Re: Schallwelle Musikpreis 2016
Zotterl schrieb:
Kann aber auch jüngere Musiker verstehen, die völlig
unbedarft an die Sache rangehen und dadurch auch die Chance haben Un-Er-Hörtes zu schaffen,
ohne von "Altlasten" allzusehr beeinflusst werden.
Das ist ein altes und oft wiederholtes Argument und wird deswegen immer noch nicht plausibel
Ungehörtes zu schaffen setzt in Wahrheit die Kenntnis des Gehörten voraus. Da ist so mancher überrascht, der meint, was Neues gemacht zu haben. Und merkt dann, dass das schon vor 100 Jahren passiert ist. Und sogar besser. Vielleicht mit anderen Instrumenten, aber das ist inhaltlich unerheblich. Das lässt sich belegen, indem das vermeintlich Neue einfach mal vorgelegt wird. Leute mit einer Musikenzyklopädie zuhause finden dann schnell den Beleg, ist eine recht einfache Übung. Abgesehen davon ist
Neu und
Alt kein Qualitätskriterium. Beeinflussung ist abgesehen davon eine schöne Sache, Manipulation dagegen ist es nicht.
Aber man muss ja keinen deswegen entmutigen, und zwar: man macht einfach seinen Kram, und fertig. Helmut Zerlett sagte das mal so schön, indem er auf seine Identität Wert legte und sich damit jeder Vergleich und Alt und Neu erübrigt. Clever der Junge.
Nein, wir stehen auf den Schultern von Leuten wie Ravel, Stravinsky, Stockhausen, Mancini, Morricone und wegen mir auch Schulze, Froese, Fricke und Jarre und haben gefälligst unseren Kram zu machen und in erster Linie einen Eigenanspruch zu erfüllen. Damit hat jeder wirklich selber genug zu tun. Sich über andere auszulassen ist eher lachhaft und an schlechten Tagen schickt man so jemanden in die Gummizelle, an guten auf die Bühne. Man lese Philip K. Dick und E.T.A Hoffmann, ein bisschen Schiller und wenn man das halbwegs verstanden hat, dann abends ab ins Bett.
Diese billigen Nörgeleien an einer eigentlich schönen Veranstaltung wie Schallwende, wo es einen tollen Event gibt, und vielleicht auch jemand sich selber feiert, kann man getrost in die Tonne treten. Es gibt in 2016 kaum jemanden, der nicht meint, unbedingt beleidigt zu sein. Und auch kaum jemanden, der meint, dringend irgendwas kritisieren zu wollen. Das ist Spaßbefreiung pur, auch noch aus eigenem Antrieb. Da ist es doch wirklich besser, wieder zurück in den Keller oder das Dachgeschoß zu gehen, und was Gescheites auf die Beine zu stellen. Das dann der Welt mitzuteilen. Und wenn sich jemand dran erfreut, sich gleich mitzufreuen. Alles andere ist vertane Zeit.