Interessantes Thema. Vinyl war für mich immer eine Hassliebe. Gehasst wegen des Knackens (besonders bei leisen Passagen), wegen der Kratzeranfälligkeit und der allmählichen Zerstörung des Materials durch die Nadel, und weil man immerzu die genaue Rille für den gewünschten Track manuell anpeilen musste.
Das Wunderbare am Vinyl war primär das Ritual des Auflegens, und die Covers waren schön groß gehalten, das schaffte mehr emotionalen Bezug zu dieser Ware. Vor allem, wenn das Vinyl farbig gestaltet war, eine schöne Matte auf dem Teller lag, und gar ein monströser Plattenbeschwerer in der Mitte protzen konnte, war das Schauspiel vergleichbar mit dem Blick ins offene Kaminfeuer. Das hatte also schon was. Erst recht, wenn es sich um aufwendige Sammeleditionen handelte.
Aber das war es auch schon. An den CDs störte mich anfangs der hohe Preis. Die waren ungefähr doppelt so teuer wie das Vinyl. Ich erinnere mich noch an diverse Current 93 CDs, die um die 28 Mark (teilweise auch an die 40 Mark) kosteten. Umgerechnet in Euro, da hat sich aber innerhalb von über 30 Jahren nicht wirklich was verändert.
An den CDs störte mich vor allem das kleine Format. Ok, sie hatten eine bessere Dynamik und strahlten mehr Klarheit aus (will man meinen), aber ich erinnere mich z.B. an den Vergleich der LP mit der CD von SPK's 'Leichenschrei'. Das Gleiche bei einem Clan of Xymox Album. Den LP-Sound empfand ich nicht nur wärmer, auch hörte ich darauf etwas mehr heraus, was die CD zu verschlucken schien. CD klang mir etwas künstlicher. Diese minimalen Vorteile rechtfertigten dann aber keineswegs mehr eine Rückkehr zum Vinyl.
Gesammelt hatte ich damals sehr viel. Sowohl zuerst Vinyl, als dann später auch CDs. Irgendwann reichte der Platz einfach nicht mehr aus, und ich entschied mich, alles zu verkaufen und mir das Zeug auf Platte zu rippen.
Hier ist wiederum das Problem, erstmal den Interpreten oder das Album zu erinnern. Im Regal wusste ich ja, wo alles stand. Mit der Digitalität und der Internetpräsenz wurde das Sammeln noch problematischer, denn es türmten sich Berge an Musikmaterial auf, und immer mehr ging der Bezug zu den Sachen verloren. Das fühlte sich wie leidige Redundanz an. Alles war plötzlich zu viel des Guten geworden. Um den Geist zu erhalten, die Werke, zu denen wirklich eine emotionale Affinität bestand, zu würdigen, entledigte ich mich aller (bin da immer noch dran) Alben oder Stücke, die ich nicht wirklich brauche. Schon alleine der Übersichtlichkeit wegen.
Weniger ist ja oft mehr.
Ja, Vinyl ist für mich persönlich auch nur gehypte Nostalgie aus reiner Eitelkeit. Und das meine ich wertfrei. Ist ja alles legitim.
Faszinierend finde ich eher die Rückschau in die Vergangenheit, denn meist erinnere ich mich, wo ich wann, warum und in welchem zeitlichen Kontext ich direkt oder indirekt, absichtlich oder unabsichtlich, auf diese Tonträger stieß. Damit verbunden sind dann auch die emotionalen Momente an diese alte Zeit. Aber mehr ist das nicht mehr.
Heute ist für mich nur noch die reine Musik von Wichtigkeit. Sollte ich allerdings mal selber Alben herausbringen, dann werde ich möglicherweise meine Meinung wieder abändern und eine schöne Gestaltung sowie ein analoges als auch digitales Medium dafür auswählen. Alleine schon deshalb, um durch die Form und die Gestaltung des Covers den Inhalt einprägsamer in interessante Richtungen, die ich eben damit verknüpfe, vermitteln zu helfen.
Als bestimmte Musik sich noch nicht als Massenware anfühlte, wie bei Downloads, da hatte sie sicherlich einen anderen subjektiven Wert. Aber alles hat dennoch zwei Seiten. Am Ende zählt aber nur, was die Musik selbst in einem auszulösen fähig ist. Vor allem wird sie wichtig, wenn sie einen heilsamen Faktor in sich trägt.