Selber eher auf dem Softwaretripp, nein, sogar auf dem Programmiertripp, kann ich gut nachvollziehen, dass andere auf Hardware schwören.
- Haptik. Hardware besteht aus echten Instrumenten. Man ist nicht nur Musizierender, sondern auch mehr oder weniger Instrumentenbauer. Man kann der ahnungslosen Angebeteten imponieren, beschäftigt sich mit konkreter Materie, schafft was mit den Händen, arbeitet mit Materie. Am PC ist man Programmierer oder Datendiener, man tippt halt und schiebt die Maus. Gut, es gibt Interfaces und Controller, das ist halt mehr so Fassade.
- zumindest analoge Synthis haben wirkliche Echtzeiteigenschaften (Echtzeit und garantierte Latenz hier mal bitte trennen). Je mehr nicht speziell auf Echtzeiterfordernisse hin optimierter Digitalkram und Komponenten im Softwarestack zwischen Ein- und Ausgabe grätschen können, umso teurer wird es, für authentisches Spielgefühl zu sorgen.
- Robustheit ist mit Hardware viel leichter umzusetzen als mit Software.
Das ist manchen so wichtig, dass sie die Nachteile in Kauf nehmen.
Mit Software ist Flexibilität wiederum leichter und billiger zu haben als mit Hardware. Und eben daher hab ich außer einem stinknormalen E-Piano keine andere Hardware. Wenn ich in Echtzeit Musik auf sensomotorische Art machen, oder dies jedenfalls lernen will, setze ich mich ans Clavinova; hab ich dagegen Lust darauf, Musik zu machen im Sinne von
fertigen, etwa zu Studienzwecken, sag ich dem Computer wie was wann klingen soll, und wenn ich keinen Mist gebaut habe, krieg ich das auch, 1:1 jederzeit reproduzierbar und unabhängig von der verwendeten Software auch für Dritte lesbar. Ich mache strenggenommen keine Musik, sondern schreibe Text, die Musik macht der Audioplayer, wenn er die daraus mit eigens entwickelter Software generierten Audiodateien abspielt. Aber das ist hier OT.
Ich habe als Programmierer die Macht über meine Grenzen, nicht Dritte. Sie definieren sich über meine investierte Zeit und Nerven, nicht über fremde Abwägungen zwischen Aufwand und Nutzen.
Dafür opfere ich Echtzeit, denn dafür nötige systemnahe Programmierung spricht mich nicht an, so große Ambitionen hab ich jetzt halt auch nicht.
Damit also die ganze übliche körperliche Erfüllung des Musikmachens, die darin besteht, dass man den eigenen Körper um das jeweilige Instrument erweitert "fühlt". So kann ich zwar kein Glück empfinden beim Musikmachen, aber dafür beginne ich ein Verständnis von Musik zu entwickeln, das detailreicher, akurater und umfassender kommunizierbar ist als dies je grafische Notation vermag - befriedigt also mich als Nerd, als jemand, der sein Glück aus Verständnis und Erkenntnis zieht, zumindest ähnlich wie aus Sinneseindrücken.
Mit Hardware könnte ich das nicht. Klar ich könnte sie aufschrauben und herausfinden, wie diese eine Klänge produziert. Das heißt leider nicht, dass ich die Bauteile neu, anders zusammensetzen lerne, um andere Musik zu machen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Für Fleisch-und-Blut-Musiker ist Hardware das A&O, ob nun mechanisch oder elektronisch. Nur ersatzweise Software, wenn Raumnot, eher schwache Ambition (Musikinteressierter sucht was zum Rumspielen), und Kosten der Anschaffung von Geräten im Wege steht. Musik-Nerds sind dagegen Theoretiker, Instrumentenbauer, Elektroniker und/oder Programmierer, und erst letzterer ist eben Software-Freak.