notreallydubstep
kein dubstep, wirklich nicht
Ein erzogener Hörer ist jemand, der zu bewußtem Hören erzogen wurde, indem man ihm die Möglichkeit gab, Musik miteinander zu vergleichen. Wenn mich meine frühkindliche Prägung mit Genesis, King Crimson, Pink Floyd, Moody Blues oder ABBA dazu gebracht hat, Auf der Mauer, auf der Lauer, sitzt 'ne kleine Wanze im Speziellen und Kinderlieder im Allgemeinen als doof und unter meinem Niveau angesiedelt zu betrachten, dann zähle ich mich mit Begeisterung zu einer Elite: Ich hatte das Privileg, mit einer breiten Palette an Musik aufwachsen zu können und mir das heraussuchen zu dürfen, was mir gefällt -- deshalb brauche ich auch niemanden, der mir erzählt, was mir zu gefallen hat. Oder der einfach nur mit den Schafen mitblökt. Mein Urteil kann ich mir nämlich selbst bilden.
Oder wie mein Freund und Kollege Markus Reuter mal sinngemäß so schön sagte: Ich finde es erschreckend, für wie blöde Kinder verkauft werden -- man spricht ihnen ab, sich mit komplexerer Musik beschäftigen zu können und sie zu verstehen. Stattdessen serviert man ihnen dümmliches Zeug auf einfachstem Niveau, weil man ihnen mehr nicht zutraut. Diese Kinder werden nie wissen, daß es mehr gibt als das, was man ihnen gegeben hat.
Diese Kinder werden um so manches schöne (Hör-)Erlebnis beschissen, um es mal mit meinen Worten auszudrücken. Wenn mich das zu einer Elite macht: Immer her damit!
Das ist sicher ein ganz wichtiger Punkt, dem ich - gerade dem Reuter Zitat (grossartiger Musiker, erst neulich mit Devin Townsend gesehen) - zustimmen kann.
Gleichzeitig finde ich es wichtig, Kids nicht in einen musikalischen Snobismus zu erziehen, auch nicht ungewollt. Meine Erziehung bestand zuhause fast ausschliesslich aus Jazz. Komplexer 80er-Fusion à la Steps Ahead wie auch sehr klassischer Jazz mit Triobesetzung und so ziemlich alles dazwischen. Ja, hin und wieder wurde auch gerade bei den Grosseltern einfacheres Liedgut, volkstümlicheres Zeug oder eine für Kinder zugänglicher erklärte Musik gemacht oder gehört, aber ich hatte keine typische Radio-Erziehung wie viele meiner Schulkollegen. Und in einem gewissen Alter hat das einfach überfordert - klar, das hat auch die Skills in die Höhe geschraubt, aber ich hab mich rückwirkend oft aufgeführt als wär ich etwas besseres. Dämlicher Zwölfjähriger halt. Die Pubertät war dann Findungsphase in mehrerer Hinsicht - mit komplexem Progmetal die Eltern zu schocken war nicht drin, aber das Dinosaur Jr. - Album gab Ärger, böse böse einfache Lärmmusik. Dass sich daraus dann over the years ein potentielles Popmusik-Studium anbahnte (wurde im Endeffekt nix draus) und bis heute die eigene Mucke (mit Absicht und Freude daran) sehr basic ist - obwohl ich mir immer noch liebend gerne superkomplexen Scheiss reinziehe (und auch mache, aber eben nicht prioritär) - ich weiss nicht wie es dazu kam. Aber ich weiss, dass mir die einfachen Songs eines J Mascis den Weg geebnet haben, in Einfachheit und Gefühlen nicht einfach nur Simplizität und nichtmehrkönnen zu sehen.