Jetzt ist ein Flickwerk aus Urheberrecht, Narrenfreiheit und Anarchie, dass imho NIE allgemeingültig auf diverse Fälle angewandt werden kann.
Dies Flickwerk gibt es schon seit Jahrzehnten -- diese Unübersichtlichkeit und Rechtsunsicherheit (auf Seiten der ursprünglichen Urheber und auf Seiten derer, die deren Werke weiterverwursten wollen) ist schlicht und einfach Ausdruck der Tatsache, dass wir noch immer mit einem Urheberrecht leben, das seinen Ursprung um 1800 hat, und seit Beginn der Ära der technischen Massenmedien ab den 1920ern nie wieder den Gegebenheiten heutiger künstlerischer (oder, im Fall Hütter/Pelham präziser: kulturindustrieller) Produktion angepasst wurde.
Daher muss, seit Jahrzehnten schon, trotz scheinbar klarer Paragraphen, immer wieder im Einzelfall abgewägt werden zwischen Urheberrecht der einen Partei und Kunstfreiheit der anderen Partei. Dieser letzte Part ist es, den eine Darstellung wie diese:
Ralf Hütter ging es darum, generell feststellen zu lassen, dass gesampelte Audioframente einem Urheberschutz unterliegen.
leider unterschlägt. Ralf Hütter mag zwar unsympathisch sein, aber er dürfte schlau genug sein, zu wissen, welche Bedeutung künstlerische Techniken wie "Zitat", "Paraphrase", "Collage", "Sampling" usw. haben. Er wird also sehr wohl gewusst haben, dass bei jeder juristischen Abwägung seines Falls in der anderen Schale die Freiheit der stumpfsinnigen "Musik"produktion seines Widerparts Moses P. liegt. Dementsprechend seine Hoffnung wohl eher weniger, dass ein Gericht sagt: "ja, es stimmt, was da in den Gesetzen steht", sondern: "ja, der Moses muss, Kunstfreiheit hin oder her, seine Platten entweder einstampfen oder dich für das Stück vom Kuchen, das du dir weggenommen siehst, monetär entschädigen".
Und das ist i.Ü. auch so eine Sache, die meistens nicht thematisiert wird: diesen Streit gibt es nur deshalb, weil er sich eben nicht in der Sphäre der Kunst abspielt, sondern im Pop-Business, wo es knallhart um die Kohle geht. Jemand wie Pelham steht unter dem Druck, "Hits" zu produzieren, oder wenigstens eingängiges Zeug mit "kreativen" Ideen, wozu in der großen Ära der Sampler eben auch gehörte, dass man sich alles aneignete und loopte, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Und jemand wie Hütter ist getrieben vom Ressentiment gegenüber jedem, der potentiell Geld verdient mit einem Stück, das auf einem Schnipsel basiert, den er 30 Jahre zuvor mal eingespielt hat, und der doch gefälligst, ihm, Hütter, alleine als Geldquelle dienen möge.
Mitgefühl freilich lässt sich für keine der beiden Seiten aufbringen. Nicht für den humorbefreiten, verbissenen, von der Deutungshoheit über sein längst nur noch in musealer Form existierendes Lebenswerk bessenen Einen. Und natürlich ebensowenig für den Anderen, der nicht den gesunden Menschenverstand aufbringt, oder es nicht für nötig befindet, vor Veröffentlichung einfach mal die Rechtsabteilung seines eigenen Majorlabes bei der Rechtsabteilung von des anderen Majorlabels nachfragen zu lassen, ob das denn so überhaupt klargeht.