noisefactory schrieb:
Das ist richtig, der Umsatz digitaler Musikformate ist insgesamt gestiegen, was ja auch nicht verwundert. Jedoch setzt man mit Musik heute insgesamt viel weniger um als noch in den 90ern.
Zunächst, vorab: Die beiden "belehrenden" Antworten auf M.B. waren ironischer Natur. Sie stellen nicht meine eigene Position dar. Außerdem vertreten die Vertreter der Musikwirtschaft bzw. Musikindustrie weniger die Musiker, denn die kartellähnlich organisierten
Tonträgerproduzenten. Nimmt man nur deren Interessen, so stehen diese, verglichen mit der Lage von vor 10 Jahren (rund 200 Millionen CD-Verkäufe), mit rund 150 Millionen CD-Verkäufen in Deutschland eigentlich noch glänzend da, imho - deshalb, weil die Jahre zwischen 1995 - 2001 weltweit ein Höhepunkt der CD-Wirtschaft darstellten. Es ist klar, dass sich das in einer Zeit, wo sich die Musiknutzungsgewohnheiten stark ändern, nicht ewig verlängern lässt, genauso wenig, wie die Umsätze mit alten Tonträgerformaten wie Schellackplatte, LP oder MC ständig peaken.
Was die "Musikindustrie" (welch scheußlicher Begriff!) im weiteren Sinne (also unter Berücksichtigung aller Umsätze) betrifft: Die Umsätze haben sich im Westenlichen schlicht verlagert - und in der Summe beachtlich besser als die Umsätze im dt. Einzelhandel entwickelt, betrachtet man die Zeit zwischen 2000 und 2010 - oder 1996 bis 2006. Musikrechte bringen heute z.B. deutlich mehr ein als vor 10 Jahren - beim gewöhnlichen Musiker, der außerhalb von Charts und subventionierer E-Musik agiert, kommt jedoch weniger an (u.a. dank der korrupten Strukturen und Verteilungsmechanismen innerhalb der musikerfeindlichen GEMA). Wer eigene Werke aufführt, zahlt drauf, damit u.a. Verlegerwitwen und die Saugräuber der Musikkonzerne fette Kasse machen können - ich bin mir nicht so sicher, ob das bei der Gründung der GEMA bzw. ihrer Vorgänger wirklich so gedacht gewesen sein soll. Ich denke auch nicht, dass die vielfältige Privilegisierungen der GEMA (u.a. GEMA-Vorbehalt) mit ihrer faktischen Verteilungspolitik sinnvoll zusammen gedacht werden können, inkl. der verbrecherischen "Pro"-Politik der GEMA, die von der Aufsichtsbehörde und den Gerichten unter Verweis auf die "vertragliche Privatautonomie" der einfachen GEMA-Mitglieder geduldet wird, was vor dem Hintergrund der Monopolstellung der GEMA ein schlechter Witz ist. An der Tatsache gibt es jedoch nichts zu deuteln: Die GEMA-Umsätze wuchsen erheblich. Ebenfalls sehr deutlich wuchsen die Umsätze aus Musikkonzerten und Musicals (u.ä.), Umsätze aus Werbung, Promotion, Lizensierungen und Merchandising, sowie, hier vom Umfang her weniger bedeutend, aber immer noch deutlich im Millionenbereich, Musikfilm-Umsätze, Umsätze aus Unterhaltungssoftware oder die mit Musiksendungen gekoppelten Voting/Nepping-Hotlines, bei denen man darüber streiten kann, wieviel dieser Umsätze auf "Musik" entfällt, und wieviel auf "Show" (was z.B. auch bei Musikkonzerten/Musicals angeführt werden könnte).
In der Summe gilt: Mit Musik wird nach wie vor viel Geld gemacht - und immer weniger davon kommt beim Durchschnittsmusiker an.
Über die positiven musikwirtschaftlichen Einnahme- und Gewinnentwicklungen (u.a. deutlich höhere Gewinnanteile für die Musikkonzerne beim Verkauf von digitalen Tonträgern im Vergleich zu physikalischen Tonträger auf Basis von HAP) möchte der Verband der Musikindustrie (der imho einem Verbrechersyndikat ähnelt) lieber schweigen, und auch darüber, wer in diesem Geschehen die Verlierer und wer die Gewinner sind - und woran das genau liegt.
Von insgesamt wachsenden Umsätzen, wenn man diese bedeutenden Faktoren berücksichtigt, kann meines Wissens eher mit Mühe gesprochen werden, berücksichtigt man die Inflation bzw. bewertet man die Umsatzentwicklung zu realen Preisen - aber immerhin ist die Umsatzentwicklung in Deutschland in der Summe nicht (!) schlechter als die Entwicklung der Einzelhandelsumsätzen in den letzten 10 Jahren. Ziemlich lesenswert finde ich übrigens
das hier.
Wenn Interesse besteht, liefere ich morgen (in einem anderen Thread extra zum Thema) präzises Zahlenmaterial nach, wäre das okay?
(pardon - wenn meine satirischen Beiträge oben für Verwirrung gesorgt haben)
P.S.
Ging es hier nicht um
Spaß!?