Ist transgender jetzt eine eigene Musikrichtung?
nö, das definitiv nicht.
man kann der queercrowd aber durchaus einen eigenen sound attestieren - jedenfalls einem teil davon, ich schliesse das plastikprodukt mal explizit aus - da sich grundlegende entscheidungen im leben natürlich auch auf die kunst oder auch nur den output auswirken.
das darf man auch gerne auftrennen zwischen authentisch und verlogen. ich liebe das erste troye sivan album (blue neighbourhood) weil es nicht nur eine ziemliche 2015-pop-blaupause in puncto instrumentals ist, sondern auch durch seine doch recht roughe selbstreflexion als coming-(out)-of-age - album textlich einiges mitgibt. man muss das am ende nicht gut finden, aber kann es nachvollziehen und profitiert selbst als aussenstehender vom dadurch erweiterten horizont.
leider hat er sich danach in den mühlen der industrie dermassen an die queercrowd rangeschmissen, dass alles was danach kam nur noch nerviges preaching to the choir war, das mir rein gar nix mehr gibt.
da sehe ich auch das eigentliche problem; wenn die LGBT+-Einordnung das verkaufsprodukt wird, mehr als die musik.
die frühe sophie ist da mMn n gutes beispiel. anonyme mucke, praktisch keine einordnung, riesenhype weil mucke geil (ich fands jetzt eher ätzend, aber ich verstehe den appeal den das hat, halt nicht meine kanne bier). danach kam dann das trans-thema recht präsent an die oberfläche, es wurde mehr und mehr zum empowerment soundtrack und obwohl es qualitativ immer noch hielt, ging das ganze drumherum eher negativ in die wahrnehmung. einem anonymen menschentorso hätte man vermutlich weniger feindselig gegenübergestanden, aber ich verstehe gleichzeitig auch die relevanz der identifikation, sowohl für den künstler als auch für seine zuhörer... arca macht ja grad dasselbe durch und auch da finde ich dass mans echt krass raushört - mich nervts, andere bestätigts in ihren entscheidungen.
problematisch find ich eher den gesamtsoziologischen backlash; dadurch dass es künstlerisch (und auch sonst politisch) extrem definiert wird, nimmt es dem rest die fluidität.
sowas wie bowie, der hier ja schon ein paar mal genannt wurde, würde in der heutigen zeit gleich von diversen gruppen vereinnahmt, die einen brüllen support, die anderen kulturelle aneignung. porter robinson bspw. wurde auch schon von einigen aus dieser blase kübelweise scheisse übergekippt für den move, die eigene stimme auf "kindlich" zu vocalizen und gleichzeitig ein zufriedener heterosexueller erwachsener zu sein. dass das alles eher eine hommage an die animekultur und ein künstlerischer sicherheitsabstand zu persönlichen themen ist, scheint manchen ecken im internet und der gesellschaft ziemlich egal. unterstütze unsere bewegung (und hasse die anderen!!!) oder friss shitstorm.
da sehe ich dann vielmehr das eigentliche problem, und das ist dann auch gesellschaftlich ziemlich bonkers gegangen. die ganze nonbinarity-diskussion wäre unnötig, wäre nicht auf beiden seiten eine ziemlich stark ideologetriebene industrie am werk, der fluidexpressive mann (als beispiel) hätte sich doch gefälligst entweder mit der waffe in den mercedes zu setzen und mann zu sein oder sich den schwanz abzuhacken und zuzugeben er wäre ne frau.
irgendwodurch auch verständlich, an einer soziologisch expressiven fluiden gesellschaft unter gleichzeitiger wahrung und beachtung der biologischen unterschiede verdient man als industrie keinen cent.
(warum die hauptabnehmer für plastiktittenindustriemusik ausgerechnet die gayclubs sind (also diejenigen die das laut eigener angabe unattraktiv finden müssten) muss mir auch erst mal einer plausibel erklären.)
ich hab im freundeskreis mittlerweil schon insidersprache dafür, wenn da im kontext von kunst die formulierung "das gute schwul/trans/whatever oder das schlechte?" kommt, ist das chiffre für "erkennt man hier einen künstlerischen mehrwert durch die sexualität/identität des artists oder wird hier einfach nur die sexualität/identität als verkaufsargument gassi geführt?".
und ich denke, hier muss man - im bezug auf die kunst - auch den schnitt machen, egal was man von movement und seinen mehr oder minder bekloppten anhängern, oder der sache ganz allgemein hält.
ich kenne fantastische musik die davon lebt ihren bezug zur queercrowd auszuspielen und ich kenne fantastische musik von artists deren sexualität/gender im kontext ihrer kunst scheissegal ist. und gleichzeitig gibts von beidem auch wahnsinnig viel musikalischer müll.
ich kann die kunst vom artist trennen und den artist wiederum vom movement seiner identifikation und alles unabhängig davon gut oder beschissen finden und honoriere gleichzeitig den subkulturellen aspekt des zusammenhängens der dinge.
wie eingangs geschrieben. grundlegende entscheidungen im leben wirken sich hörbar auf kunst aus. sonst können wir unsere mucke auch gleich von robotern schreiben lassen.
edit: grade gesehen dass der thread zwei seiten mehr hat seit gestern nacht, kann sein dass ich inzwischen ne wiederholung von was gesagtem bin. egal, wollts trotzdem gesagt haben