Ich war früher schon auch sehr introvertiert. Geradezu bühnenängstlich. Vor allem als Pianist. Man macht sich vor Publikum nochmal extra verletzbar, obwohl man sich ja eigentlich schon sehr verletzlich fühlt.
Manchmal ist es mir gelungen beim Klavierspielen ganz bei mir selbst zu sein und auch vor Publikum in den Flow zu kommen. Dann war ich gar nicht "ich" beim Spielen, sondern einfach nur "mit" der Sache . Ich konnte die Stücke im Schlaf (Sicherheit), fühlte mich "technisch" frei und ich kam und blieb in der Konzentration. Das Entertainment geschieht dann nicht auf Rampensau-Niveau, sondern auf einer anderen Ebene. Für einen magischen Moment verzeiht das Publikum eigentlich alles. Darum kommen sie ja.
Ich hab aber erst viel zu spät rausgefunden, dass mir nicht meine Schüchternheit oder Verklemmtheit (Lampenfieber, Angst was weiß ich) im Weg stand, sondern meine Unsicherheit als Mensch im Leben generell. Als ich dann, kurzzeitig, als Keyboarder professionell auf Bühnen stand, hat es Spaß gemacht, weil: Einerseits war ich abgesichert durch verinnerlichte Musikstücke und Abläufe (Show). Andererseits durch Rituale, um in Konzentration zu kommen: Dafür hab ich genau das gemacht, was goorooj sagt:
du machst deine Bühnenpersona einfach komplett anders als du sonst auf der Strassse rumläufst
Dabei war das nicht mal komplett anders. Es hat schon gereicht, mich ein bisschen aus der normalen "Rolle" fallen zu lassen, die ich sonst einnehme. Vor dem Auftritt habe ich meine, nicht eine, MEINE Bühnen-Persönlichkeit eingenommen und versucht eine Bühnen-Präsenz auszustrahlen, samt Bühnen-Outfit. Das habe ich mir aber nicht "aufgesetzt" sondern so gemacht und ausgesucht und auch so praktiziert, dass ich es gerne mache. Meine kleines Selbstbewusstsein habe einfach immer als "guten Kumpel" an die Hand genommen, mit auf die Bühne gebracht und neben mir abgestellt, sinnbildlich, das durfte zugucken. Im Alltag war ich, bis auf ab und an ne bunte Hose, weiterhin unauffällig. Ich hatte quasi absichtlich einen neben mir laufen, den Introvertierten, aber nur auf der Bühne.