Es gibt Synths mit breitem Sweetspot und/oder einfacher Parametrisierung - die nutzt man für die Sounds, die damit gut funktionieren oder kitzelt vielleicht ein wenig in den Randbereichen herum.
Dann gibt es wieder Synths mit jeder Menge interessanten Parametern oder Konzepten, die - nach entsprechender Einarbeitung - eine Menge Möglichkeiten zur gezielten Entwicklung bieten. Dabei gibt es auch Happy Acidents, aber vielleicht weniger als bei den einfach gestrickten Kisten. Bei der Produktion kann (natürlich abhängig von Genre) man idr. beide Arten gut gebrauchen, da die wenigsten Titel ausschließlich von komplexen oder komplex modulierten Sounds profitieren. Für das einfache Arpeggio im Hintergrund taugt der Pro-One oder der Boog vielleicht sogar besser als das Synthesemonster, weil man schneller zum Ziel kommt. Wenn man etwas bestimmtes im Kopf hat und sein "Handwerk" beherrscht, braucht man aber das "Monster", um nicht ewig herumdoktorn zu müssen.
Man muss halt die Stärken der jeweiligen Geräte ausnutzen. Und auch wenn ich ab und zu von komplexeren Hüllkurven Gebrauch mache oder so etwas sogar gezielt suche, um eine bestimmte Vorstellung umzusetzen, reichen doch in vielen Fällen die einfachen ADSR (oder teilweise nur AD/AR) für viele Patches aus (zumal man durch Tricks wie Selbstmodulation noch etwas mehr Freiraum hat). Auch beim DW8000 habe ich die zusätzliche Hüllkurvenstufe nur bei einem Bruchteil der Sounds benötigt. Beim An1x oder beim M setze ich dennoch gerne mal die Free-Env bzw. die Multipart-Hüllkurven ein. Beim CZ-1 habe ich aber z.B. meistens maximal 2-4 Phasen benötigt.
Außerdem sind Parametrisierung und Performancecontroller zwei Paar Schuhe: Sobald ich AT und Modwheel habe - und vielleicht noch ein Expressionpedal oder einen Morph-Regler - reicht das für ziemlich komplexe Klangverläufe, auch wenn der jeweilige Synth vielleicht nur klassische subtraktive Synthese beherrscht oder ADSR-Hüllkurven nutzt.
Ein gutes Beispiel ist z.B. der Polybrute: Grundsätzlich klassisch subtraktiv aufgebaut (wenn auch mit Schmankerln wie 2 Filtern und Modmatrix) bietet er neben den eher bekannten und gezielt einzustellenden Zuständen erstaunlich viel nichtlineares Verhalten in Zwischen- und Randbereichen, die eine Komplexizität hereinbringen, hinter der sich einige Multiengine-Synths oder 8-OP FMler nicht verstecken brauchen. Dies ist auch ein Grund, warum ich oft immer noch echte analoge Synths den VAs oder Plugins vorziehe: Das Verhalten ist aus meiner Erfahrung nie so ganz vorhersehbar und öfter für eine Überraschung gut. Ein weiteres klassisches Beispiel ist z.B. der Jupiter-4.
So gerne ich den Summit genutzt habe - vom Verhalten war er eher langweilig und vorhersehbar. Man kann damit eine Menge gezielt machen, aber der Polybrute (oder auch der Super-6) überrascht mich immer wieder mit erstaunlicher Lebendigkeit. Ähnlich beim Hydrasynth: Ein ganzer Werkzeugkasten, aber letztendlich doch wenig inspirierend. Der "M" macht (mit ein paar FX dahinter) beim Schrauben mehr Spaß.
Schwieriger wirds natürlich, wenn man sich auf einen oder wenige Synths beschränken muss: Dann würde ich mich entweder möglichst spagatmäßig aufstellen (Minimoog, TX81z und Sampler), oder eben auf etwas flexibles (Quantum, Hydrasynth, Workstation) setzen. Oder man begnügt sich doch mit dem Prophet-6 und hat Spaß beim Spielen.