Re: So arm/reich wird man mit Musik machen..
Guten Morgen
Nachfolgend und für mich abschließend mein persönliches Fazit aus der Diskussion:
Ausgangssituation:
Die Download-Umsätze mit digitaler Musik von Plan B tendieren rückläufig.
Ergänzende Indikatoren:
- Die Deutsche Telekom verabschiedet sich von Musicload.
- Apple kämpft mit rückläufigen Download im iTunes-Store und übernimmt Beats. Ein Einstieg ins Streaming wird erwartet.
Erwartete Marktveränderung:
- Digitale Downloads werden kurzfristig durch Streaming verdrängt.
- Im Video-Bereich sind es Services wie Netflix und Amazon Prime, im Musik-Bereich Spotify, Simfy, usw.
Erwartete Folgen:
Streaming verändert das Geschäftsmodell aus der Abnehmerperspektive
- Kostenloser, statt bisher illegaler, und kostenpflichtiger Zugang zum Service auf Monats-/Jahresbasis.
- All-you-can-hear-Prinzip statt Notwendigkeit der gezielten Auswahl (=> Führt zur Änderung des Nutzerverhaltens)
Streaming verändert das Geschäftsmodell aus der Künstlerperspektive
- Beteiligung je Stream im Microcent-Bereich.
- Bislang geht die Rechnung, im Vergleich zum Download, für viele Musiker nicht auf (z. T. Boykott der Streaming-Plattformen).
Streaming verändert die Branche
- Streamingdienste sind abhängig von der Anzahl der zahlungsbereiten Abonnenten.
- Die Abonnenten werden per Abo an den Dienst gebunden, d. h.: Während bislang der Download-Shop nach belieben ausgewählt werden konnte, findet nunmehr eine stärkere Bindung statt.
- Eine stärkere Branchenkonzentration ist die Folge: Weltweit z. B. 4 Streaming-Dienste.
- Große Plattenfirmen beteiligen sich an den Streaming-Plattformen.
- Durch die Konzentration wird der Wettbewerb ausgehebelt. Folge: Die Abo-Preise bleiben stabil, die Beteiligungen für Musiker werden sinken.
- Streaming- (u. Download-) Dienste verzichten auf klassische Vertriebswege (=> Plattenfirmen setzen das um, was in anderen Branchen bereits üblich ist: Direktvertrieb an den Abnehmer).
Zwischenfazit: Es ist absehbar, dass mit dem Verkauf von Musik auf klassischen Tonträgern bzw. in digitaler Form kaum mehr Geld verdient werden kann. Musiker benötigen – wie bisher auch – weitere Einnahmequellen.
An dieser Stelle schieden sich aus meiner Sicht in der Diskussion die Geister:
- Die gefühlte Mehrheit der Diskutanten ist froh, dass sie Musik als Hobby ausübt und damit unter keinem monetären Erfolgsdruck steht. Projekte werden aus Spass an der Freude in Kleinauflage realisiert, Kostendeckung sorgt für Zufriedenheit.
- Die gefühlte Minderheit der Diskutanten, die von den Veränderungen unmittelbar betroffen sind, konnten aus meiner Sicht keine überzeugenden Strategien entwickeln.
Die alten Konzepte lauten weiterhin:
Live spielen
- Offen bleibt, wie mit der abnehmenden Zahl an Spielstätten, Überangebot an Auftrittswilligen, sinkenden Gagen, usw. umgegangen werden soll.
- Offen bleibt auch, wie man Publikum für die Live-Auftritte adäquat motiviert.
- Offen bleibt, was man als Künstler überhaupt bieten muss, um Live spielen und damit Geld verdienen zu können.
Merchandising
- Offen bleibt, welche Artikel gehen und welche nicht.
- Offen bleibt, wer den Verkauf wie organisiert.
Unterricht
- Wer ein Instrument beherrscht und zudem pädagogische Qualität besitzt, kann damit Geld verdienen.
Auftragsarbeiten
- Im Vergleich zum Arbeitsangebot eine geringe Arbeitsnachfrage.
- Erfahrung und Qualifikation sind meist erforderlich.
- Kontakte sind meist erforderlich
Öffentliche und privatwirtschaftliche Unterstützung
- Offen bleiben die Möglichkeiten und die Zugänge zu den Ressourcen.
Abgesehen vom Crowdfunding wurden keine neuen Möglichkeiten genannt. Crowdfunding wird als Möglichkeit der Risikominimierung gesehen. Erfahrungen wurden keine genannt.
Zwischenfazit: Gemessen am Diskussionsgegenstand („Wie arm/reich wird man mit Musik?“) war der Teil mit den Verdienstmöglichkeiten Verhältnismäßig dürftig ausgeprägt. Entweder sind die Potenziale nicht oder unzureichend bekannt, nicht interessant oder erschlossene Potenziale werden nicht in der Öffentlichkeit geteilt.
Mit Blick auf die stetige Verfügbarkeit von Musik (Musik als Commodity) wurden folgende Aspekte deutlich:
- Es gibt in nahezu allen Bereichen ein Überangebot an Musik.
- Um mit Musik Geld verdienen zu können, muss die Musik „Hammer“ sein.
- Aber: „Hammer“-Musik reicht nicht aus, wenn sie nicht zum Hörer durchdringt.
In der Folge müssen Musiker, da klassische Vertriebswege nicht mehr funktionieren, zum Allrounder werden, d. h.: Musikalische Fähigkeiten alleine reichen nicht aus. Sie müssen durch umfangreiche BWL, Marketing- und Vertriebskenntnisse ergänzt werden. Diese Fähigkeiten vorausgesetzt, werden Musiker im Do-it-yourself eine nicht geringe Zeit auf Social-Media-Plattformen verbringen und viel Geld in Online-Marketing investieren müssen, um die relevante Zielgruppe zu interessieren und zum Streaming und Konzertbesuch zu animieren. Ob und inwieweit dieses Vorgehen die Kreativität einschränkt und überhaupt langfristig zielführend ist, darüber gibt es keinen Konsens. Offen bleibt auch, ob die These, dass es zukünftig keine professionellen Musiker mehr geben wird, überwiegend für zutreffend gehalten wird.
Soweit meine verkürzte, unzureichende Zusammenfassung.
Mein Fazit zur Diskussion:
- Die Marktveränderungen sind bekannt.
- Die Risiken sind besser bekannt als die Chancen.
Mein Fazit in Bezug auf’s Geld verdienen:
- Die Konkurrenz an sehr guten Musikern ist weltweit groß. Niemand wartet auf dich.
- Ausbildung und/oder Studium helfen, wenn ein Qualifikationsnachweis Voraussetzung sind.
- Neben „Hammer-„Musik gehören sehr gute BWL, Marketing- und Vertriebskenntnisse dazu.
- Eine Unternehmerpersönlichkeit mit Persönlichkeitsmerkmale wie Disziplin, Fleiss, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Arbeiten unter Druck, usw. gehören dazu.
- Bedingungslose Konzentration auf die Musik und den Erfolg sind Voraussetzung.
- Verzicht und lange Durststrecken muss man aushalten können.
- Man darf nie auf die kleinen und große Erfolge der Anderen schielen, sondern muss sein Ding durchziehen.
- Masochismus und Selbstaufgabe sind wohl ein Teil des Ganzen.
So, liebe Freunde, das war’s von meiner Seite. Danke für eure Beiträge. Ich klinke mich jetzt mal aus, da ich noch anderes Zeugs zu tun habe. Und immer dran denken: Ist nur meine persönliche Zusammenfassung ohne Anspruch auf irgendwelche Gültigkeit. Bekanntlich führen viele Wege nach Rom. In diesem Sinne eine schöne Woche.