Um was geht es hier?
Ich stelle hier einen rechnergestützten Editor für den Roland JV-880 vor, mit dem sich ein sogenannter Patch vollumfänglich bearbeiten lässt. Es wird immer nur der Patch im Arbeitsspeicher vom JV bearbeitet, d.h. alle Änderungen müssen entweder im internen Speicher oder auf einer Speichererweiterungskarte des JV abgelegt werden ODER aber es wird die Preset-Logik von Renoise dazu benutzt. Letzteres hat den Vorteil nahezu unbegrenzter Presets, aber den Nachteil, dass das Hochladen eines Presets vom Rechner zum JV-880 nun mal rund 10 Sekunden dauert. Es dauert deswegen so lange, weil sage und schreibe 482 einzelne Sysex-Parameter an das Gerät übermittelt werden müssen UND lt. Systemspezifikation von Roland außerdem nach jedem einzelnen Kommando auch noch eine Pause von 20 Millisekunden gemacht werden muss. Bei jedem Start von Guru wird außerdem immer der Patch vollständig an den JV gesendet.
So schaut es aus
Warum das ganze?
Zunächst einmal ist es ein wenig schwierig, hier eine genaue Einordnung zu finden, denn dieses (gar nicht mal mehr so kleine) Projekt berührt so einige Themenfelder:
Die ursprüngliche Idee von mir war es, meine Oszillatorsammlung (Tides & A-110-2 im Eurorack, Microbrute & Dark Energy 2) durch ein möglichst
vielseitiges, polyphones Instrument zu erweitern, welches möglichst wenig Platz weg nimmt und dazu auch noch wenig kostet. Also die eierlegende Wollmilchsau...
Die Antwort lag auf der Hand:
Ein Rompler musste es werden. Nachdem ich ein wenig gesucht, recherchiert und viele Bedienungsanleitungen quergelesen hatte, bin ich beim Roland Integra 7 gelandet,
der nur ein einziges Problem hat: Er ist mir derzeit leider viel zu teuer.
Der Rompler musste außerdem gebraucht sein:
Also bin ich den Stammbaum dieses Expanders hochgeklettert und letzten Endes beim JV-880 gelandet,
den ich für 150 Euronen (inkl. Versand, PCM1-04 Piano- & Voice Crystal 1-Karten und einer AUSGEDRUCKTEN (!!!) Anleitung) schießen konnte. Vergleicht man dieses Ding mal mit den restlichen Eurorack-Sampler-Modulen,
die so auf dem Markt rumschwirren, so würde ich sagen, habe ich einen ganz guten Deal gemacht. Nachdem ich jetzt einige Stunden lang die Presets durchgeorgelt habe, weiß ich eines:
Hergeben tue ich das Ding nicht mehr.
Aber ich wollte und will immer noch mehr:
Ich möchte nämlich die in der Bedienungsanleitung versprochenen Gestaltungsmöglichkeiten nutzen. Nach ungefähr 5 Minuten langem Knöppedrücken war mir klar: Boah, wie kacke!
Das Editieren einzelner Sounds ist nichts anderes, als psychologischer Masochismus.
Für den Integra 7 gibt es App- und VST-Editoren.
Für den JV-880 auch:
Midi Quest (zu groß, zu teuer und ohne jede Garantie für eine funktionierende Zusammenarbeit mit Renoise 3)
Sounddiver 3 (zu alt, nicht mehr legal zu bekommen, Zusammenarbeit mit Renoise 3 unklar)
CTRLR (Programmierarbeit mit LUA erforderlich und Zusammenarbeit mit Renoise 3 ebenfalls fragwürdig)
Und da bin ich dann auch schon bei Guru angelangt, einem nativ lauffähigem Tool, geschrieben für Renoise 2.8. Es läuft auch noch mit Renoise 3 und es macht nichts anderes, als
1) eine GUI bereit zu stellen und
2) Sysex-Befehle an ein Midi-Device abzufeuern.
Keine Treiber, keine Lizenzgebühren und genau wie bei CTRLR wird hier LUA verwendet. Also beschloss ich kurzerhand, selbst eine Benutzeroberfläche zu schreiben.
Jetzt bin ich also mehr oder weniger so weit und eine funktionsfähige Beta werkelt so vor sich hin.
Die Anleitung und links zur benötigten Software folgen nun:
Welche Hardware wird benötigt?
Wie bringt man es zum Laufen?
- 1. Die Demo-Version von Renoise herunter laden und installieren:
https://renoise.com/download
- 2. Guru herunter laden und ausführen:
https://renoise.com/tools/guru
Jetzt zieht der Schwierigkeitsgrad ein wenig an. Aber: DON'T PANIC!
Gibt auch ein paar Bilder, die euch weiter helfen.
- 3. Renoise muss mit der Entwicklerkonsole gestartet werden, damit ihr an die Code-Eingeweide von Guru herankommen könnt.
Dazu öffnet ihr die Eigenschaften des Desktop-Icons mit einem Rechtsklick...
- 4 ...und fügt im Textfeld "Ziel" folgendes hinten an:
" --scripting-dev"
(Ohne Anführungszeichen, aber das Leerzeichen vor den beiden Bindestrichen nicht übersehen!!)
- 5. Startet Renoise und öffnet das Menü "Tools -> Scripting Terminal & Editor". Wenn ihr einen Fehler bei Schritt 3. gemacht haben solltet, dann werdet ihr diesen Menüpunkt
nicht finden können!
- 6. Navigiert in der Ordnerstruktur des Editors hier hin:
User Scripts -> Tools -> corn.cornbeast.Guru und öffnet das Verzeichnis mit einem Rechtsklick. Explorer/Finder sollten jetzt im richtigen Verzeichnis gelandet sein.
- 7. Die Datei "class_midi.lua" (download) muss nun umbenannt werden und durch die Version ersetzt werden, die ich umgeschrieben habe. Siehe Screenshot.
- 8. Als nächstes müsst ihr von dort, wo ihr gerade seid in das Unterverzeichnis "synthdefinitions" wechseln und die von mir geschriebene "roland_jv880.lua" (download) einfügen.
Nun wird es langsam wieder etwas entspannter, denn ab jetzt wird nur noch in Renoise selbst gewerkelt. Wir sind auch fast am Ziel.
- 9. Wählt das Midi-Ouptut-Device aus, an dem der JV-880 hängt. Euere Midi-Hardware sollte eurem Betriebssystem natürlich bekannt sein!
Die Treiberinstallation ist eure Sache, aber wenn das einmal erledigt ist, dann findet Renoise den Krempel auch.
- 10. Scant nach neuen Synthesizer-Definitionen.
- 11. Führt meinen Roland JV 880 Patch Editor aus.
- 12. WARTET UNGEFÄHR 10 SEKUNDEN UND SAGT DEM AUFPOPPENDEN DIALOG "No!"
Ab jetzt müsst ihr selbst klar kommen. Aber ein paar letzte Hinweise gebe ich noch mit:
Den GUI-Elementen von Renoise echte Drehregler und Fader zuweisen:
http://tutorials.renoise.com/wiki/MIDI_Mapping
Ein und ausgehende MIDI-Signale managen:
http://tutorials.renoise.com/wiki/MIDI
Ich bin mir sicher, dass ich noch einen ganzen Haufen an Infos vergessen habe. Ich liefere das aber mit der Zeit nach und gehe den Moderatoren mit entsprechenden Änderungswünschen in Bezug auf diesen ersten Beitrag hier auf den Zeiger.