Monophone Synths - der neue Reiz

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PySeq

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Von hier:
SynthUser0815 schrieb:
PySeq schrieb:
Durch die Tasten denkt man oft, ein Synthesizer ähnele einem Klavier, aber eigentlich ähnelt er mehr einem monophonen Instrument wie einer Trompete. So hat es jedenfalls angefangen.
Dieser Satz hat mir sehr zu denken gegeben. Ich finde, das wäre einen eigenen Thread wert: "Monophone vs. polyphone Synths."

In der Rückschau würde ich fast sagen, dass ich Synths früher nicht verstanden habe, weil ich sie als polyphone Tasteninstrumente sah. Ich hatte rudimentäre Erfahrungen mit meinem ersten Synth, dem Korg Poly 61, dann Klavierunterricht und habe die monophonen Synths damals in den 80ern als rückschrittlich gesehen. Heute habe ich fast den Eindruck, dass monophone, analoge Synths die eigentliche "Basis" dieser Musikinstrumenten-Gruppe bilden und dass es vielleicht am kreativsten und geschicktesten ist, sich Synthesizern von den Monosynths aus zu nähern.

In den vergangenen Jahren habe ich für mich mit Monosynths jedenfalls oft Zufriedenstellenderes realisiert als mit Polysynths, wie ich zu meinem eigenen Erstaunen festgestellt habe.
SynthUser0815 schrieb:
In der Rückschau würde ich fast sagen, dass ich Synths früher nicht verstanden habe, weil ich sie als polyphone Tasteninstrumente sah. Ich hatte rudimentäre Erfahrungen mit meinem ersten Synth, dem Korg Poly 61, dann Klavierunterricht und habe die monophonen Synths damals in den 80ern als rückschrittlich gesehen.
Ja genau, so ging mir das auch: Monophon war rückständig.

Den anderen Ansatz, den von der monophonen Seite der Synths, hab' ich durch Florian Anwanders Buch entdeckt. Er schreibt dort gelegentlich, daß das Midi-Format und die Klaviertastatur den Synthesizer in seinen Möglichkeiten einschränkten. Wenn man sich davon befreie, könne man mit dem Synthesizer z.B. auch in Richtung eines Cellos gehen, also, daß man das Streichen einer Saite nachempfindet, was ja ein recht anderer Vorgang ist als eine Taste auf einem Klavier anzuschlagen.
Polyphonie beschreibt er dort als mehrere monophone Stimmen, also daß man drei oder vier monophone Stimmen nacheinander aufnimmt. Wenn man sie leicht gegeneinander verstimmt oder den Klang einer Stimme jeweils ganz leicht ändert, bereichert man den Gesamtklang, wie bei einem Streicherensemble. Das macht ein Polysynth ja so nicht.
Ist natürlich recht aufwendig. Um Polyphonie mit einem Monosynth zu erreichen, dürfte der schnellste Weg aber sein, den Monosynth zu samplen.

Ich hab' ehrlich gesagt ansonsten nicht so viel in Florians Buch verstanden :lol: (er geht von einem monophonen Modularsynth aus), aber dieses doch, hoffe ich.

Heute ist monophon nicht mehr so das Problem wie früher, weil man in der DAW ja problemlos zig Spuren davon nacheinander aufnehmen kann. Man kann also auch mit nur einem Monosynth gut arbeiten. Beispiele:


Das hat mich dann auch bewogen, einen Monosynth zu kaufen (BS2). Hätte ich früher nicht gemacht (rückständig, s.o.).
 
Wenn man jetzt noch bedenkt dass die Herren Subotnik und Buchla sich schon in den 60ern darüber geärgert hatten, dass da ein Herr Moog ankam und an diese neumodischen Synthesizer Kisten so dämliche Keyboards dran gebaut hatte...
 
Polyphonie immer und all the way... - 'nuff said!


PySeq schrieb:
Um Polyphonie mit einem Monosynth zu erreichen, dürfte der schnellste Weg aber sein, den Monosynth zu samplen.

Viel Spass damit... ich hoffe, du hast 'ne gute Round-Robin-Funktion bzw. entsprechnde Scriptings...


P.S.:
Der Sub-37 ist nicht monophon...
 
Ich hab' einem meiner Kumpel, der aufgrund von Medikamenten Probleme mit der Motorik hat, zwar auch immer gesagt: Dass er kein Klavier spielen können muss, um Musik mit seinem Synthesizer zu machen, aber das hatte nix mit monophon vs. polyphon zu tun. Mittlerweile hat er den Synth mit seinem Bruder (der Klavier spielen kann) gegen 'ne Hantelbank getauscht, weil das mit dem Klavierunterricht nicht mehr funktionierte.
Für das was ich machen will, kann ich monophone Synths maximal für Bässe nutzen, dieses egozentrische "Leadgewichse" div. Tastenkünstler ist nicht wirklich mein Ding. Ich wäre für sowas auch selbst viel zu introvertiert, bin keine Rampensau... ;-)
Zudem sind zum Glück die Zeiten vorbei, in denen mit polyfonen Synths keine komplexe Klangveränderungen möglich waren.
 
SynthUser0815 schrieb:
PySeq schrieb:
Durch die Tasten denkt man oft, ein Synthesizer ähnele einem Klavier, aber eigentlich ähnelt er mehr einem monophonen Instrument wie einer Trompete. So hat es jedenfalls angefangen.
Dieser Satz hat mir sehr zu denken gegeben. Ich finde, das wäre einen eigenen Thread wert: "Monophone vs. polyphone Synths."

In der Rückschau würde ich fast sagen, dass ich Synths früher nicht verstanden habe, weil ich sie als polyphone Tasteninstrumente sah. Ich hatte rudimentäre Erfahrungen mit meinem ersten Synth, dem Korg Poly 61, dann Klavierunterricht und habe die monophonen Synths damals in den 80ern als rückschrittlich gesehen. Heute habe ich fast den Eindruck, dass monophone, analoge Synths die eigentliche "Basis" dieser Musikinstrumenten-Gruppe bilden und dass es vielleicht am kreativsten und geschicktesten ist, sich Synthesizern von den Monosynths aus zu nähern.

In den vergangenen Jahren habe ich für mich mit Monosynths jedenfalls oft Zufriedenstellenderes realisiert als mit Polysynths, wie ich zu meinem eigenen Erstaunen festgestellt habe.

Das kann ich eigentlich unterschreiben.
Für polyphones nehm ich häufig Klaviersounds, seltener mal ein String-Pad o.ä. aber das wars weitgehend mit Polyphonie.
Früher dachte ich, auch monophone Lines müssten am besten poly sein damit der Sound ausklingen kann.
Das dachte ich lange und hab fast nie mono Sounds benutzt.
Heute nutz ich den Poly hauptsächlich als multitimbralen Mono.
 
Früher hätte ich, wie gesagt, auch gedacht "polyphon und nichts anderes" ... aber in der Tat ist ein Synth eben kein Klavier. Auch ich lande, wenn ich polyphon auf der Tastatur spiele, letztendlich doch meist bei Klavier-, E-Piano- oder Orgel-Sounds. Dafür aber braucht man keinen Synth. Und die ewigen "streicherartigen" Sägezahnpads sind ja auch irgendwann langweilig.

Wenn ich mit Monosynths Musik mache, gehe ich ganz anders an den Schaffensprozess heran. Man widmet dem einzelnen Ton, der einzelnen Stimme auf einmal mehr Aufmerksamkeit, macht sich Gedanken, aus welchen Akkordtönen z. B. ein Pad eigentlich zusammengesetzt ist usw.

Mich hat da übrigens auch erst Florian Anwanders Buch drauf gebracht.

Ein Komponist, der für ein Streichquartett komponiert, wird ja auch anders heran gehen als jemand, der Musik für Klavier solo schreibt.
 
...es gibt da noch die Kategorie "Synth Comp", die auch nur polyphon wirklich Sinn macht.
 
Psychotronic schrieb:
Wenn man jetzt noch bedenkt dass die Herren Subotnik und Buchla sich schon in den 60ern darüber geärgert hatten, dass da ein Herr Moog ankam und an diese neumodischen Synthesizer Kisten so dämliche Keyboards dran gebaut hatte...

Na, da muss man ein wenig vorsichtig sein. Buchla hat nie nach dem Schema argumentiert, "Keyboard = böse". Ihm ging es lediglich darum hervorzuheben, dass keine zwingende Notwendigkeit darin besteht, ein elektronisches Musikinstrument mit einer Orgelklaviatur zu versehen. Er hatte nichts gegen Keyboards per se, stellte nur klar, dass die Musik, die mit dem Eingabemedium Keyboard gemacht wird, sich in nichts von der Musik unterscheidet, die beispielsweise im 17. oder 18. Jahrhundert komponiert wurde - also mit Bezug auf tonale Konzeptionen und nicht Stile. Buchla sah in einer genuin elektronischen Musik die Chance, aus den westlichen Musiktraditionen auszubrechen, was eben ein Keyboard nicht erlaubt. Daher schienen ihm alternative Eingabemedien sinnvoller, die mit der Tradition der 12 Halbtöne brechen.

Interessanterweise empfand Buchla monophone Synthesizer sinnfrei, die mit einem Keyboard ausgestattet waren, da ja der eigentliche Vorteil einer Klaviatur darin besteht, mehrere Töne gleichzeitig spielen zu können. Aus dieser Perspektive stellt natürlich die Verwendung eines Keyboards zu Steuerung eines monophonen Instruments einen inneren Widerspruch dar, da es als Eingabemedium mehr verspricht als es halten kann und demzufolge nicht das geeignete Steuerungsmedium für monophone Spielweisen sein kann. Das wäre dann eher ein Theremin, ein Ribbon Controller, oder eine Steuerung wie beim Trautonium. Also kurz gesagt, kritisierte Buchla in dieser Hinsicht nicht die Verwendung einer Klaviatur per se, denn er konnte sie im Fall eines polyphonen Synthesizers durchaus nachvollziehen, sondern einzig die Tatsache, dass die Klaviatur kein adequates Eingabemedium zur Steuerung von nur einer Stimme darstellt.

Mehr nachzulesen dazu gibt es hier: http://www.keyboardmag.com/artists/...t-design-a-conversation-with-don-buchla/59510
 
Wenn man ein Keyboard in einem Modular System einsetzt, ergeben sich ganz andere Möglichkeiten als einfach polyfon in die Tasten zu hauen. Man kann z.B. nur das CV ändern und die Rhythmik von Gates irgendwo her kommen lassen was sich auf mehrere mono synths verschieden auswirken kann. Diese Vielfalt an Musikalität ist einem mit einem polyphonen verwehrt. Polyphone sind einfach immer wie eine Orgel oder ein Klavier.
 
Beim Mutable Instruments Ambika bzw dem neueren Xena mit 6 voices verschwimmen die Grenzen: Man kann da jede voice als eigenständigen Monosynth mit separaten Mono Ausgang betreiben (und jede Kombination von Stimmenanzahl) und auch noch 2 Geräte mit jeweils 6 Stimmen kaskadieren zu 12 Stimmen und beim Ambika für jede voice ein anderes Filterboard einbauen, die sind einzeln. Die VCOs sind zudem recht flexibel was die Oszillatoren und Modulation anbelangt.
Für eine bessere Programmierung kann man einen Shruthi XT als MIDI Controller dranhängen, die Potizuordnung (CC Werte) hat einen kompatiblen Modus, und so hat man dann noch einen Monosynth dazu. Wobei das auch gut ohne XT programmierbar ist, finde ich. Das ist auch gut CC steuerbar, also auch von der DAW oder einem MIDI Controller/Sequenzer aus.

Im Vergleich zum Shruthi ist das gainstaging etwas dezenter, woran man wieder sieht, dass beim Poly per Design der Gain pi-mal-Daumen durch die Anzahl der maximalen Stimmen herabgesetzt ist und gegebenenfalls filter weniger ins drive gefahren werden, damit es nicht zu sehr matscht in Summe. 6 Filter parallel im Drive zusammen gemischt klingt dann doch eher breiig.
Man kann das auch modifizieren und die paar Widerstände abändern. So groß finde ich den Unterschied nicht, das ich das für nötig halten würde. Ich versuche mir eher abzugewöhnen, zu stark in den Drive zu gehen. So wie bei der Gitarre immer alles auf volle Verzerrung. Da klingt dann hauptsächlich die Verzerrung und was man musikalisch spielt wird fast nebensächlich.
 
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