Ehemaliges Studio für Elektronische Musik des WDR

Wie kann man diese unterschiedlichen Wahrnehmungen erklären?
Mit einem Werk das als Kunst versagt weil es als Kommunikat offenbar nicht funktioniert. Wie schon gesagt.

Jemand mag das strukturierte Geräusch der Müllabführ auch als beeindruckende Musik erleben, das macht sie aber noch nicht zur Kunstperformance.

Auch dann nicht wenn einer das auf Quaddrophonie einspielt und eine Bedienungsanleitung dazu veröffentlicht ohne die die Aufnahme unverständlich bleiben soll. Gerade dann nicht.

Es geht auch nicht um einen diffusen nicht fassbaren "Gehalt", sondern um instantane Perzeption mental emotionaler komplexer Zustände
die vom Urheber auch so intendiert waren.
"Gänsehaut" ist da erstmal kein Kriterium, eine Geisterbahn ist noch keine Kunst, auch hier nähern wir uns wieder dem Religiösem,
einer Art Epiphanie, die zwar durchaus bei Kunst vorkommen kann, aber als Merkmal nicht ausreicht.

Ein Blick in eine atemberaubende Landschaft macht diese auch nicht zur Kunst, mag sie noch so bewegen.

Es ist wie gesagt ein Randbereich, aber wohl bereits auf der anderen Seite der wie immer gearteten Grenze, und zwar vermutlich der Grenze hin zur Religion, was die Art des Gedankengebäudes beim Urheber und beim Rezipienten an geht.
 
Kunst setzt auch infornationstheoretisch eine Art intuitives komplexes Code Book beim Empfänger voraus
das zB soziokulturelle und tiefenpsychologische Symbole enthält.
Gerade das fehlt dem Werk um das es hier geht ja, es ist idiosynkratisch.
Das kann Kunst sich halt nur in gewissen Grenzen erlauben, indem die Idiosynkrasie entschlüsselbar bleibt
oder eine andere Funktion innerhalb des Werkes einnimmt.
Das ist hier nicht der Fall.
Idiosynkrasie macht alleine macht keine Kunst, nicht mal im, Dada.
 
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Stockhausen hat Schwingungen aus dem All empfangen, nach eigenen Angaben war er ein Radioapparat.
 
Wie gesagt, Schostakowitsch.
Er hatte einen Schrapnellsplitter im Kopf.
Wenn er den Kopf neigte, hörte er Musik, die er dann aufschrieb.
 
Aber wer beurteilt anhand welcher Kriterien, ob ein "werk zuwenig gehalt enthält"?

Und was macht man in dem Fall, in dem verschiedene Hörer zu verschiedenen Urteilen über den "enthaltenen Gehalt" gelangen?

ich denke nicht, dass es ausreicht zur definition der "ausreichenden schöpfungshöhe" drei einzelbeispiele in form von fanboys anzuführen.

und bernie oder dirk sind auch ungeeignete beispiele um mich zu überzeugen, da die sich künstlerisch um einiges weiter weg von stockhausen befinden als ich. :) um nicht zu sagen, um welten!

bernie ist ja außerdem der auffassung, dass nur der wirklich künstler ist, dem es gelingt damit bekannt, berühmt, und reich zu werden, und erkleärt damit die hälfte aller weltbekannten maler und komponisten wörtlich zu "versagern".

und das ist glaube ich in der tat die stelle, an der sich die geister scheiden.

denn wer "stockhausen" derart überhebt, der disrespektiert damit gleichzeitig hunderte andere, die ganz ähnlich obsessiv ganz ähnlich tolle werke geschaffen haben, die nur leider niemand kennt.

weil eben nicht jeder beim WDR arbeiten will oder lust hat, sich als professor an einer hochshcule zu verdingen, weil das beides ja nicht nur möglichkeiten der selbstvermarktung, sondern auch den zwang, künstlerische kompromisse zu machen, mit sich bringt.


im allgemeinen sprachgebrauch ist "künstler", wer werke der kunst schafft und dazu auch eine gewisse kompetenz mitbringt.

und während man über die details sicher streiten kann, muss man an dieser stelle zunächst einmal zugeben, dass das zweifelsfrei auf stockhausen zutrifft.

was die definition im recht und in den wörterbüchern nicht hergibt, ist dabei einfach die zu unterschlagen, die man nicht kennt, und den begriff des "künstlers" auf die topstars und den des "kunstwerkes" auf deren arbeiten zu reduzieren.

es wird immer so getan, als ob die 5 leute, die am bekanntesten sind, die ersten und einzigen wären, die irgendwas erfunden und gemacht und geleistet hätten. tatsächlich haben wohl tausende andere künstler in den fünfzigern genau das gleiche gemacht wie stockhausen, und nein, das kann ich jetzt nicht belegen, weil ja 4995 davon vollkommen unbekannt sind.

Bernie findet Hymnen nicht langweilig, Dirk ebensowenig, ich auch nicht.

es gibt immer unterschiedliche bewertungen und empfindungen, weil die halt immer nur subjektiv sind.

Du vermutest dagegen, wenn ich Dich richtig verstanden habe, das Werk habe einen zu geringen Gehalt, und dass es Dir deshalb schwer fiele, etwas zu empfinden. Wie kann man diese unterschiedlichen Wahrnehmungen erklären?

zunächst bin ich, genau wie ihr fanboys umgekehrt auch, davon beeinflusst, dass ich eine wie auch immere geartete abstrakte oder intellektuelle kritik an schöpfer habe. das heißt, man weiß, dass es von stockhausen ist, und weil man den blöd findet, will man auch seine musik nicht mögen.

(es gibt auch sachen von ihm, die ich mag, das per zufall gefundene video, was ich oben verlinkt haben, finde ich aber wirklich grottenlangweilig)

in bezug auf die schöpfungshöhe, wenn du dir mal anschaust, was "schöpfungshöhe" dort, wo es nicht scherzhaft gemeint ist, bedeutet, dann wünsche ich dir viel spass dabei zu versuchen, eine aneinanderreihung von 9 drones und 5 sprechstimmenschnipsel bei der gema als partitur einzureichen um es als E musik registrieren zu lassen.

probiere es doch mal selbst aus die verschiedenen drones in dem obigen stück in der reihenfolge zu verändern. dann bleibt es das gleiche lied! :) wie bei vielen pop- und techno produktionen auch. wo ist da der fortschritt und die neuartigkeit, die sich stockhausen in dem interview zitat von oben selbst zuschreibt?
 
Zuletzt bearbeitet:
ja ja, ich widerspreche deiner idee nicht grundlegend, ich habs nur einfach auch mal nur formal und "von außen" betrachtet.

denn meine frage, welche beziehung zum werk denn wichtiger sei, die des rezipienten oder die des schöpfers, hat serge ja nicht beantworten wollen oder können.
 
:fressen:

Kommt mir vor wie in der Zeitschleife hier... bin fast sicher, den exakt selben Thread 1998 im Keyboards-Forum schonmal gelesen zu haben. Vielleicht täusche ich mich auch.
 
ich denke nicht, dass es ausreicht zur definition der "ausreichenden schöpfungshöhe" drei einzelbeispiele in form von fanboys anzuführen.
und bernie oder dirk sind auch ungeeignete beispiele um mich zu überzeugen, da die sich künstlerisch um einiges weiter weg von stockhausen befinden als ich. :) um nicht zu sagen, um welten!
Ich würde mich nicht als "Fanboy" von Stockhausen bezeichnen, finde aber einige seiner Kompositionen schon sehr bewundernswert.

ist ja außerdem der auffassung, dass nur der wirklich künstler ist, dem es gelingt damit bekannt, berühmt, und reich zu werden, und erkleärt damit die hälfte aller weltbekannten maler und komponisten wörtlich zu "versagern".
Das habe ich an keiner Stelle so geschrieben. Außerdem sind deine, ich zitiere: "weltbekannten maler und komponisten" ja bekannt und berühmt und somit keine Versager.
Ich bin lediglich der Meinung, das jemand noch lange kein Künstler ist, nur weil er das selbst von sich behauptet, sondern das die Gesellschaft das entscheidet.

denn wer "stockhausen" derart überhebt, der disrespektiert damit gleichzeitig hunderte andere, die ganz ähnlich obsessiv ganz ähnlich tolle werke geschaffen haben, die nur leider niemand kennt.

weil eben nicht jeder beim WDR arbeiten will oder lust hat, sich als professor an einer hochshcule zu verdingen, weil das beides ja nicht nur möglichkeiten der selbstvermarktung, sondern auch den zwang, künstlerische kompromisse zu machen, mit sich bringt.
Stockhausen war ja nicht der einzige Komponist, der dort gearbeitet hat, da gab es ganz viele großartige Künstler.
Stockhausen war aber in vielen Dingen unbestritten ein Wegbereiter in der neuen Musik.


in bezug auf die schöpfungshöhe, wenn du dir mal anschaust, was "schöpfungshöhe" dort, wo es nicht scherzhaft gemeint ist, bedeutet, dann wünsche ich dir viel spass dabei zu versuchen, eine aneinanderreihung von 9 drones und 5 sprechstimmenschnipsel bei der gema als partitur einzureichen um es als E musik registrieren zu lassen.
Das kann eigentlich nur einer schreiben, der noch nie auf dem Nagel saß.
 
Das hier wäre ja beim Besuch schön gewesen: Demonstration des Impulsgenerators mit dem Abstimmbaren Anzeigeverstärker.
ftp://ftp.scene.org/pub/music/groups/earlabs/lc12/utrecht7.mp3

Das rockt. Muss man schön laut hören, da lachen die Lautsprecher. Tanze dazu immer gerne abstrakt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Kann mir jemand bitte sagen, worauf, also welches Stück da gemeint ist, also falls das hier irgendwo verlinkt ist. Würde ich nämlich gerne mal hören. Oder ist das nur eine Anmerkung?
ich glaube das die Hymnen damit gemeint waren.
Es war für mich ein echtes Erlebnis, als ich das über Mehrkanalton hören konnte und da war ich nicht der Einzige, dem dabei die Kinnlade herunterfiel.
Wie die Einzelklänge der Stimmen im Raum angeordnet sind, sich manchmal verlieren aber dann wiederfinden um dann nur so um einen herumzufliegen -Wahnsinn...
Das ist schon ein richtiges großes Meisterwerk und hat mit ein paar Samples zusammenkleben wirklich nichts gemeinsam.
 
Es war für mich ein echtes Erlebnis, als ich das über Mehrkanalton hören konnte und da war ich nicht der Einzige, dem dabei die Kinnlade herunterfiel.
Wie die Einzelklänge der Stimmen im Raum angeordnet sind, sich manchmal verlieren aber dann wiederfinden um dann nur so um einen herumzufliegen -Wahnsinn...

Leider habe ich nicht die Möglichkeit mir dass so anzuhören. Mir bleibt da vorerst also nur das in Stereo zu hören, aber vielleicht ergibt es sich, so wie du es hören konntest, für mich ja in der Zukunft doch noch.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Nicht alles was glitzert ist Strass.

Vielleicht ist es auch eine Alters- und Lebenserfahrungssache.
Ich durfte Stockhausen in den 70ern als Kind hören - insofern fehlt mir der Moment des Hörers
in dem er endeckt daß es noch anderes gibt als er sich bisher vorgestellt hat.
Den kenne ich natürlich von anderer Musik dafür.
Aber in Bezug auf dieses Werk fehlt mir das - ganz normales Zeug, quasi.
Als Kind stellt man viele Dinge ja einfach als gegeben hin und nicht weiter in Frage.

Das ist natürlich was anderes als jemand der mit 16 oder 46 das zum ersten mal hört,
besonders wenn er einen eher eingeschränkten Horizont von zu hause aus hatte.
Und zB ein ganz andere Jahrgang ist.

Dann wirkt es ganz anders vermute ich, und in Bezug auf diese Leute mag es dann tatsächlich die Anforderungen an ein Kunstwerk erfüllen.
Das kann ich nicht ausschließen.
 
Manchmal eröffnen sich einem Dinge im Leben, wenn man sich mit ihnen beschäftigt.

Dazu fällt mir ein:

Meistens ist es so, dass Musik, die kaum mehr süßliche Akkorde enthält und nur wenige periodische Rhythmen - überhaupt wenig Elemente, die man schon kennt -, die Menschen sehr viel wacher macht. Es ist so ähnlich, als wenn man eine Reise in ein Land macht, wo man noch nie gewesen ist. Das ist einfach aufregend - man ist in der Fremde viel interessierter an sich selbst als in gewohnter Umgebung: »Wie reagiere ich jetzt - und jetzt - und jetzt?« >Popmusik< berührt ihre 'Fans' so wie Leute, die immer in derselben Gegend Ferien machen, nicht wahr? Es soll nicht ganz dasselbe sein wie beim letzten Mal, aber auch nicht zu verschieden und erst recht nicht zu ungewohnt: das wäre ja viel zu anstrengend ... und wozu auch ...

Karlheinz Stockhausen – Texte zur Musik, Band 4, Seite 505
 
Schönes Zitat, ich dachte erst es wäre von Dir, unaufmerksam gelesen.
Es trifft natürlich auf die Musik der Zeit mehr zu als heute.
Und verwechselt ein bisschen die Form mit dem Inhalt, auch wenn man beides nie ganz trennen kann.
 
Frage: Schreiben Sie denn Musik für die über-menschliche Minorität?

Stockhausen: Nun, wenn Sie dazu gehören wollen, ja. Ich schreibe überhaupt nicht Musik für bestimmte Menschen, was bedeutet, daß ich Musik schreibe, weil sie geschrieben werden muß; sie kommt in mich hinein und ich muß sehr hart daran arbeiten, sie so genau wie möglich zu komponieren, und dann können Sie damit machen, was Sie wollen.

Frage: Wenn Sie so viel Zeit darauf verwenden, Ihre Musik herzustellen und zu kommunizieren, stört es Sie dann nicht, daß sie nicht mit einer großen Zahl der Menschheit kommuniziert?

Stockhausen: Oh nein. Wenn ich das gewollt hätte, so wäre ich der beste Konkurrent der Beatles gewesen, und was die für nur sieben Jahre geschafft haben, hätte ich wahrscheinlich ein bißchen länger geschafft, denn Sie können sicher sein, daß ich niemals in solch einem Quartett gearbeitet hätte. Nein, wann immer die große Menge sich nach der Mode richtet, dann richtet sie sich nach Mittelmäßigkeit und Banalität.

Karlheinz Stockhausen, „Texte zur Musik 1970 – 1977“, Band 4
Ausschnitt aus „Frage und Antworten zu den ‚Vier Kriterien ...’“
 


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