Gibt es aber auch alles in Trackform. Nur laufen die dann nicht 5 Minuten sondern 15-20 Minuten. Mich fragte letztes Jahr auf einer Exkursion ein junger Student, warum elektronische Musik eigentlich immer so lang ist, also im Sinne von Trackdauer und langsamen programmatischem Aufbau. Ich hab versucht ihm zu erklären, dass das ein Wesensmerkmal elektronischer Musik ist. Zum ersten mal seit Jahrzehnten konnte das Refrain-Strophe-Konzept nachhaltig aufgebrochen werden. Das schafft den Raum für entsprechende Klangkollagen die eben Zeit benötigen. Hier steht das Wesen der Musik im Vordergrund und weniger die kurzweilige Unterhaltung vorbeihaschender Zuhörer. Das war so ein typischer neumodischer Spotify-User (ich selbst hab kein Spotify). Also der Plattform die praktisch erzwingt, dass bereits nach spätestens 30 Sekunden der Track vollständig beschrieben sein muss. Er meinte er findet es langweilig, wenn er ewig warten muss, bis der Track sich voll entfaltet hat, er stattdessen ungern länger als 2-3 Minutenlang ein Track hört.
Das war für mich dann auch eine Fundamentakerkenntnis - keine über die ich besonders glücklich bin. Denn sie ist meines erachtens nur Ausdruck eines profanen persönlichen musikalischen Geschmacks - der Typ wird letztendlich nie im Stande sein sich sein eigenes musikalisches Hörerprofil zu erarbeiten und somit eine musikalische Selbstfindung vorzunehmen. Das meine ich, wenn ich mich darüber beklage, dass die Jugend von heute garnicht im Stande ist eine generationenverbindende Gemeinsamkeit zu benennen. Das ist doch schrecklich - Oder nicht?
Ich hab im versucht zu erklären, dass musikhistorisch es durchaus mal Zeiten gab in denen Musik geschrieben / gemacht wurde, die vom programmantischen Aufbau her sehr wohl eine gewisse Übereinstimmung mit der modernen elektronischen Musik gibt, die vergleichbar mit der Zeit der Klassischen Musik ist, was er dann auch eingesehen hat. Auch der ganze sprachliche Duktus der Jugend ist bezeichnend - Tracks sagt heute kaum einer mehr. 'Lied' 'Song' und 'Stück' sind häufig gebrauchte Substantive.
Dass gerade die elektronische Musik vor allem auch in der Club-Kultur entwickelt wurde die eben nach solchen nicht Standard-konformen Klangstrukturen verlangt ist ein weiterer Grund, warum elektronische Musik nicht selten einem langatmigen programmatischem Aufbau folgt.
Und die heutige Generation kann damit quasi fast überhaupt nichts mehr anfangen. Die waren erschüttert, als ich denen erklärte das Donna Summer's I feel Love zum Zeitpunkt als wir mit dem Auto durch Morders Heimat dem Grödental gefahren sind bereits 41 Jahre alt und damit fast doppelt so alt wie sie selbst waren.
Wenn man sie denn aber mal mit entsprechender Musik anfixt werden sie doch neugierig was es damals so alles gab.
Spotify jedenfalls macht mehr kaputt als es schafft. Als ich mal genz spezielle elektronische Sachen da gesucht habe - Fehlanzeige. Da sich die Leute aber tw. nur in dem Spotify-Universum aufhalten geht ein elementarer Teil von Musik an ihnen vorbei.
"Und für meine Frau bitte den zweitbesten Fisch" sag ich nur
Hier nochmal ein schöner Track von Sven Väth (mag ich eigentlich nicht sonderlich) miit einer musikalischen Kollage die an den Film Barbarella angelehnt ist und mit gut 14 Minuten eine ganze Geschichte erzählt:
https://www.youtube.com/watch?v=BL67Bg3xxwQ