Die sieben Todsünden der Elektronischen Musik

Das ist ein treffendes Schlusszitat!


Jetzt muss ich aber erstmal rüber ins Veganer-Forum und denen mal erklären wie man ein Rumpsteak richtig grillt!
 
Meistens ist es so, dass Musik, die kaum mehr süßliche Akkorde enthält und nur wenige periodische Rhythmen - überhaupt wenig Elemente, die man schon kennt -, die Menschen sehr viel wacher macht. Es ist so ähnlich, als wenn man eine Reise in ein Land macht, wo man noch nie gewesen ist. Das ist einfach aufregend - man ist in der Fremde viel interessierter an sich selbst als in gewohnter Umgebung: »Wie reagiere ich jetzt - und jetzt - und jetzt?« >Popmusik< berührt ihre 'Fans' so wie Leute, die immer in derselben Gegend Ferien machen, nicht wahr? Es soll nicht ganz dasselbe sein wie beim letzten Mal, aber auch nicht zu verschieden und erst recht nicht zu ungewohnt: das wäre ja viel zu anstrengend ... und wozu auch ...

KHS, Texte zur Musik, Band 4, Seite 505
 
Elektrokamerad schrieb:
>Popmusik< berührt ihre 'Fans' so wie Leute, die immer in derselben Gegend Ferien machen, nicht wahr? Es soll nicht ganz dasselbe sein wie beim letzten Mal, aber auch nicht zu verschieden und erst recht nicht zu ungewohnt: das wäre ja viel zu anstrengend ... und wozu auch ...
Na und? Ich bin da im Urlaub und nicht auf Expedition.

(Und echte Popmusik hören und geniessen ist so debil und langweilig, wie über die Jahre immer wieder durch Frankreich gondeln und kleine unbekannte Weinbauern entdecken. Und wenn man dann als Weißweintrinker die Cote d'Auxerre entdeckt hat, dann guckt man sich auch mal das wunderhübsche Colette Museum in Saint Sauveur en Puisaye an. Und weil guter Pop immer auch ein verstörendes Element haben sollte, findet man auf dem Rückweg heraus, dass der Arsch der Welt ganz in der Nähe ist).

Gruss, Florian
 
Gut, dann brauchst du auch nicht den Mitschnitt, den ich dir sonst zugeschickt hätte.
 
schon wieder was gelernt, der Arsch der Welt ist ja gerade mal 250km von mir entfernt
 
Elektrokamerad schrieb:
Meistens ist es so, dass Musik, die kaum mehr süßliche Akkorde enthält und nur wenige periodische Rhythmen - überhaupt wenig Elemente, die man schon kennt -, die Menschen sehr viel wacher macht...
Sehe ich auch so, nur scheint das bei vielen eher dazu zu führen, dass sie ihre Ohren verschließen, weil sie eben die Alltäglichkeit aus dem Radio gewohnt sind. Schwierig wird es halt immer da wo etwas mit dem gewohnten bricht.


Quelle: http://player.soundcloud.com/player.swf?url=http://soundcloud.com/user-2/b-meisen


...Es ist so ähnlich, als wenn man eine Reise in ein Land macht, wo man noch nie gewesen ist.
Finde ich auch spannender. Aber was für den einen eine interessante Reise ist, kann genauso gut für einen anderen eher zur Tortur werden da er eventuell den dortigen Sitten und Gebräuchen, oder dem ganzen Umfeld, nichts abgewinnen kann. Mit dem Reisen ist das so eine Sache, der eine bevorzugt Amrum ein anderer wiederum Rhodos.

Kleine Fernreise gefällig?

Quelle: http://player.soundcloud.com/player.swf?url=http://soundcloud.com/user-2/drone-work-synth1-at-2
 
Ja, die sind von mir. Info: Wurde in Echtzeit so gemacht wurde, also in einem Rutsch und aufgenommen. Darum sollte es aber nicht gehen, schon gar nicht um das "womit", denn dem wird mir viel zu viel Bedeutung beigemessen. Ich hatte mich bei der Sendung nur ein wenig darüber aufgeregt (war wohl am Ende der Sendung und so genau bekomme ich das nicht mehr zusammen) das für mich durchkam, dass es früher ja viel schwieriger war mit den Computern etc. und echte Arbeit und so. Ich rege mich nur wieder mal darüber auf, das alles immer total kompliziert und offensichtlich schwer herzustellen sein muss bevor es einen Wert in Teilen der Musikwelt hat. Mehr nicht, kann das einfach nicht mehr hören, auch, wenn das nur im Hintergrund so mit schwang.
 
Paul McCartney hat Yesterday in 5 Minuten komponiert, da sollte es dir am Arsch vorbei gehen, wenn andere Menschen für ihr Gedudels Jahre benötigen.

Im Gegensatz dazu kann ich beliebige Wörter an einanderfügen und ein Buch mit 800 Seiten in Sekunden füllen, bin dennoch kein Thomas Mann.

Zicke, zacke, Hühnerkacke ...
 
Elektrokamerad schrieb:
Paul McCartney hat Yesterday in 5 Minuten komponiert, da sollte es dir am Arsch vorbei gehen, wenn andere Menschen für ihr Gedudels Jahre benötigen.

Das ist wohl richtig, bzw. sollte das bei mir auch so sein.
 
Illya F. schrieb:
Ja, die sind von mir. Info: Wurde in Echtzeit so gemacht wurde, also in einem Rutsch und aufgenommen. Darum sollte es aber nicht gehen, schon gar nicht um das "womit", denn dem wird mir viel zu viel Bedeutung beigemessen. Ich hatte mich bei der Sendung nur ein wenig darüber aufgeregt (war wohl am Ende der Sendung und so genau bekomme ich das nicht mehr zusammen) das für mich durchkam, dass es früher ja viel schwieriger war mit den Computern etc. und echte Arbeit und so. Ich rege mich nur wieder mal darüber auf, das alles immer total kompliziert und offensichtlich schwer herzustellen sein muss bevor es einen Wert in Teilen der Musikwelt hat. Mehr nicht, kann das einfach nicht mehr hören, auch, wenn das nur im Hintergrund so mit schwang.

Mach es so, dass es Dir gut tut. Banal, aber mehr gibts nicht zu sagen.
 
Mich würde mal interessieren ob beim beurteilen von E-Musik der persönliche Geschmack eine Rolle spielen darf, oder ob dass nur nach objektiven Gesichtspunkten geschieht!?

Darf z.B. ein Frank Hilberg auch einfach mal was gut finden, oder muss alles Musikwissenschaftlich begründet werden...
 
Somit wären Ergebnisse, die früher viel Arbeit waren und heute durch wenige Handgriffe zu erledigen sind weniger wertig und somit eher vom Wissen des Komponisten zur entsprechenden Zeit abhängig?
 
danielrast schrieb:
Mich würde mal interessieren ob beim beurteilen von E-Musik der persönliche Geschmack eine Rolle spielen darf, oder ob dass nur nach objektiven Gesichtspunkten geschieht!?

Darf z.B. ein Frank Hilberg auch einfach mal was gut finden, oder muss alles Musikwissenschaftlich begründet werden...

was sollen denn objektive gesichtspunkte sein? man könnte höchstens seine eigenen kriterien "objektivieren" in dem sinn, daß man jedes stück an diesem katalog mißt:
ist es zu leer, ist es zu voll, zu viel effekthascherei, zu gleichförmig, ...
objektivierbar wäre das, wenn man eine maßeinheit hätte, am besten mit einem bewertungsbogen zum mitzählen: 15 mal swoosh und 10 mal boing in 7 minuten - macht einen aufdringlichkeitsfaktor von 3,7.. erlaubt ist aber höchstens 2,5 (alles unter 1,9 ist aber auch schon wieder zu gleichförmig, darum nicht wieder ins andere extrem verfallen bitte): das versuchen wir dann aber nochmal, nicht karlheinz?
 
Meine Frage ist absichtlich so gestellt. Aber bezüglich Todsünden: Musik darf alles ;-)
Aber mir gehts um einen ganz anderen Aspekt als der ob etwas richtige XY ist. Das kann jeder für sich selbst festlegen. Interessant ist daran bestenfalls, dass und wie wir als Gesellschaft Begriffe und Definitionen bilden und wie sie sich über die Zeit verändern. Aber das seh ich als Artefakt an. Daher habe ich hier sonst auch nichts gepostet. Hier interessieren mich die Musik und als zweites die genannte Sache.

Das geht natürlich auch schnell über in die schon oft geführte Diskussion von Kunst und wann Kunst Kunst ist. Wann ist etwas Musik und wann mehr als das oder von bleibendem Wert. Und wer bestimmt das. Mal schauen, was von der Popmusik übrig bleibt. Es spielen hier verdammt viele andere Dinge mit, die faktisch gar nicht genannt wurden. Dazu gehören bestimmte Institutionen, Kanäle und Wirkweisen von Weitergabe über die Zeit und das Volksgedächtnis insgesamt. Wobei wir es gut haben: Heute kann man viel mehr festhalten als früher, dennoch gibt es Werke, die auch heute nur unzureichend festgehalten wären, wenn man sie nur mitschneiden würde.
 
cover_cd_13_textheft.jpg


Doppel-CD, gesprochen und mit Musikbeispielen vom Komponisten, zu beziehen über stockhausen.org
http://stockhausen.org/special_edition_text_cdsE.pdf
 
@ DamDuram

Das mit dem fehlenden Gestaltungswillen kann ich schlecht nachvollziehen, da ich nur bis zu dem Punkt aktiv bin wo ich meine die Sache ist im Kasten. Man kann natürlich bis zum jüngsten Tag an etwas sitzen, das ist kein Problem, nur erlangt man über die Jahre eigentlich die Fähigkeit zu erkennen wann Schluss ist. Mir gibt es rein gar nichts, wenn ich noch Tage oder Wochen an etwas sitze obwohl ich mein Ziel schon erreicht habe. Klar, das kann ich tun, ich kann Wochen damit verbringen etwas noch weiter zu gestalten, aber wozu?
Wenn ich mit etwas meiner Meinung nach fertig bin, dann ist das so und falls der Braten dann irgendwelchen Leuten nicht schmeckt ist das ja nun wirklich deren Problem.
 
@danielrast und andere:
Bin immer noch der Meinung, dass es eine "augenzwinkernde" Sendung war und die Diskussion
daher ruhig gelassener sein dürfte. Hinweise wie (am Anfang) "Predigt" und der biblische Bezug,
lassen für mich kaum einen anderen Schluß zu.
Selbstironie bei der verknarzten alten zeitgenössischen Musik ist doch durchaus begrüßenswert!
 
Illya F. schrieb:
@ DamDuram

Das mit dem fehlenden Gestaltungswillen kann ich schlecht nachvollziehen, da ich nur bis zu dem Punkt aktiv bin wo ich meine die Sache ist im Kasten. Man kann natürlich bis zum jüngsten Tag an etwas sitzen, das ist kein Problem, nur erlangt man über die Jahre eigentlich die Fähigkeit zu erkennen wann Schluss ist. Mir gibt es rein gar nichts, wenn ich noch Tage oder Wochen an etwas sitze obwohl ich mein Ziel schon erreicht habe. Klar, das kann ich tun, ich kann Wochen damit verbringen etwas noch weiter zu gestalten, aber wozu?
Wenn ich mit etwas meiner Meinung nach fertig bin, dann ist das so und falls der Braten dann irgendwelchen Leuten nicht schmeckt ist das ja nun wirklich deren Problem.

Das sehe ich ähnlich,

bei Mona Lisa hat sich auch noch niemand beschwert, dass keine detailierte Blümchentapete den Hintergrund ziert.
 
Noch zu Beginn des 20. Jh. war der Umgang mit Musik und die Diskussion über deren Sinn und Bestimmung einem verschwindend geringen, aber um so sachkundigeren Teil der Gesellschaft vorbehalten. Dieses Verhältnis – der kleinen elitären Gruppe Privilegierter hier und der großen unbeteiligten Masse dort – hat sich durch die zunehmende mediale Verbreitung von Musik nur äußerlich gewandelt. Musik ist zwar heute für jeden erreichbar. Diese an sich positiv zu wertende Tatsache kommt jedoch nicht ohne bitteren Beigeschmack, denn es fehlt in den allermeisten Fällen an Bildung, auch der des Gehörs.
http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitgen%C3%B6ssische_Musik
 
Elektrokamerad schrieb:
Dieses Verhältnis – der kleinen elitären Gruppe Privilegierter hier und der großen unbeteiligten Masse dort – hat sich durch die zunehmende mediale Verbreitung von Musik nur äußerlich gewandelt. Musik ist zwar heute für jeden erreichbar. Diese an sich positiv zu wertende Tatsache kommt jedoch nicht ohne bitteren Beigeschmack, denn es fehlt in den allermeisten Fällen an Bildung, auch der des Gehörs.
http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitgen%C3%B6ssische_Musik

So entstand die "Hausmusik"
Und aus Haus wurde House
 
Eine weitere Folgeerscheinung ist die Schaffung von spezialisierten Foren für die Aufführung der Neuen Musik. Schönbergs „Verein für musikalische Privataufführungen“ (1918) ist ein früher konsequenter Schritt, der die „Neue Musik“ jedoch langsam aus dem Gesichtsfeld des (quantitativ großen) Konzertpublikums entfernt und sie zu einer Angelegenheit von Spezialisten für Spezialisten werden lässt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitgen%C3%B6ssische_Musik
 
dotterl schrieb:
@danielrast und andere:
Bin immer noch der Meinung, dass es eine "augenzwinkernde" Sendung war und die Diskussion
daher ruhig gelassener sein dürfte. Hinweise wie (am Anfang) "Predigt" und der biblische Bezug,
lassen für mich kaum einen anderen Schluß zu.
Selbstironie bei der verknarzten alten zeitgenössischen Musik ist doch durchaus begrüßenswert!

man kann auch ernste kritik in amüsanter weise vortragen. grundsätzlich nehme ich alles aus dem kritiker- und feuilletonbetrieb bitterlich ernst, erst dann kann man die realsatire so richtig genießen.
besonders positiv fiel mir in dieser richtung eine radiosendung auf, die kleine schnippsel (von max. 30 sek.) unterschiedlicher aufnahmen eines klassischen werkes analysierten und sich anschließend in geselliger runde gegenseitig versicherten, daß sie den komponisten besser verstanden haben als der zuständige dirigent.
sowas hat seine berechtigung, solang die konsumenten es lesen und hören wollen. aber es bleibt ein vertreten von meinungen, wer sich dabei selbstreflektierend nicht zu ernst nimmt, ist gut beraten.
das verkünden von wahrheiten bleibt dann christus, dem papst, stockhausen und anderen lichtgestalten vorbehalten ;-)
 
Sehe ich auch so, nur scheint das bei vielen eher dazu zu führen, dass sie ihre Ohren verschließen, weil sie eben die Alltäglichkeit aus dem Radio gewohnt sind. Schwierig wird es halt immer da wo etwas mit dem gewohnten bricht.

So einfach ist das leider nicht!

Prince hat auch mit hörgewohnheiten gebrochen oder von mir aus Radiohead!!

Das ist ja das schöne am "Pop": Grenzüberschreitung gehört zum guten handwerk!!!
 
Elektrokamerad schrieb:
bahnen schrieb:
das verkünden von wahrheiten bleibt dann christus, dem papst, stockhausen und anderen lichtgestalten vorbehalten ;-)
Von 1971 an war er Professor für Komposition an der Musikhochschule Köln, bis er dort 1977 gegen seinen Willen seines Amtes enthoben wurde.
http://de.wikipedia.org/wiki/Karlheinz_Stockhausen

christus war tischler und anführer einer kleinen sekte, bis er 33 ans kreuz genagelt wurde.
http://de.wikipedia.org/wiki/Jesus_Christus
 
peter uertz schrieb:
Prince hat auch mit hörgewohnheiten gebrochen oder von mir aus Radiohead!!

Das ist ja das schöne am "Pop": Grenzüberschreitung gehört zum guten handwerk!!!

Wenn wir schon diesen Exkurs machen:
Ist es nicht phantastisch, dass ausgerechnet im Bereich des Mainstream Pop/Rock mehr Innovation stattfand,
als in der "normalen" elektronischen Musik? (= Synthesizermusik oder welche Schublade auch immer).
Prince, Michael Jackson, ansatzweise Madonna (da war natürlich der Produzent ausschlaggebend) usw.
Ausgerechnet da, wo man Konservativität erwartet passiert das Gegenteil - und umgekehrt.
 
Illya F. schrieb:
@ DamDuram
Wenn ich mit etwas meiner Meinung nach fertig bin, dann ist das so und falls der Braten dann irgendwelchen Leuten nicht schmeckt ist das ja nun wirklich deren Problem.

das ist meiner meinung nach eine wichtige fähigkeit, die man im laufe seiner persönlichen / schöpferischen entwicklung ausbilden muss - die fähigkeit und bereitschaft, sich ab einem gewissen aufwand oder grad der gestaltwerdung, den man mit sich selbst ausmachen muss, von seinem werk zu lösen und es freizugeben, auch wenn man das werk noch nicht perfekt findet. das heißt: LOSLASSEN KÖNNEN und den ANSPRUCH AUF PERFEKTION AUFGEBEN.

man kann das üben. man kann damit experimentieren. mach mal 1 woche lang jeden tag einen track, und am ende des tages - selbstauferlegte regel - wird der freigegeben.

Schneefels
 
Homebild-Maerz-2008.jpg


Schneefels schrieb:
..., von seinem werk zu lösen und es freizugeben
Im Zusammenhang mit diesem Forum von "Werk" zu sprechen, ist schon recht armselig. Bisher ist mir hier auf jeden Fall Musik, die diese Bezeichnung verdienen könnte, nicht untergekommen. Und dann auch noch in einer Diskussion zur "ernsten" Elektronischen Musik. Lächerlich. "Tracks" passt sicherlich besser, sind die Beispiele durch die Bank doch maximal als "Spuren", d.h. als ein Teil eines möglichen Musikstückes zu verstehen, die allein gestellt recht wenig mit fertiger Musik gemeinsam haben und erinnern zum Teil an ein Kleinkind, das Aa gemacht hat, und stolz wie Oskar drauf ist. Ja, ich bin klinderlieb.
 


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