Re: Auflösung
swissdoc schrieb:
Der Wandler macht doch genau das, eben kontinuierliche Werte diskretisieren. Ich bin ja gerne bereit, mein Verständnis der Dinge zu revidieren, aber wie funktioniert Digital-Audio denn dann? Warum kann ich bei der Küchenwage von Auflösung sprechen (nicht Genauigkeit), also sagen wir mal, die Masse zwischen 0 und 255 g wird mit 8 bit gewandelt, dann kommt man auf einen Auflösung von 1g, nicht aber bei einem A/D Wandler der eine Spannung von sagen wir -127 bis 128 mV mit 8 bit wandelt und somit eine Auflösung von 1mV hat.
Die Waage dithert nicht. Das verschafft ihr einen kleineren Fehler, aber eine begrenzte Auflösung. Ein Audiowandler, der nicht dithert, ist eine Fehlkonstruktion. Mit Dither ist die nackte "Wandlerauflösung" natürlich immer noch da - das Gesamtsystems "Audiowander" hat da aber keine Grenze mehr. Letztlich ist jeder (einzelne) Messwert genau so stark verrauscht, wie eine Wandlerstufe groß ist - der Fehler der begrenzten Auflösung "versteckt" sich hinter dem Rauschen. (Oder auch: der Unterschied zwischen dem zugefügten Dither (Rauschen) und dem Rauschen im Signal ist der Fehler durch die begrenzte Auflösung. Eines der ekligeren Verständnisprobleme ist dann, das (Rauschen-Auflösungsfehler) immer noch Rauschen ist ... )
Der eigentlich Hardware-Wandler (ein kleiner Teil auf dem Chip, den man als "Wandler-IC" kauft) in deinem Audiointerface hat vielleicht 5 Bit. D.h. der kann das Signal eigentlich nur mit 1/32tel "Auflösung" erfassen. Das funktioniert aber eben deshalb doch, weil man durch das Dithering etwas Genauigkeit (Störabstand) gegen prinzipiell unendliche Auflösung eintauscht.
In meinen Beispielen kostet das 4,7dB Störabstand - aber ich kann dadurch eben auch Signal-Unterschiede Auflösen, die viel kleiner als die kleinste Stufe ("das letzte Bit") sind.
(Die Wandler-ICs dealen noch Bandbreite gegen Störabstand und können dadurch auch noch das Antialising-Filter weitgehend digital rechnen - das wirkt schon ziemlich Münchhausen-mäßig. Das Verfahren hat dann auch noch den Vorteil, das man relativ beliebige Wortbreiten ausrechnen kann. Die unteren Bits sind dann halt nicht wirklich mit dem Signal korreliert, aber viele Bits suggerieren halt dolle Qualität und genaueste Signalerfassung. )
Was mich an dem Begriff Auflösung stört ist seine systematisch irreführende Benutzung: es wird damit suggeriert, das Audiosignal würde irgendwie generell besser übertragen werden. Das dabei lediglich der Störabstand, der für keinen normalen CD-Hörer je ein Problem war, verbessert wird, wird m.E. absichtlich missverständlich dargestellt.
Das der Begriff auch noch falsch ist, weil es eben gar keine begrenzte Auflösung, sondern nur einen begrenzten Störabstand gibt, zu einem Störsignal das dann auch nur Rauschen ist, dass schlägt dem Fass einfach den Boden aus.
Und mit Verlaub:
a) wenn ihr den obigen "Spielzeug"-Track 100 Leuten vorspielt, wie viele würden den Fehler als "da fehlt aber die Auflösung" beschreiben?
b) Wie würden die Leute den Klang-Mangel des -96dB Track beschreiben?
Ich meine einfach, wer da immer noch darauf besteht, größere Wortbreite als "mehr Auflösung" zu beschreiben, der *will* mit dieser Wortwahl bescheißen.
Natürlich *wollen* die Leute Tracks die "feiner aufgelöst" klingen. Weil sie auf den superverdichteten, mit Klirrartefakten aus Limiter und "fettmachenröhrengear" zugerümpelten Sound keinen Bock mehr haben. Aber das erreicht man sicher nicht, wenn man an die Digitalsignale noch ein paar unhörbare LSBs anhängt.