Phil999
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das sind jetzt alles reine Vermutungen, aber ich habe den Eindruck, dass Herr Wilder später sein Potential nicht ausnutzen konnte. Mit der Gruppe DM ging es optimal; sogar als musikalisch-technischer Leiter von DM. Ein enormes Talent. Aber auch da schon Nörgeleien wegen mangelndem Respekt von Seiten der anderen Bandmitglieder, wegen den ausufernden Tanzbäreinlagen des Sängers bei Konzerten, und schliesslich der Abgang, der ihm scheinbar nicht gut getan hat. Auch sein Äusseres nachher deutete auf eher ungesunden Lebenswandel hin, oder jedenfalls auf Vernachlässigung. Drogen, Alkohol, ein paar Millionen Pfund auf dem Konto, das kann schiefgehen. Und es scheint schiefgegangen zu sein.
Diese Vermutungen basieren einfach nur aus Beobachtungen. Bilder, Interviews, Kommentare, die Musik (Recoil). Das schien plötzlich nicht mehr unter einem guten Stern zu stehen. Ich machte mir schon damals irgendwie Sorgen, denn er war und ist eigentlich ein Vorbild von mir. Der stille Keyboarder ohne Starallüren, der nachts noch mit Gareth Jones und Daniel Miller am ARP2600 und am Synclavier herumprogrammiert, während die anderen eins trinken gegangen sind und Feierabend haben.
So nach 30 hatte ich auch mal so eine Phase, wo ich nicht mehr so stark war, nicht mehr so inspiriert, nicht mehr so jung, nicht mehr so hübsch, und vermehrt in Exzessen meinen Trost fand. Glücklicherweise sind es gerade solche Beispiele von Vorbildern wie Alan Wilder, die mir schon vorher zeigten, wie es enden kann, und ich finde die Kraft für einen Neuanfang und neuen Mut. Wüsste ich nichts von den Gefahren und den Folgen, und hätte noch viel Geld und einen grossen Namen ... es würde mir wohl ähnlich ergangen sein.
Aber vielleicht sehe ich das viel zu schwarz. Wilder ist vermutlich gar nicht so schlecht drauf wie ich es hier erscheinen liess.
Zum Problem "Leben als Musiker": ich bin da wohl recht naiv, denn ich teile nicht ganz die Meinung, die in dieser Diskussion vertreten wird. Also genau genommen gehe ich mit dieser Meinung schon einig, aber etwas in mir sträubt sich dagegen. Einerseits ist das meine fehlende Professionalität (ich habe noch nie nur einen Cent gekriegt für Arbeit im Musikbereich), andererseits auch der Glaube, dass Qualität sich auszahlt. Egal welches Metier.
Zum Beispiel las ich kürzlich ein Interview mit Andrew Belew. Kenne dessen Musik nicht oder nur ansatzweise. Er erzählt, er habe einfach viel Musik gemacht als junger Mann. Offenbar auch mächtig Freude gehabt daran. Schlagzeug, später autodidaktisch Gitarre, womit er später dann sehr berühmt wurde. Und jetzt kommt der springende Punkt: eines Tages soll sich einer von King Crimson bei ihm gemeldet haben, und kurz darauf war er nicht nur Mitglied, sondern auch Songwriter. Hauptsongwriter bei mehreren Alben. Bei King Crimson, der Gruppe, die er so sehr liebte.
Und Frank Zappa, Talking Heads, Laurie Anderson, etc. Es war also nicht sein (nicht existierender) Manager, oder seine nicht existierende Facebookseite, die ihm die Türen zur Musikwelt öffneten. Es war sein Gitarrenspiel, seine Kunst. Wenn jemand herausragt, spricht sich das herum. Internet hin oder her.
So denke ich funktioniert es immer noch heute. Wer gut ist, der wird gehört. Nicht immer adäquat entlöhnt, aber erhört. Je nach Güte der Kunst kann es sogar sein, dass sich die Leute um so eine Person reissen, denn die Konkurrenz ist nicht sehr gross. Aber wie auch immer, ein guter Musiker muss sich im Grunde genommen keine grossen Sorgen machen. Und je mehr er übt, je mehr er seine Kunst verfeinert und erweitert, desto wahrscheinlicher ist es, dass mal jemand von einer bekannten Gruppe anruft, ob er Zeit habe, bei der nächsten Tournee oder Album mitzumachen.
Hier denke ich (ich komme nochmals auf meine Spekulationen über Alan Wilder zurück), dass er solche Gelegenheiten verschlafen hat, und dass er auch selbst sich an der Nase nehmen muss. Sich auf den Lorbeeren ausruhen und faul werden zahlt sich nie aus. Ich wünsche ihm, dass er im neuen Studio wieder zur alten Schaffenskraft zurückfindet. Und in der Zwischenzeit ein paar Klavierstücke schreibt. Dazu braucht's kein Studio, Papier und Bleistift genügen da.
Aus meiner Sicht ist das kein Rumtrampeln und keine Schadenfreude. Es ist eine aufrichtige Kritik, mit der ich auch einen Freund konfrontieren würde. Eine Kritik, die im Grunde hilfreich sein soll. Und - ganz im Sinne meiner Signatur - auch eine Selbstreflexion. Fast immer, wenn ich so lange Texte schreibe, hat es auch etwas mit mir selber zu tun.
Diese Vermutungen basieren einfach nur aus Beobachtungen. Bilder, Interviews, Kommentare, die Musik (Recoil). Das schien plötzlich nicht mehr unter einem guten Stern zu stehen. Ich machte mir schon damals irgendwie Sorgen, denn er war und ist eigentlich ein Vorbild von mir. Der stille Keyboarder ohne Starallüren, der nachts noch mit Gareth Jones und Daniel Miller am ARP2600 und am Synclavier herumprogrammiert, während die anderen eins trinken gegangen sind und Feierabend haben.
So nach 30 hatte ich auch mal so eine Phase, wo ich nicht mehr so stark war, nicht mehr so inspiriert, nicht mehr so jung, nicht mehr so hübsch, und vermehrt in Exzessen meinen Trost fand. Glücklicherweise sind es gerade solche Beispiele von Vorbildern wie Alan Wilder, die mir schon vorher zeigten, wie es enden kann, und ich finde die Kraft für einen Neuanfang und neuen Mut. Wüsste ich nichts von den Gefahren und den Folgen, und hätte noch viel Geld und einen grossen Namen ... es würde mir wohl ähnlich ergangen sein.
Aber vielleicht sehe ich das viel zu schwarz. Wilder ist vermutlich gar nicht so schlecht drauf wie ich es hier erscheinen liess.
Zum Problem "Leben als Musiker": ich bin da wohl recht naiv, denn ich teile nicht ganz die Meinung, die in dieser Diskussion vertreten wird. Also genau genommen gehe ich mit dieser Meinung schon einig, aber etwas in mir sträubt sich dagegen. Einerseits ist das meine fehlende Professionalität (ich habe noch nie nur einen Cent gekriegt für Arbeit im Musikbereich), andererseits auch der Glaube, dass Qualität sich auszahlt. Egal welches Metier.
Zum Beispiel las ich kürzlich ein Interview mit Andrew Belew. Kenne dessen Musik nicht oder nur ansatzweise. Er erzählt, er habe einfach viel Musik gemacht als junger Mann. Offenbar auch mächtig Freude gehabt daran. Schlagzeug, später autodidaktisch Gitarre, womit er später dann sehr berühmt wurde. Und jetzt kommt der springende Punkt: eines Tages soll sich einer von King Crimson bei ihm gemeldet haben, und kurz darauf war er nicht nur Mitglied, sondern auch Songwriter. Hauptsongwriter bei mehreren Alben. Bei King Crimson, der Gruppe, die er so sehr liebte.
Und Frank Zappa, Talking Heads, Laurie Anderson, etc. Es war also nicht sein (nicht existierender) Manager, oder seine nicht existierende Facebookseite, die ihm die Türen zur Musikwelt öffneten. Es war sein Gitarrenspiel, seine Kunst. Wenn jemand herausragt, spricht sich das herum. Internet hin oder her.
So denke ich funktioniert es immer noch heute. Wer gut ist, der wird gehört. Nicht immer adäquat entlöhnt, aber erhört. Je nach Güte der Kunst kann es sogar sein, dass sich die Leute um so eine Person reissen, denn die Konkurrenz ist nicht sehr gross. Aber wie auch immer, ein guter Musiker muss sich im Grunde genommen keine grossen Sorgen machen. Und je mehr er übt, je mehr er seine Kunst verfeinert und erweitert, desto wahrscheinlicher ist es, dass mal jemand von einer bekannten Gruppe anruft, ob er Zeit habe, bei der nächsten Tournee oder Album mitzumachen.
Hier denke ich (ich komme nochmals auf meine Spekulationen über Alan Wilder zurück), dass er solche Gelegenheiten verschlafen hat, und dass er auch selbst sich an der Nase nehmen muss. Sich auf den Lorbeeren ausruhen und faul werden zahlt sich nie aus. Ich wünsche ihm, dass er im neuen Studio wieder zur alten Schaffenskraft zurückfindet. Und in der Zwischenzeit ein paar Klavierstücke schreibt. Dazu braucht's kein Studio, Papier und Bleistift genügen da.
Aus meiner Sicht ist das kein Rumtrampeln und keine Schadenfreude. Es ist eine aufrichtige Kritik, mit der ich auch einen Freund konfrontieren würde. Eine Kritik, die im Grunde hilfreich sein soll. Und - ganz im Sinne meiner Signatur - auch eine Selbstreflexion. Fast immer, wenn ich so lange Texte schreibe, hat es auch etwas mit mir selber zu tun.