Ich zitiere mal hier den Kilian von Syngate Records zur aktuellen Lage:
Es war einmal…. ein Schallwelle-Preis. Dieser war weniger das Streben nach dem ersten Platz, als das Eintauchen in eines Teil der Elektronik-Musik-Szene in Deutschland. Dabei traf sich ein sehr engagiertes Gremium aus dem Schallwende-Verein, dessen Sympathisanten und Urgesteine wie Winfried Trenkler und andere langjährige Weggefährten an einem illustren Ort, um Aufsteiger, Neuankömmlinge, Trendsetter und altgediente „Herz-und-Blut-Elektronik-Musiker“ zu feiern. Die Party war ein rauschendes Fest, die Verköstigung legendär und die musikalischen Beiträge oft eine gelungene Überraschung. Man tauschte sich aus, lernte sich kennen, erweiterte den Horizont.
Ein Teil des Ganzen war aber immer auch die Kritik am System, insbesondere am Wahlverfahren, das einigen nicht transparent genug und anderen teilweise willkürlich erschien. Auch wurde teilweise Interessenvermischung beanstandet, etwa Verbindungen von Jurymitgliedern zu bestehenden Wahlvorschlägen oder gar verliehenen Preisen.
Insgesamt war aber alles eher familiär und wie in einer Familie wurde eben auch diskutiert und gestritten aber genau so respektiert und anerkannt.
Spätestens, wenn die die glänzenden Trophäen überreicht wurden, schien die Familie wieder positiv vereint und man war sich einig darüber, dass eine Plexiglas-Skulptur ein Sinnbild ist, das wenige Künstler mitnehmen, aber mit dem eine ganze Szene gewürdigt wird. Die „Szene“ war eher klein und in ihrem Selbstverständnis aus solchen Künstlern und Musikliebhabern zusammen gesetzt, die überschaubar und regional agierten. Natürlich standen die „Großen“ oft im Hintergrund als Ikonen und Urväter, die ihren Einfluss breit gestreut haben, aber die Preisverleihung war ursprünglich nicht für die Ikonen selber gedacht, sondern für die vielen engagierten Musiker, die viel Lebenszeit in ihre Projekte stecken, ohne den Anspruch zu haben, ihren Lebensunterhalt damit zu verdienen. Ein tolle Sache also, ermutigend und motivierend.
Wie so oft in vielen Entwicklungen geschah aber auch hier der Versuch, den Himmel selber zu erreichen, als die Pflanzen am Boden zu pflegen. Es schlichen sich in die Wahlvorschläge Gestirne wie Klaus Schulze, Pink Floyd, Schiller, Tangerine Dream, Art Of Noise und Enya ein. Als ob solche Bands oder Personen je ein Auge auf so ein Event werfen würden. Als ob die Preisverleihung auch nur die geringste Relevanz bei diesen Projekten hätte. Der umgefallene Sack Reis in China bewirkt womöglich mehr, als ein für diese Bands völlig unbedeutender Preis.
Gleichzeitig ist es eine Geringschätzung der vorhandenen und wirklich guten Musikszene, die diese Preise so viel mehr verdient hätte.
Leider gesellen sich zu solchen Unstimmigkeiten auch noch - und ja, ich will es nicht beschönigen - Unprofessionalität einer Jury, die scheinbar wahllos dutzende von Alben einzelner Künstler auflistet, die allein aufgrund ihrer hohen Anzahl keinerlei Chancen auf eine echte Wahl haben.
Mir stellt sich die Frage, ob solche Künstler angesprochen wurden, ob sie tatsächlich 24 oder 16 Alben, die sie im Lauf des Jahres 2015 herausgebracht haben, in der Nominierungsliste sehen wollten. Ein einziges, wie bei vielen anderen Künstlern, hätte ihre Chancen auf ein gleiches Niveau gebracht.
Auch die Tatsache, dass sich z.B. ein Album des Projektes „van Hallgath“ unter „internationalen“ Alben wiederfand, wirft kein gutes Licht auf die Jury, die offenbar nicht erkannt hat, dass es sich um einen Kunstnamen des deutschen Duos Jörg Erren und Jochen Schöttler handelte.
Ich bin mir bewußt, dass meine Kritik als Labelbetreiber auch unter dem Verdacht eigener Betroffenheit steht, zumal kein einziges SynGate-Album nominiert wurde. Ich bin froh zu wissen, dass ich unabhängig genug bin, mir diese Kritik leisten zu können, weil ich von der Schallwelle-Wahl unabhängig bin. Bisher haben es nur wenige SynGate-Künstler in die Top-Ten-Nominierung „geschafft“, geschweige denn, je einen ersten Preis errungen. Das hat mich nicht davon abgehalten, den Schallwelle-Verein durch meinen Mitgliedsbeitrag, sowie CD- und Geldspenden zu unterstützen. SynGate lebt mit oder ohne die Schallwelle, aber jetzt sehe ich es sogar als meine Pflicht an, genau diese Stellung zu beziehen, um den Künstlern bei SynGate verständlich zu machen, dass diese Wahl nicht die Interessen der „kleinen“ Künstler verfolgt.
Ein Preis, der Ikonen der Musikindustrie bedenken will, braucht meine Unterstützung nicht mehr. Ein Preis, dessen Erringung möglicherweise willkürlichen Auswahlkriterien unterliegt, verliert seine Glaubwürdigkeit.
Aus diesem Grund wird SynGate an der Preisverleihung in diesem Jahr nicht teilnehmen und auch die bisherige Unterstützung nicht mehr zur Verfügung stellen.
Es tut mir leid für viele Musiker, die weder eine echte Wahl-Chance hatten, noch sich je mit AON, Enya oder Tangerine Dream messen wollten.
Meinen Respekt haben besonders die dann vielleicht noch verbleibenden „echten“ Preisträger. Gefreut habe ich mich darüber, Freydyrik Jona in der Nominiertenliste zu sehen. Er ist ein gutes Beispiel für die ursprünglichen Wurzeln der Schallwelle-Wahl. Ich wünsche ihm besonders viel Glück!