das fassadenprojekt (aus holz nehm ich an) klingt interessant, wenn du magst poste dochmal ein paar bilder.
was ist denn sikkativhaltiges oel?
Zunächst zu Deiner Frage bezüglich Sikkativ-haltigen Ölen:
Dazu muss ich ein wenig weiter ausholen und in die organische Chemie eintauchen. Um überhaupt zu verstehen, was man da auf seine Möbel schmiert sollte man ungefähr wissen, wie Öle unterteilt werden.
Grob werden Öle unterteilt in:
- Mineralöle (=Erdöldestillationsprodukte, wie z.B. Paraffinöl, Dieselöl usw.; diese bestehen aus Gemischen von Kohlenwasserstoffen wie Alkanen, Alkenen und Alkinen und sind z.T. mit cyklo-aromatischen Verbindungen verunreinigt)
- fette Öle (immer biologischen Ursprungs; chemisch betrachtet Ester des Glycerins mit bis zu drei Fettsäuren, also Gemische von Mono-, Di- und Triglyceriden)
- ätherische Öle (immer biologischen Ursprungs; hochkomplexe Substanzgemische quer durch die Organik, also Ester, Ether, cyclische, alicyklische Verbindungen, Alkohole usw..., hauptsächlich lipophil, also schlecht mit Wasser mischbar, meist flüchtig und duftend)
Für den Möbelbauer sind vor allem die "fetten Öle" von Bedeutung und hier vor allem die "trocknenden" Öle. Streng genommen versteht man unter "Trocknung" Wasserentzug, was aber bei fetten Ölen nicht zutreffen kann, da diese kein Wasser enthalten. Präziser wäre der Begriff "polymerisierende" oder "härtende" Öle. Das Aushärten "trocknender" fetter Öle beruht immer auf dem Vorhandensein von Doppel- oder Dreifachbindungen in den Fettsäuren, die in dem jeweiligen Glycerid in Esterbindung vorliegen.
Man nennt diese Fettsäuren auch "ungesättigt", weil die doppelt- oder dreifach-gebundenen Kohlenstoffatome nicht mit der maximalen Anzahl an Wasserstoffatomen verbunden sind.
An diese ungesättigten Stellen kann sich Luftsauerstoff anlagern, der zunächst dort sogenannte Peroxidbrücken bildet. Solche oxidierten fetten Öle erkennt man dann auch am ranzigen Geruch. Entsprechend spricht man von Peroxid-Ranzidität. Die Peroxidbrücken sind relativ instabil und können vor allem unter Lichteinwirkung aufbrechen und sogenannte Radikale bilden. Letztere sind sehr reaktiv und bilden den Ausgangspunkt für nachfolgende Polymerisationsreaktionen, d.h. an diesen Stellen können sich die Fettsäuremoleküle (immer noch an den Glycerin-Grundkörper als Ester gebunden) kettenartig miteinander verbinden, was zunächst über Oligomere mit einer Viskositätserhöhung einhergeht und bei fortschreitender Kettenreaktion zu Polymeren führt, die einen festen Aggregatzustand annehmen und sich nicht mehr ölig-fettig, sondern "trocken" anfühlen.
Der eben geschilderte Vorgang dauert im Normalfall bei Leinöl z.B. mehrere Tage bis Wochen, je nach Lichteinwirkung und Sauerstoffzufuhr.
Um diesen Prozess zu verkürzen werden in handelsüblichen ölbasierten Anstrichmitteln sogenannte Sikkative eingesetzt, die -einfach formuliert- die Funktion eines Katalysators ausüben und somit den "Trocknungs"-Prozess praktikabler machen.
Wer allerdings auf "Bio" steht, kann natürlich reines Leinöl nehmen (vorzugsweise vorgekocht, weil dann schonmal die Oligomere vorhanden sind...), dieses mit echtem Terpentinöl mischen (1:1, = sog. "Halböl") und damit sein Holz einpinseln. Man muss dann allerdings die Wartezeit aufbringen, bis das Ganze vollständig gehärtet ist und vor allem für Licht- und Luftzufuhr sorgen, damit der Prozess in die richtige Richtung geht.
Fatal wäre es z.B., die Innenseiten eines Kleiderschranks mit Halböl zu behandeln und diesen dann zu verschließen, in dem Glauben das Öl würde dann im Inneren aushärten.
Tut es nämlich nicht! Denn: Bei fehlender Licht- und Sauerstoffereinwirkung läuft die Polymerisation nur extrem verlangsamt ab, die Flächen bleiben über lange Zeit klebrig. Stattdessen findet eine hydrolytische Spaltung der Esterbindungen, also eine Abtrennung der Fettsäuren vom Glycerin statt und die freigewordenen Fettsäuren entfalten dann je nach Kettenlänge den typischen Geruch (Buttersäure, Valeriansäure). Einen solchen Kleiderschrank wird niemand mehr für diesen Zweck einsetzen wollen, allenfalls noch als Schuhschrank.
Nun zum Fassadenbau:
Schon seit geraumer Zeit hatte ich geplant, die straßenseitige Öffnung unseres Carports der gleichzeitig als Treppenhaus für unsere Dachgeschosswohnung fungiert zu verschließen, weil unsere strengen Eifelwinter und -Stürme der Bausubstanz doch auf Dauer zu stark zugesetzt hätten. Zudem nutze ich den Carport schon immer als Bastelraum, sodass sich im Hinblick auf eine ganzjährige Nutzbarkeit das Einziehen einer Frontwand anbot.
Hier der Zustand vor dem Einbau der Frontwand:
Natürlich musste zuerst ein Fundament mittels Beton-Schalsteinen gefertigt werden, was aber kein größeres Problem darstellte. Ich musste lediglich die vorderste Reihe des Bodenplattenbelags entfernen, den Estrich wegstemmen und Verankerungseisen in die darunter befindliche Betonplatte einbohren und vergießen, bevor ich mit dem Setzen der Schalsteine beginnen konnte. Diese wurden zunächst in ein Zementmörtelbett gesetzt, dabei peinlich genau gefluchtet und "in die Waage" gebracht, denn Schlampereien in diesem Bereich hätten sich beim Errichten des Ständerwerks gerächt. Beim Einbringen des Flüssigbetons in die Schalsteine wurden an 5 Stellen 12mm starke Gewindestäbe sauber zentriert und genau senkrecht eingegossen, zur späteren Fixierung des ersten horizontalen Balkens für das Ständerwerk. Nach dem Abbinden des Betons wurde als Trennschicht gegen aufsteigende Feuchtigkeit (z.B. durch Kapillarwirkung) eine Bitumenpappe aufgebracht.
Das nachfolgende Ständerwerk fertigte ich aus Fichte-Leimholzbalken (8x12cm).
Zur Imprägnierung kamen zunächst eine gesättigte Borax-Lösung und nach Trocknung noch eine Behandlung mit Steinkohlenteeröl-haltiger "Jägerzaunlasur" zum Einsatz. Fundamentseitig wurde das Ständerwerk über die eingelassenen Gewindestäbe,
dachseitig über verzinkte Winkelverbinder mit dem äußersten Sparren über dessen Innenflanke verschraubt.
Untereinander wurden die senkrechten Balken über waagerecht bzw. diagonal eingepasste Balken ebenfalls mit verzinkten Winkellocheisen und z.T. Tellerschrauben für den Holzbau verbunden. Insgesamt wurden dabei an die 500 Schrauben verbaut.
Im Bereich des Traufbalkens ergab sich eine geometrisch besonders knifflige Situation, die sich aber mit genauer Maßübertragung und vektorgrafikgestützter Planung aus Verschnittresten der Balken meistern ließ:
Die Ausfachung wurde mit 12cm dicker Mineralwolle vorgenommen. Auf der Regenseite kam eine diffusionsoffene DELTAMAX-Folie zum Einsatz, darauf dann zur Hinterlüftung eine 30mm starke Lattung aus salzimprägnierter Fichte, die ich zusätzlich noch mit der Jägerzaunlasur behandelte.
Die Außenhaut der Fassade ist als Boden-Deckelschalung aus Lärche/Douglasie aufgebaut. Die Bretter sind 20,5mm dick und 190mm breit, sodass ich für die Deckleisten, die eine Breite von theoretisch 63mm haben sollten eine Drittelung einiger 190mm-Bretter durch Längsspaltung vornehmen musste. Dabei verwendete ich meine zur Tischkreissäge umgeklappte Dewalt-Kappsäge plus zwei Rollböcke um die 5,6 Meter langen Bretter überhaupt bearbeiten zu können. Da ich zu faul war, ein für Längsschnitte geeignetes Sägeblatt aufzuziehen, war das Durchziehen der Bretter durch das montierte 60-Zahn-Blatt schon ziemlich kraftaufwändig, was mir aber Dank der tatkräftigen Mithilfe meiner Frau letztlich gelang. Trotz der feinen Zahnung des Blattes waren mir die Schnittflanken der Deckleisten nicht glatt genug, denn gerade bei bewittertem Holz neigen rauhe Stellen zum raschen Algenbesatz. Somit mussten sämtliche Flanken mit dem Bandschleifer nachbearbeitet werden. Nach dieser Prozedur hatten die Leisten noch eine Breite von 60 Millimetern, was aber bei nur 12 Millimetern Abstand der Bodenbretter zueinander immer noch eine ausreichende Überlappung darstellte. Was ich aber nicht erwartet hatte: das abgelagerte Holz hatte unter Spannung gestanden und verformte sich nach dem Auftrennen zum Teil (nicht jedes Brett, aber einige) säbel- und propellerartig.
Aber Dank Elastizität ließ sich dies bei der Montage unter Zuhilfenahme von Zwingen korrigieren, sollte aber dennoch von Nachahmern bedacht werden, da mit zusätzlichem Arbeitsaufwand verbunden.
Überhaupt war das Ertüfteln der optimalen Brett-Abstände und die damit resultierenden Deckleisten-Breiten ein langwieriger Prozess, den ich ohne Zuhilfenahme meines Vektorgrafikprogramms wohl nicht so hinbekommen hätte. Einerseits wollte ich eine Symmetrierung über der Eingangsöffnung und andererseits möglichst geringe Austaschungen an den Fensteröffnungen und der Eingangsöffnung. Nach dem Durchplanen von vielen Varianten kristallisierte sich folgende Lösung heraus:
Wegen der millimetergenauen Planung bot sich natürlich auch die Erstellung eines exakt bemaßten Teileplans an:
Vor der Oberflächenbehandlung musste ich die scharfen Kanten der Deckleisten noch brechen. Ich entschied mich aus haltbarkeits- und witterungstechnischen Gründen für eine Abrundung mit 6mm Radius. Weil ich mir dachte, dass das Streichen der Bretter in der knapp 6 Meter hohen Fassade ohne Gerüst also nur von der Leiter aus zu Kack-Ergebnissen geführt hätte, entschloss ich mich das Holz vor der Montage zu behandeln.
Als erstes wurde eine gesättigte Tanninlösung aufgebracht (synthetischer Gerbstoff). Nach dem Trocknen dann ein zusammengekipptes Gemisch der verschiedensten übriggebliebenen Reste von Eisen-II-Gluconat-, Chrom-VI-Oxid-, Kaliumdichromat- und Eisen-III-Chloridlösung (=Resteverwertung). Im Holz war dann eine schöne Farbreaktion der Metallkationen mit dem polyphenolischen Tannin zu beobachten. Ich mag einfach das Bild einer Reaktionsbeize lieber als das von Pigmentbeizen, weil es einfach natürlicher aussieht. Zur Fixation kam als nächstes nach Trocknung eine fungizide, lösemittelbasierte, farblose(!) Grundierung (Wilkens) und danach noch zwei Schichten einer ebenso unpigmentierten Dickschichtlasur (Tixoton) auf's Holz.
Zur besseren Orientierung übertrug ich die Kantenpositionen der Bodenbretter aus meinem Plan mit einem weißen Feinschreiber auf die horizontale Latte über den Fenstern und der Türöffnung, sodass ich die Bretter bei der Montage an diesen Markierungen genau ausrichten und millimetergenau positionieren konnte.
Doch als allererstes wurden die Laibungen der Türöffnungen und der Fenster angeschraubt:
Die Fensterlaibungen wurden vor dem Verschrauben auflageseitig (da, wo sie auf dem Fensterrahmen und dem Fensterbrett in Kontakt kommen) mit transparentem Silikonkautschuk (Würth) versehen - natürlich alles peinlich genau abgeklebt - , damit der Schlagregen keine Chance hat, dort einzudringen:
Die ersten Bodenbretter wurden dann mit Hilfe einer exakt horizontal ausgerichteten Alu-Schiene als Montagehilfe an die Lattung geschraubt, sodass ein erstes Zwischenergebnis sichtbar wurde:
Die flankierenden Bretter der Fensteröffnungen mussten wegen der Fensterbänke einer besonderen Behandlung unterzogen werden. Die erforderlichen Aussparungen wollte ich so präzise und ausrissarm wie möglich fertigen, sodass Japan- oder Stichsäge in Verbindung mit Beitel schonmal nicht in Frage kamen. Egal wie geschickt man sich anstellt: bei diesen Werkzeugen handelt man sich mindestens auf der Seite des Holzes, wo die Zahnung aus dem Holz austritt ein mehr oder weniger ausgeprägtes "Ausfransen" der Schnittkante ein. Diese freiliegenden Holzfasern saugen besonders gerne Wasser auf, sodass hierdurch nicht gerade die Haltbarkeit und Witterungsbeständigkeit gefördert wird.
Also ließ ich mir eine Methode einfallen, die ein Handwerker so wohl niemals anwenden würde, weil sehr zeitaufwändig:
Ich spannte die Bretter mit der zu bearbeitenden Kante nach oben waagerecht auf meinen Arbeitsböcken fest und übertrug mit einer Schmiege den Neigungswinkel der Fensterbänke auf die Kante.
Dabei wurden zwei Opferbretter aus Spanplatte und eine winklige Fräsauflage aus Multiplex kantenbündig mittels Zwingen am jeweiligen Brett befestigt. Sodann wurden auf dieses Konstrukt zwei als Führung für die Anlaufrolle des Fräsers wirkende Siebdruckplattenstreifen fixiert.
Der eigentliche Fräsvorgang musste in 2mm-Schritten vorgenommen werden und bis zum Erreichen einer für die Anlaufrolle erforderlichen Frästiefe ein Sicherheitsabstand von 2-3mm zu den Führungsstreifen eingehalten werden.
Sobald die Führungsrolle dann genügend Auflage auf den Führungsstreifen fand (mindestens 3-5mm), konnte ich den Bündigfräser bis an die Innenflanken der Führungen heranführen und dort entlanggleiten lassen.
Fortsetzung folgt...