Re: Er kommt: Analoger Behringer Synthesizer 2016
kybernaut_01 schrieb:
Uli Behringer schrieb:
Wie in anderen Foren stelle ich mich gerne auch hier etwaigen Fragen, auch wenn wir im Moment noch nicht alle Details zum neuen Synthesizer preisgeben koennen.
Mich würde in der Tat das Thema Integrierte Chips vs. Diskrete Komponenten interessieren. Als (inzwischen ehemaliger) Andromeda User habe ich damals bereits die Ausführungen der Alesis Entwickler zum Thema Custom Chips mit Spannung verfolgt, und zwar einerseits in Bezug auf die hohen Kosten die damit offenbar verbunden waren und andererseits wegen des schwer vorhersehbaren Einflusses auf den Klang den die Miniaturisierung haben kann.
Hat Behringer also das Thema Custom Chips / ASICS für das Synthprojekt erwogen, oder war von Anfang an klar, dass der Aufbau diskret erfolgen wird?
Vielen Dank für ein paar Informationen!
kybernaut_01 / Christoph
Hallo Christoph,
Danke fuer die gute Frage.
Wenn man ueber diskrete Komponenten spricht, so meint man genaugenommen elementare Bausteine wie Widerstaende, Kondensatoren, Spulen und Transistoren etc. Natuerlich ist es nahezu unmoeglich einen komplexen Synthesizer nur aufgrund dieser simplen Bauelemente aufzubauen, und deswegen werden auch Operationsverstearker, OTA’s (
https://en.wikipedia.org/wiki/Operation ... _amplifier) und andere Standard-Halbleiter als diskret bezeichnet und miteinbezogen um die bekannten VCA’s und VCF’s etc. zu entwickeln.
Wir haben in diesem Instrument auf ASIC’s (
https://en.wikipedia.org/wiki/Applicati ... ed_circuit) verzichtet - nicht alleine der Kosten wegen - sondern weil wir bewusst die typischen Toleranzen und Ungenauigkeiten diskreter Komponenten fuer den Klang verwenden wollten. Ueber mehrere Jahre haben wir unzaehlige Hoerversuche unternommen, um die richtige Balance zwischen elementaren Transistoren und integrierten Halbleitern zu finden. Dabei haben wir auch alle historischen SSM und Curtis Chips untersucht und miteinbezogen. Ich denke, es ist uns gelungen, die richtige Balance zu finden.
Und dies ist genau der Grund warum analoge Synthesizer natuerlicher klingen als digitale Versionen. Aehnlich einem Chor oder Orchester, sind es die Zeit- und Tonhoehen-Schwankungen, die die Waerme, Fuelle und Lebendigkeit des Klanges ausmachen. Je mehr man diese Ungenauigkeiten entfernt, umso steriler wird das Klangerlebnis. Ohne einen Glaubenskrieg entfachen zu wollen - “Virtual Analog” ist fuer mich digitale Klangverarbeitung und eher ein cleverer Marketing-Schachzug, aber hier moegen die Meinungen auseinandergehen.
Wie man sich vorstellen kann, sind natuerlich all dem Grenzen gesetzt, denn unkontrollierte Toleranzen, fuehren im klassischen Sinne zur Unspielbarkeit des Instrumentes. Dennoch gibt es ja auch hier Trends, diese Grenzen aufzubrechen und chaotische Klangerzeugung als Ziel zu setzen. Dies ist ja das wunderbare an Musik und Klang - es gibt schlichtweg keine Grenzen.
Fuer uns stand der Klang im absoluten Vordergrund und dies war der Grund bei den VCA’s und VCF’s auf diskrete Komponenten zu setzen und nicht Asic’s. Dies hat zwangsweise zu einer dramatischen Erhoheung der Bauteileanzahl gefuehrt aber diese hohen Zusatzkosten haben wir in Kauf genommen, da unser Klanganspruch kompromisslos war.
Ich moechte auch erwaehnen, dass dieser Synthesizer urspruenglich nie fuer kommerzielle Zwecke gedacht war. Es war mein Lebenstraum, nach 40 Jahren noch mal einen Synthesizer zu bauen und ich teilte meine tiefe Leidenschaft unseren Midas Entwicklern in England mit. In unserer Entwicklungszentrale in England werden die komplexesten analogen und digitalen Mischpulte und Signalprozessoren der Welt entwickelt, die fuer die groessten Bands und Konzerte eingesetzt werden. Wir haben hier ueber 100 der weltbesten Entwickler und unser Analog-Guru John Price hat ueber 40 Jahre Analog-Erfahrung. In seinen frueheren Jahren hat John fuer Legenden wie Rupert Neve Analog-Schaltungen entwickelt. Ich ziehe meinen Hut vor diesem Mann, wie auch vor Pete Sadler, Rob Belcham und all den anderen Kollegen die ihr Herzblut in diesen Synthesizer gesteckt haben.
Zu meiner grossen Freude, fanden sich enorm viele Kollegen, die ebenfalls unbedingt Synthesizer entwickeln und mir einfach meinen Lebenstraum erfuellen wollten. Und so sprang der Funke ueber und der “Wahnsinn” begann. Ich kann dies nicht anders bezeichnen, da seit diesem Tage die Leute rund um die Uhr an diesem Projekt gearbeitet haben. Wir mussten unsere Mitarbeiter immer wieder daran erinnern, dass noch andere Dinge fertigzustellen sind. Aber wir alle wissen, dass Synthesizer suechtig machen - uns so ging es unseren Leuten nicht anders.
Was als “Labor of Love” Projekt startete, wuchs taeglich sowohl in Klangmoeglichkeiten aber auch Features. Heute kann ich mit Ueberzeugung sagen, dass wir ein Instrument entwickelt haben, das es in dieser Form noch nicht gegeben hat.
Ich bin extrem stolz auf unsere Leute und das immense Herzblut, das unsere Jungs in dieses Projekt gesteckt haben. Und dies ist erst der Anfang…
Uli