ihren eigenen EQ, das sollte man bei einem Vergleich mit dem Move nicht vergessen:

IMG_0379.jpg
Parameter-Locks sind möglich
Ja, aber bei einigen Parametern leider nicht.
fiele meine Wahl wohl auf den Seqtrak.
Absolut. Bei mir auch. Der Sound ist so dermaßen gut, dass ich das Joghurtbecher-Feeling gerne in Kauf nehme.

Umso mehr freue ich mich, wenn der Move mal richtig MIDI kann und ich den Seqtrak als multitimbrales Soundmodul dranhängen kann. Die beiden Maschinen im Sync laufen lassen bzw. nur einen der Synth-Tracks des Seqtrak vom Move aus zu nutzen, geht ja heute schon.

Ein Seqtrak-Update wird bestimmt irgendwann kommen. Immerhin ist die Featurewunschliste ist noch größer als beim Move. Wird aber bestimmt noch dauern, ist halt Yamaha. Doch wenn, dürften sicher ein paar interessante Verbesserungen/Erweiterungen dabei sein. Darauf wetten würde ich allerdings nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Midi wird beim Move definitiv aufgebohrt und auch neue Instrumente und Effekte wurden bereits bestätigt. Welche das sind, weiss man natürlich nicht. Operater steht jedenfalls ganz oben auf der Request Liste.

Das ist auch smart, das Business mit Plugins dürfte bei Akai ganz gut laufen. NI habe ich nie verstanden, warum sie nur auf Expansions setzen und ansonsten nichts (kostenpflichtiges) anbieten.
Ja, da wird beim move bestimmt noch einiges kommen. Was mir ein bisschen Sorgen bereitet, ist das Johannes (quasi der Erfinder des Moves) nicht müde wird zu betonen, daß manches wegen eventuellen Leistungseinbrüchen nicht in Frage kommt. Ich glaube sie haben es mit dem Move auch nicht leicht. Zum einen sind da die Leute, die das als kleine MPC sehen und hauptsächlich so Hiphop Zeugs auf am besten 4x Drumrackspuren machen und das andere Extrem sind die Leute, die am liebsten den Meldsynth + Wavetable und OP Synth als vollständige Instrumente auf dem Move haben wollen. Und zuletzt kommen dann noch so Leute, wie ich (wir?) die gerne 4 zusätzliche Miditracks hätten für externes Gear und allerhand Midi cc Zeugs.

Da hat es Yamaha, die nur bedingt auf Userfeedback hören, viel leichter. Sie bringen einfach ne Kiste raus, die schon mal die Beatgemeinschaft abschreckt.


Wow, da hat sich ja jemand richtig Mühe gegeben :supi:. Vielleicht in dem Zusammenhang auch interessant: Zum Vergleich Seqtrak vs. Deluge hatte ich hier mal was geschrieben.
Danke. Ja den Deluge habe ich auch (alte Version). Lese ich mir gerne im Anschluss durch. Der Deluge als Sequencer ist schon ziemlich gut - auch das einspielen funktioniert super. Für mich gibt es zwei Mankos: Die Sounds und die Effekte sind nicht so doll. Aber viel schlimmer finde ich, das es bei mir viele Probleme mit der Clock gibt, wenn ich mit einem Kumpel jamme, der Ableton nutzt. Da geht so viel schief.
Wenn man zum Seqtrak noch einen kleinen Controller dazu nimmt (Tipp: Launchkey Mini MK4), geht allerdings sowas von die Sonne auf.
Übrigens macht mir das Einspielen beim Move auch nicht so viel Spaß. Mir ist die Empfindlichkeit der Pads zu schwach. Man muss da echt drauf kloppen.
Das unterschreibe ich sofort. Ich nutze zur Zeit den Minifreak. Gerade beim einspielen finde ich es gut, dass ich nur einmal ins Midimenü muss (dort bleibe ich auch) und drehe einfach nur den Encoder zum nächsten Kanal. Wenn ein Track eingespielt ist.

Es sind mehrere Mastereffekte und jede Spur hat ihren eigenen EQ, das sollte man bei einem Vergleich mit dem Move nicht vergessen:
Du hast recht. Filter und eq sind auch noch dabei.


Umso mehr freue ich mich, wenn der Move mal richtig MIDI kann und ich den Seqtrak als multitimbrales Soundmodul dranhängen kann. Die beiden Maschinen im Sync laufen lassen bzw. nur einen der Synth-Tracks des Seqtrak vom Move aus zu nutzen, geht ja heute schon.

Ein Seqtrak-Update wird bestimmt irgendwann kommen. Immerhin ist die Featurewunschliste ist noch größer als beim Move. Wird aber bestimmt noch dauern, ist halt Yamaha. Doch wenn, dürften sicher ein paar interessante Verbesserungen/Erweiterungen dabei sein. Darauf wetten würde ich allerdings nicht.

Beim Move weiß ich noch nicht, ob ich ihn behalte oder irgendwann verkaufe. Ich war eigentlich auf der Suche nach einem Kompagnon für meinen Torso s4. Quasi als Minimal Setup für gelegentliches jammen. Der Torso s4 hat zwar noch ganz schön schlimme Kinderkrankheiten, aber selten hat mich ein Gerät auch nach über 7 Monaten so in seinen Bann gezogen. Ich nutze den eigentlich nur als polyfonen Samlpe Player + Granular, den guten Effekten und Modulation der verschiedensten Parameter. Der Seqtrak soll halt die Drums + ein paar Synths bringen und der Torso S4 Ambient Zeugs und schöne modulierte Bässe. Der Move passt für mich hier einfach schlechter als der Seqtrak wegen dem Sound und der bisherigen Midifähigkeit bzw. die Aussicht auf mehr Miditracks.
 
Und das sogar polyphon! Der Haken an der Sache: Der Sequenzer nimmt nur monophon auf, da es ja eine zweckentfremdete Drumspur ist.
ganz vergessen: Stimmt hatte mich auch gestern gewundert, dass ich ihn zwar polyphone spielen kann - er aber nur monophon aufnimmt.

Noch eine Frage: Ist es bei dir auch so, das, wenn man z.B. einen Drumtrack als Miditrack für ein externes Gerät nutzen möchte er kein "Midimonitoring" hat? Also das Signal beim Einspielen nicht durchgibt?
 
Ok, alles klar. Vielleicht hat ja ein anderer Seqtrak Nutzer das schon mal versucht. Nicht das es am Ende nur eine Einstellung in der App ist - obwohl ich da nichts zu gefunden habe.
 


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