Hier verstehe ich nicht genau, was Du meinst. Warum macht Multitimbralität bei monophonen Synths keinen Sinn oder warum sollte man bei monophonen Synths mit mehr als einem OSC für die Möglichkeit der Paraphonie eintreten? Ersteres erklärt sich von selbst, das Zweite dadurch, dass Paraphonie eine weitere interessante Ausdrucksmöglichkeit ist, die nicht genau identisch mit Polyphonie ist.
Ginge mit dieser Deiner kategorischen Forderung nach Paraphonie der Wunsch einher, monophone Synthesizer müssten auch mehr als zwei Oszillatoren haben, um nicht nur Duophonie zu erlauben?
Meine Beobachtung. Bezogen darauf, wie sich meine eigene Arbeitsweise im Laufe der letzten 20 Jahre verändert hat und die der mir bekannten Musiker-Kollegen und Freunde. (…) Ich denke, das könnte man auch empirisch belegen, wenn man die entsprechenden Daten hätte.
Solange diese empirische Daten fehlen, haben Deine Beobachtungen denselben anekdotischen Wert wie die meinigen oder die anderer Thread-Teilnehmer, die Deinen widersprechen.
Mit der Nutzung audio-fähiger DAWs wurde die Nutzung reiner multitimbraler MIDI-Setups zunehmend überflüssig.
Dies gilt meiner Ansicht nach für zwei Szenarien:
a) Ersetzen der (multitimbraler) Hardware-Synthesizer durch Instrument-Plug-ins in der DAW
b) Multi-Tracking (nicht-multitimbraler) Hardware-Synthesizer in der DAW
Ein Grund für (b) könnte sein, dass der fragliche Hardware-Synthesizer eben keinen Multimode hat, sprich: Hätte er Multimode, würde dieser vielleicht genutzt werden.
Es gibt ein Instrument auf dem aktuellen Markt, das genau alle Forderungen von @Moogulator erfüllt. Aber dieses Instrument ist kein ausgesprochener wirtschaftlicher Erfolg. Der Schluss, dass die Forderungen also keine entscheidenden Verkaufsargumente für viele Kunden sind, liegt doch wohl nahe, oder nicht? Zumal wenn man die Kyra kennt und weiß, wie gut sie - aller Unkenrufe zum Trotz - klingt und bedienbar ist. Das ist der beste Synth im Bezug auf Multitimbralität, Class-Compliance usw. seit vielen, vielen Jahren. Das scheint aber vielen potentiell Interessierten dann doch nicht so wichtig zu sein. "Der hat zu langsame LFOs", höre ich dann, obwohl er Audiorate-FM von OSC zu OSC bietet und dabei eben grundsätzlich mutlitimbral ist. Da kann ich doch nur müde und traurig lächeln, wenn ich so etwas höre. Die Kyra kann alles, was da immer gefordert wird, wird aber nur selten gekauft.
Dennoch scheint es etwas am Kyra zu geben, was potentielle Kunden trotz Multitimbralität und ClassCompliance dann doch zu anderen Instrumenten greifen lässt. Daraus einen Beleg gegen die Multitimbralität usw. zu konstruieren, erscheint mir nach wie vor wirklich sehr weit her geholt.
Vielleicht wird mit der folgenden Verallgemeinerung deutlicher, warum ich Dir nicht folgen kann: Wenn mir etwas nicht gefällt, werde ich es nicht deshalb erwerben, weil ich dieses mir nicht gefallende Etwas in gleich in mehrfacher Ausfertigung zum gleichen Preis bekommen kann.
Die laut ausgesprochenen Forderungen einiger Spezialisten entsprechen nicht den Anforderungen der tatsächlichen Kunden.
Deine Argumentation wird nicht dadurch besser, dass Du nun auch noch die Minderheiten-Karte spielst.
"Schlagwerkähnliches" kann man besser über einen Drummode lösen - siehe Q und microQ - Klangumschaltung per Velocity wäre ein Argument - aber mal ehrlich - wer macht das wirklich abseits von Samples, die sowieso schon - innerhalb eines Timbres - entsprechend umschalten? Dafür mag es Spezial-Interessierte geben.
Und schon wieder der Versuch, Argumente dadurch zu entkräften, dass sie nur für Minderheiten interessant seien. Wären die Hersteller stets den Interessen der Mehrheit gefolgt, gäbe es bis heute keine Synthesizer, geschweige denn Syntheseverfahren, die ihre Ursprünge im akademischen Bereich hatten wie FM- oder Granular-Synthese.
Ensoniq hat – ich glaube zuerst mit dem VFX – zwei "Articulation"-Switches oberhalb der beiden Handräder eingeführt. Damit konnte der Spieler zwischen vier verschiedenen Kombinationen von bis sechs verschiedenen multitimbralen Klängen verzögerungsfrei umschalten. Einfaches Beispiel: Kein Articulation-Taster gedrückt ergibt normal gespielte Trompete, linker Articulation-Taster gedrückt ergibt gestopft gespielte Trompete, …
Diese Anwendung des Multimode ließe sich selbst bei monophonen Synthesizern gewinnbringend einsetzen, sofern diese speicherbar sind.
Sprich mal mit Live- und Sessionkeyboardern (doch, die gibt es noch, und dazu gehören auch die Keyboarder der Top40-Bands): Da werden Tastaturen in mehrere Zonen aufgeteilt, wobei dann jede Zone für eine eigene kleine Melodiefolge mit ihrem eigenen Klang zuständig ist.
Oder es werden für die rechte Hand drei Zonen geschichtet, bei denen die ersten ein Pad, die zweite ein E-Piano und die dritte Bläser beinhaltet. Mit dem Pedal wird zwischen Pad und Piano gemischt, wird aber richtig in die Tasten gehauen, erklingen nur die Bläser. Das geht viel schneller und intuitiver als Program Changes oder auch nur der Wechsel zwischen verschiedenen Tastaturen.
Aber again: Warum kaufen die dann keine Kyra? Die kann das.
Nur weil dieses Instrument Stimmen bis zum Abwinken, Multitimbralität und ClassCompliance bietet, bedeutet das nach wie vor nicht, dass sie die alle Kundenbedürfnisse abseits dieser Ausstattungsmerkmale anbietet. Keine Samples, kein Durchfahren von Wavetables, keine Encoder (was nun gerade für das abwechselnde Editieren multitimbraler Klänge klasse wäre), …und wer weiß, vielleicht schmeckt dem einen oder anderen gar der Klangcharakter nicht?