Es gibt Aufnahmen aus den sechzigern (insbesondere Klassik aber auch Jazz) die immer noch heutiger State-Of-The-Art sind. Wenn da auf Halbzoll-Band bei 30ips aufgenommen wurde, und wenn in den letzten 60 Jahren ordentlich mit dem Band umgegangen wurde, dann gibt es da keinen Unterschied zu heute.
Es gibt heute noch sehr viele zeitlose Musik, die man auch in 40 Jahren immer noch hören kann und nicht angestaubt klingt.
Wir hören ja auch Musik aus den 70er/80er Jahren, die immer noch modern ist und uns fesselt.
Ich glaube aber, das für die Meisten heute mehr die Technik zählt, als eine musikalische Komposition.
Das lieblos zusammengeklatschte Zeugs wird in 40 Jahren Niemanden mehr interessieren.
In Dieser Frage nehme ich gerne eine andere Perspektive ein, als meine eigene. Hier bietet sich die meines Bruder's an. Der hat mit elektronischer Musik fast garnix am Hut und hat den Hype Anfang der 90er bewusst nicht mitgemacht und sich in die 70er geflüchtet. Darin ist er dann auch aufgegangen und hat sich darin sehr spezialisiert. Die Sachen die er hört mögen mich zwar nicht sonderlich ansprechen, aber der Musik wohnt eine Qualität inne, die sich eben nicht nach einmaligem Hören ergibt. Ich denke es ist weniger eine technische Frage, denn mehr eine Frage von Kreativität.
Ja, elektronisches Zeug aus den 90ern klingt ganz anders als Heutiges, sogar das aus den Nuller-Jahren klingt heute tw. schon wieder antiquiert. Der Sound von heute ist knackiger, dichter, insgesamt aufreizender. Aber er ist nicht kreativer als das was vorher da war! Oft hab ich gar den Eindruck, dass früher mit weniger mehr rausgeholt wurde und man sich insgesamt mehr Mühe gegeben hat - nicht immer um das klanglich Beste zu erreichen sondern um einen gewissen Charakter in die Musik zu bekommen.
Da sehe ich insgesamt die Zeichen eher in Richtung immer stärkerer struktureller Vereinfachung.
Ich will mal ein Bsp geben: Kalkbrenner - einer der Ersten, die mit Topplappen auf dem DJ-Pult standen und eine richtige Live-Performace hingelegt hat, die sich nicht zwangsläufig an eine Aneinanderreihung von Tracks orientiert wie bis dato üblichsondern einen durchgehenden thematischen Fluss geschaffen hat. Das war innovativ, das war kreativ, das war neu, das wurde gern gehört.
Heute - neulich erst erlebt - Hi-Tech- genannte Tek-Musik, die ihre Wurzeln halt im Tekno, Rave und ähnlichen schnellen Spielarten hat. Das ganze Set (gut ne Stunde) lief mehr oder weniger immer mit der gleichen Bassline, da wurde zwar mit Effekten u.s.w. variiert - der Grundtenor war eine Stunde lang immer der Gleiche. Und da ist mir dann doch ein Licht aufgegangen, wie 'schlecht' heutige Musik doch vom Kreativen her eigentlich ist, im Gegensatz dazu herrscht eine nahezu perfekte Soundqualität, die haargenau in den Zeitgeist passt. Und es wird gehört!
Das ist für mich doch eher so ein Frustelement das mir zeigt, dass Kreativität längst nicht die Maßgabe für Musik heute ist (war sie das überhaput jemals?). Dementsprechend dürfte Musik in 40 Jahren klanglich längst überholt sein - inhaltlich denke ich, wird sich nur noch wenig bis dahin tun - aber wer hat schon 'ne Glaskugel. Es liegt ja irgendwo auch maßgebend an der Konsumentenseite, was bevorzugt wird und was nicht und da sagt mir die persönliche Lebenserfahrung, dass die Msik zieht, die in der Lage ist kurzfristig den Hörer zu binden. Einfach, leicht verdaulich, im Trend liegend. Demgegenüber steht dann so eine Fraktion, die meint die Musik mit ihren Analog-Modular-Wänden neu erfunden zu haben und wo nichts als unhörbarer Blödsinn bei rumkommt. Tja - ob so tolle musikalische Zeiten wie die 80er jemals zurückkommen - ich denke schon. Immer wieder waren seitdem neue Produktionen rausgekommen, die sich stark an alten Thematiken abgearbeitet haben oder die in einem Retro-Gewand dahekommen. Und nicht selten sind es heute genau diese Produktionen, die mich überhaupt noch reizen in der ganzen Flut von gesichtslosem Zeug.
Am meisten gespannt und Vorfreude empfinde ich eigentlich durch die vielen Zuwanderer aus allen möglichen Erdteilen. Da schlummert ein riesiges Potenzial - musikalisch.