Daß unter der Flagge "Dave Smith Instruments" keine volldigitalen Instrumente verkauft werden, Punkt. Unter "Sequential Circuits" – die ja heute nur noch zu 90% für den Prophet-5 Rev. 2 und zu 10% für den Pro-One steht – schon mal erst recht nicht. Da könnte man auch gleich Waldorf, Access, Clavia oder Yamaha auf das Teil schreiben.
Dann hat DSI gar nicht das Know-how für Digitalfilter.
Last but not least wäre ein DSI-Synth mit separaten Synthesesträngen – einmal VCO-VCF-VCA, einmal volldigital – vielen typischen DSI-Anwendern (amerikanische Baby Boomers und älter, die in Coverbands spielen und damals™ schon gern den Prophet-5 gehabt hätten, hätten sie sich einen leisten können – diese Leute sind häufig schon mit zwei Sounds auf einer Tastatur überfordert, guckt euch mal in der Keyboard Corner auf MusicPlayer.com um) viel zu kompliziert. Die Zielgruppe der Kiste sind nämlich mitnichten die "Freaks", die was ganz Neues, noch nie Dagewesenes erschaffen wollen, und auch nicht die, die sich auf die Berliner Schule berufen.
Wenn er das denn tut.
Denn dann kommt nämlich ein Spezi, der zu Hause einen leibhaftigen Roland Jupiter-8 rumstehen hat. Der stellt den Boutique neben das Original, hängt beide an dasselbe Mischpult mit denselben Studiomonitoren und demselben Spectrum Analyzer und pittet die beiden gegeneinander. Presets. Identische händische Einstellungen. Extremwerte z. B. bei Filtereinstellungen, LFO-Geschwindigkeiten, Hüllkurvenzeiten, auch mal in Verbindung miteinander, wo Digitaltechnik zwingend an ihre Grenzen stößt.
Sobald sich das auch nur ein Iota unterscheidet, ist der Boutique scheiße, weil er nicht wie der Jupiter-8 klingt.
Die Frage ist natürlich, wann und wo das eine Rolle spielt. Erstmal nur, wenn man irgendeine ältere Aufnahme bis ins Detail replizieren will, weil man z. B. in einer Tributeband spielt oder so. Aber zum einen haben Acts, von denen sich eine Tributeband lohnen würde, solche Maschinen nie von den Einstellungen her so gegen die Wand gefahren, daß da die Unterschiede zum Klon so drastisch würden. Und zum anderen bräuchte man dann auch eine Replik des kompletten Signalwegs hinter dem Synth (was einer der Gründe ist, warum Leute reihenweise auf die Schnauze geflogen sind, die ein Schweinegeld für einen Yamaha CS80 hingelegt haben in der Hoffnung, damit sofort wie Vangelis zu klingen – der hat den CS80 nämlich nicht trocken ins Pult gespielt und geht nicht damit hausieren, was er hinter dem Synth hatte).
Wenn man was ganz Neues macht, braucht man eigentlich keine Klone klassischer Synths. So akribisch genau erst recht nicht. Eigentlich spielt das nur eine Rolle, wenn man eine Zielgruppe hat, die selbst praktisch komplett aus totalen Synthesizernerds besteht und auch in fertigen Mixen jeden Synth am Sound erkennt bis hin zur Untergeneration – und wenn man denen suggerieren will, man hätte einen echten Jupiter-8, z. B., weil man versucht, irgendeinen Anfang-80er-Jahre-Stil zu imitieren. Aber das ist ja nichts "ganz Neues" mehr.