Wer Musik vermittels hochtechnischer, also elektronischer Geräte erzeugt, ist letztlich anfällig für die unterschwellige Behauptung, die in jeder Form der Werbung von jedem Hersteller elektronischer Musikinstrumente mehr oder weniger deutlich mitschwingt: Technisch neu ist musikalisch besser. Zurück geht diese Behauptung auf ein Grundprinzip des elektronischen Instrumentenbaus, nämlich eine technische Lösung für ein kompositorisches Problem zu bieten. Beispiele? Bitte:
Buchla entwickelte in den frühen 1960er Jahren den Sequencer – vor Moog! – als komfortable & schnellere Alternative für die bis dahin noch gängige Methode, Bandschnipsel mit verschiedenen, vorher aufgezeichneten Tonhöhen aneinander kleben zu müssen. Beides waren technische Lösungen für das kompositiorische Problem, bestimmte, beliebig genau definierbare Ton- und Klangfolgen erzeugen zu können.
Ebenso ist die Entwicklungsgeschichte einzelner Module des Moog-Modulsynthesizer als technische Erfüllung kompositorischer Wünsche zu begreifen, man nehme Vladimir Ussachevsky, der mit Moog zusammen den ADSR-Hüllkurvengenerator spezifizierte – nicht etwa, um damit "Synthesizer zu spielen", sondern um komfortabel automatische Auf- und Abblenden von Tonbandzuspielungen steuern zu können.
Oder man nehme das riesige CEMS (Coordinated Electronic Music Studio):
Konzipiert von Joel Chadabe, gebaut von Moog aus seinem Modulsystem: Eine Musikmaschine, die Chadabes Vorstellung des Komponierens, Musizierens & der Aufführung in eine technische Form goss.
Technische Lösungen für kompositorische Aufgaben zu bieten, hat im Bereich elektronischer Klangerzeuger also eine mehr als fünfzigjährige Tradition. Diese Tradition gibt es immer noch, wir leben in ihr und haben sie so sehr verinnerlicht, dass wir ihrem Versprechen nur allzu gerne glauben wollen:
"If I only had the Potomac 5000, I could make the music of my mind".