Meine Oma, die die Nazi-Zeit erlebt hat, hat mir beigebracht, wenn jemand mit einer bestimmten Art von Parolen kommt, "musst Du immer Kontra geben", denn diese Leute verstehen keine andere Sprache.
Richtig. Gegen Nazis, Rassisten, Frauenfeinde, Klimawandel- und Corona-Leugner, Putin-Verehrer etc. Und all das musste ich hier schon seitenlang erdulden. Aber gegen jemanden, der den ESC komplett scheiße findet (was ich schon tue seit ihn Abba gewonnen hat) ist das dann doch ein wenig mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Hier doch bitte mal auf die wichtigen Dingen dieser Welt konzentrieren. Geschmäcker sind unterschiedlich.
 
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In den 90ern war ich in der Mittelstufe mit einem Teil der Musikklasse und unserem Musiklehrer in Köln in einem Theater, um einer Darbietung von Mozarts "Die Entführung aus dem Serail" zu lauschen, das wir wochenlang im Unterricht durchgenommen hatten. Musikalisch war nichts daran auszusetzen, jedoch wurde das Stück stellenweise sprachlich in die Moderne getragen und von den Darstellern vollkommen überzogen gespielt, so dass es eher eine Persiflage war. Mein Lehrer hatte auf dem Weg zurück nach Duisburg keine guten Worte dafür übrig, sprach sinngemäß von einem so großen Mist, wie er ihn im Leben selten erlebt hatte. Er war komplett enttäuscht und redete sich fast in Rage.

Hatte er damit etwa die armen Musikanten im Theater diffamiert, die ihre Noten allesamt hörbar richtig gespielt hatten? Oder den Dirigenten? Die Bühnendesigner?

Nein!

Es war das Gesamtpaket, das durch die peinliche Einflechtung von Gossensprache und angedeuteten Sexwitzchen, sowie absichtlich albern gespielter Rollen rapide an Qualität verloren hatte, wenn man denn das originale Konzept kannte.

Genauso kann so mancher Vortrag beim ESC (wenn nicht der Großteil, wie man hier oft liest) das erwartete Niveau dadurch unterschreiten, dass alles auf bunt, schrill und laut getrimmt wird. Musikalisch ist das für mich auch kaum auszuhalten, genau wie die repetitive Popmusik der letzten zehn, fünfzehn Jahre, an der sich wiederum vieles beim ESC orientiert. Da empfinde ich ebenfalls den Großteil als Mist, auch wenn Grammys dafür vergeben werden.
 
@Pepe Etwas ähnliches habe ich erlebt bei einer Aufführung für und vor (Oberstufen-)Schülerinnen und Schülern eines Gymnasiums von Goethes "Faust" in der Stadthalle Herne . Ein Deutsch-Lehrer des Gymnasiums ist befreundet mit einem Gitarristen, und dessen Ensemble hat "Faust" zu einem "Metal-Musical" umarrangiert. So pfiffen also die Gitarren, shoutete der Sänger, donnerten die Double-Bassdrums ...

Indes: Außer ein paar Selfies mit den vermeintlichen "Rockstars" ist bei den Schülerinnen und Schülern wohl nichts vom "Faust" hängen geblieben.
 
Indes: Außer ein paar Selfies mit den vermeintlichen "Rockstars" ist bei den Schülerinnen und Schülern wohl nichts vom "Faust" hängen geblieben.
OT: bei mir ist in seligen Oberstufenzeiten ehrlich gesagt auch ohne von der "normalen" Inszenierung nichts vom Faust hängen geblieben.
Ich finde es durchaus sinnvoll, dass bei Inszenierungen Dinge gewagt werden und nicht zwangsläufig werksgetreu die Originalinszenierung mit den Originalbühnenbildern und den Originalkostümen gebracht wird (überspitzt gesagt). Das kann in die Hose gehen oder auch eben hervorragend funktionieren. Und Inszenierungen, die ich für äußerst gelungen halte (z.B. die Inszenierung der Zauberflöte mit Stumm-/Trickfilmelementen vor einigen Jahren), finden gewiss auch genug Leute total erbärmlich, unpassend etc..

Es war das Gesamtpaket, das durch die peinliche Einflechtung von Gossensprache und angedeuteten Sexwitzchen, sowie absichtlich albern gespielter Rollen rapide an Qualität verloren hatte, wenn man denn das originale Konzept kannte.

Könnte mir vorstellen, dass Mozart so etwas sogar gefallen hätte.

OT Ende

Habe den ESC selbst nicht verfolgt, mir aber im nachhinein einige Videos von denjenigen Songs angesehen, die mich - der Beschreibung in irgendwelchen Artikeln nach - musikalisch eigentlich hätten ansprechen sollen. Tatsächlich haben mich diese Songs auch nicht abgeholt, weder musikalisch noch von der Inszenierung, welche mir ebenfalls viel zu grell, bunt und laut ist. Ist technisch natürlich top, aber ansonsten einfach nicht meine Baustelle.
 
Mal ein Aspekt, der mich ziemlich beindruckt hat: Die Gesamtkomposition aus Gesang, Text, Musik, Tanz, Licht, Bühnenanimation und Kamera (-fahrten, -schnitt).

Obwohl es insgesamt bei den meisten Songs alles ziemlich laut, viel und dicht gepackt ist. (Und ich mir deshalb zwischendurch immermal längere Pausen gegönnt hab.)

Trotzdem muss man sich das ja alles erstmal ausdenken und dann auch auf die Bühne bringen. Das ist schon krass, wieviele Rädchen da ineinandergreifen müssen. Und das ja alles nicht nur für einen Song/Act, sondern für über 20. Keine Ahnung, wie die das geplant bekommen. Ob es für sowas (rein technisch) Softwarelösungen gibt. Aber selbst wenn es das gibt, ist es schon allein künstlerisch bemerkenswert.
 
Jepp, die Technik hinter einer solchen Veranstaltung würde mich auch mal interessieren.
 
Viele Kamerafahrten müssen computergesteuert sein, sonst würde man das nicht so getimed hinbekommen. Grade beim Windows95man, der ja immer untenrum verdeckt sein musste. Interessant wäre noch, wie dass dann mit den Handkameras gemacht wird, das ist ja nochmal anders als mit stationären.
 


Ja, so ungefähr kenne ich das auch, teilweise fahren die ja sogar dabei auf Segways über die Bühne, jedenfalls habe ich das so schonmal woanders gesehen. Aber dann kann man ja nicht mehr haargenau vorherbestimmen, wie die Kamerafahrten sein sollen, wenn das System von einem Menschen umhergeschwenkt wird.

Bei den anderen Kameras stelle ich mir das so vor, dass die bei der Probe quasi als Automation vorgeschrieben bekommen, wie die Schwenks, Zooms, Ausschnitte usw sein sollen und das dann beim Auftritt mm-genau nochmal so machen. Aber bei Hand-Kameras geht das ja nicht. Wobei ich jetzt nicht mehr weiß, ob von den Handkameras ein Bild dabei war, wo es wirklich so genau gewesen sein musste.
 
Ja krass, die müssen echt aufpassen, dass die sich nicht gegenseitig umrennen :)
 
Umbaupause: "Fifty Secounds of Madness" :)
1500 Leute, die alles umsetzen.

Und dass der LED Boden während der Pause genutzt wird, um dort ein Koordinatensystem anzuzeigen, damit alles wissen, was wo platziert wird, ist auch interessant.

Tss, verrückt.
 
Ich bin ja nun wirklich nicht so der ESC-Fan.
Am Sonntag nach der Entscheidung hatte ich den Versuch gemacht, mich durch die Songs zu hören, bin aber recht schnell nach dem Schauen von ein wenigen (2? 3?) Beiträgen wieder ausgestiegen.
Gestern wurde ich genötigt, den Beitrag von Nemo anzuschauen, den ich noch nicht gesehen hatte.
Und was soll ich sagen? Wow, ich fand ihn überraschend gut. Scheinbar ist mein Musikgeschmack doch mehr Mainstream, als ich mir zugestehen will. :motz:
Den französischen Beitrag, den ich ebenfalls noch nicht gesehen hatte, fand ich ebenfalls gut.

Werde ich mir jetzt alle Beträge antun? Nein, so weit würde ich jetzt nicht gehen wollen.
 


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