@Martin Kraken
Kapitel 2 finde ich auch klasse. Erstmal Danke dafür.
Ich lese übrigens gerne Jugendbücher. Da fühle ich mich etwas vor geschmacklosem Trash/Gore/Splatter verschont (Siehe dieser Thread). Ist ja im Endeffekt nur so etwas wie Effekthascherei.
Z.B. die Artemis Fowl Reihe war als Bücher/Literatur brilliant. Der Film war absolut „unterirdisch“ schlecht.
Ich wünsche Dir noch viel Spaß und Erfolg mit Deinem Projekt.
Vielen Dank für deine netten Worte. Artemis Fowl mag ich auch sehr gerne. Mit Kapitel 3 bin ich noch unzufrieden, aber ich schreibe erstmal weiter. Mal sehen was wird.
Kapitel 3 – Die Stadt
„Du musst da hoch.“ Ethans metallischer Finger zeigte auf ein Loch in der Decke, durch das ein schmaler Lichtstrahl fiel. Der Lichtkegel brach sich im Staub, und der Raum war erhellt in einer Art fahlem Glanz. John realisierte, dass das Loch mindestens drei Meter über ihm lag.
„Wie… wie soll ich da hochkommen?“ fragte er skeptisch, während er sich den staubigen Boden besah. Selbst im besten Zustand hätte er so etwas kaum geschafft, und jetzt fühlte sich sein Körper an, als wäre er in Blei gegossen.
Ethan ignorierte ihn und verschwand durch eine Seitentür, aus der kurze Zeit später ein ohrenbetäubendes Quietschen drang. Mit einem Ruck schob der Roboter ein massives Metallregal durch die Tür, das fast so hoch wie der Raum selbst war und bei jedem Millimeter, den Ethan es vorwärts schob, ein protestierendes Kreischen von sich gab.
„Steig da rauf,“ sagte Ethan knapp und ließ das Regal mit einem letzten, dröhnenden Krachen in der Mitte des Raumes stehen.
John zögerte nur einen Moment, dann kletterte er an den verrosteten Streben hoch, die unter seinem Gewicht knarzten. Seine Hände krallten sich in die Metallstangen, und als er schließlich auf der obersten Ablage stand, zog er sich, das Gesicht verzerrt vor Anstrengung, über den Rand des Lochs.
Das grelle Sonnenlicht, das ihn oben erwartete, blendete ihn sofort. Seine Augen schmerzten, und er blinzelte mehrmals, während er sich an die Helligkeit zu gewöhnen versuchte. Irgendwo unter ihm hörte er Ethan, der sich ebenfalls durch das Loch zwängte. Als Johns Sicht klarer wurde, erfasste er langsam die Umgebung – und hielt den Atem an.
Die Stadt breitete sich vor ihm aus wie ein gigantisches Grab aus Stahl und Beton. Verfallene Gebäude, die wie die Skelette urzeitlicher Riesen wirkten, ragten in den Himmel. Zwischen den Gebäuden wucherten Büsche und schlichte Pflanzen, die sich einen Platz erobert hatten. Straßen waren nur noch schwach zu erkennen, unter einem Teppich aus rostigen Trümmern und geborstenen Glasflächen, die im Licht schimmerten.
Kibbi summte bereits über ihnen, seine Antennen zuckten nervös, als er die Umgebung scannte. Ein leises, zufriedenes Piepen ertönte, als er zurückkam und einen sanften Lichtstrahl auf Ethan und John richtete, fast wie eine winzige Taschenlampe, die den Weg markierte.
„Wir müssen weiter,“ sagte Ethan und packte Johns Arm, um ihm auf die Beine zu helfen. Johns Muskeln protestierten, und sein Gleichgewicht war noch immer nicht vollständig zurück, aber Ethans Griff war fest.
Ethan ging voran, seine Schritte schnell und zielsicher, während John ihm so gut er konnte folgte. Trümmer und zerbrochene Metallteile versperrten den Weg, und John musste ständig über die Hindernisse steigen oder sich durch enge Lücken zwängen. Aber Ethan schien immer bedacht, dass der Weg nicht zu gefährlich wurde für John. Sie machten sogar einen Umweg von mehreren Blocks, weil Ethan nicht wollte, dass John über einen mehrere Meter hoch aufgetürmten Berg aus zerbrochenen Fenstern und Glasscherben steigen muss. Als John Ethan fragte wie die ganzen Fenster dort hingekommen sind antwortete Ethan: „Ich habe nicht genug Speicher, um mir alles zu merken was vor hunderten von Jahren passiert ist. Du kannst glücklich sein, dass ich mir gemerkt habe, dass ich dich da rausholen soll“.
„Wohin gehen wir eigentlich?“ keuchte John schließlich, als sie über einen weiteren Trümmerhaufen stiegen.
„Zum Rand der Stadt,“ sagte Ethan ohne Umschweife. „Dort gibt es ein Versteck. Aber zuerst müssen wir zu einem Lager, das ich angelegt habe, denn du brauchst Nahrung.“
Johns Magen zog sich zusammen, als er an Essen dachte. Seit seinem Erwachen aus der Stasis-Kapsel hatte er nichts zu sich genommen, und das war jetzt Stunden her. Die Müdigkeit und Erschöpfung, die auf ihm lasteten, ließen ihm die Knie weich werden, aber der Gedanke an Nahrung trieb ihn weiter an.
Nach einigen Minuten erreichten sie ein kleines Gebäude, das sich fast unsichtbar in die verfallene Umgebung fügte. Ethan blieb kurz stehen, warf einen prüfenden Blick zurück über die Schulter, bevor er die knarzende Tür aufschob.
„Hier müssen wir rein.“ Er verschwand im Inneren, und John folgte ihm.
Drinnen war es kühl und dunkel. Staub schwebte in der Luft, und die brüchigen Wände waren bedeckt von einer feinen Schicht aus Schmutz und kleinen Rissen, die sich wie Spinnweben über das Mauerwerk zogen. In einer Ecke des Raumes stand ein improvisiertes Regal, auf dem ein paar Vorräte gestapelt waren – einige Wasserflaschen, rostige Werkzeuge und eine Kiste mit Früchten, die John nicht kannte.
Ethan trat an das Regal und nahm eine Handvoll blassgrüner, runzliger Früchte. Er streckte John ein paar davon entgegen. „Hier,“ sagte er, „iss das. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.“
John nahm die Früchte zögernd und roch daran, ein süßlicher Geruch drang in seine Nase, doch als er hineinbiss, traf ihn ein säuerlich-bitterer Geschmack, der ihn fast das Gesicht verziehen ließ. Aber sein Hunger war stärker und mit der jedem Bissen füllte sich sein Magen, während Ethan ihn dabei beobachtete.
„Kibbi hat sie getestet, er ist darauf spezialisiert, sie sind gut für dich. Diese Früchte wachsen in der Wildnis,“ erklärte Ethan. „Dort draußen gibt es noch einige Dinge, die ohne Maschinen überleben können.“
„In der Wildnis?“ John blickte auf.
„Ja,“ sagte Ethan, aber seine Stimme klang nicht ermutigend. „Die Maschinen interessieren sich nicht für die Wildnis, denn dort gibt es keine Energie für sie. Aber es gibt andere Gefahren.“
„Und die Stadt?“ fragte John und deutete auf die zerfallenen Gebäude, die sie umgaben. „Warum kämpfen die Maschinen hier, wenn alles nur Schutt ist?“
Ethan betrachtete ihn einen Moment lang, seine metallischen Augen glänzten im schummrigen Licht. „Weil sie vergessen haben, was sie tun sollen,“ sagte er schließlich. „Frag nicht wie das passiert ist, ich weiß es nicht und ich weiß auch nicht, warum ich es noch weiß. Jetzt bekämpfen sie sich um die Energiequellen – die zwei Kraftwerke, eines im Norden der Stadt und eines im Süden. Nord gegen Süd, ein endloser Kampf um Energie, ohne dass sie wirklich wissen, warum.“
„Wir haben noch keine von ihnen gesehen.“
„Weil Kibbi uns um sie herum führt, aber wir müssen noch durch Gegenden, wo es nicht so leicht ist ihnen aus dem Weg zu gehen.“
John ließ diese Worte auf sich wirken, während er die letzten Reste einer Frucht herunterschluckte. Diese Welt, die Maschinen, der Krieg – es ergab alles keinen Sinn. Die Maschinen kämpften um Ressourcen, um Energie, aber sie dienten anscheinend keinem Zweck mehr.
Ethan packte die übrigen Früchte zurück und stellte die Kiste ordentlich ins Regal. „Kibbi hat die Umgebung gescannt. Die Route ist sicher – für jetzt.“
John nahm noch einen Schluck Wasser aus einer der Flaschen und stellte sich dann wieder an Ethans Seite, bereit, ihm zu folgen. Der Roboter schritt durch die kaputte Tür ins Freie, und John trat ihm nach, das Gewicht des Wissens und der Aussicht auf einen langen Weg lastete auf ihm.
Draußen schwebte Kibbi über den Trümmern und summte aufgeregt, seine Antennen zuckten, als er die Umgebung absuchte. Die Drohne flackerte ein paarmal auf, dann richtete sich der Lichtstrahl ihrer Sensoren wie ein winziger Leuchtturm nach vorn.
„Bleib dicht bei mir,“ sagte Ethan, als sie sich wieder in Bewegung setzten. „Auch wenn du denkst etwas wäre niedlich, es ist es nicht. Hier draußen ist alles gefährlich für dich.“