[...] Wenn ich mich recht entsinne, kam Take A Chance damals auch aus dieser Ecke, wurde über Mixtapes verbreitet und auf Parties gespielt. 1996 ist es dann auf dem zweiten Zwischenfall-Sampler gelandet und spätestens seitdem ist es in "Grufti-Kreisen" ein Klassiker.[...]
Ja, da war ich auch ganz überrascht, als ich es auf diesem Sampler sah -- ich sprach mal den Onkel Andi von S
econd Decay darauf an, und er meinte, ja, diese Minimalklassiker wären ganz populär in der Szene.
[...] Klingen die Originalbänder denn signifikant besser als die CDs, die er selbst in den frühen 90ern rausgebracht hat?
Ja, die klingen bemerkenswert gut; es gab Versionen mit DBX und ohne, und gerade die ohne klingen ohne irgendeine Nachbereitung -- direkt vom Tape -- sowas von frisch, knackig und präsent (die CDs klingen dagegen sehr zurückhaltend).
Die Bänder waren durch die Bank Ampex 456, z. T. aus den ganz frühen 1980ern, und alle drohten komplett zu zerfallen. Da war dann ein halbtägiger Aufenthalt im Dörrautomaten unerläßlich, und es gab meist nur einen Versuch, die zu überspielen.
Unter dem Aspekt, wie primitiv er damals produziert haben muß (wahrscheinlich bis 1982, als er mit Achtspur und größerem Pult anfing), ist das doppelt so erstaunlich. Auf
Regions ist z. B. das schöne Stück
The Distance From Here enthalten, das auf der CD ausgespart wurde (warum auch immer), und das Material auf dem Vierspur-Teac-Band hat nur Grundzüge des fertigen Titels und ist nur etwa drei Minuten lang -- da muß beim Mischen noch so manches produziert worden sein, um das Stück abzurunden. Es gibt sogar einen alternativen Mix, der eine ganz andere Stimmung hat.
Die frühen Multitracks hatten z. T. überhaupt keinen Pegel auf den Bändern -- erst, nachdem ich sie im ProTools auf Normalnull gebracht hatte, konnte man überhaupt was hören (und sogar den Gesang von Shari Barna auf
Airborne verstehen).
Prisms ist mit der falschen Geschwindigkeit gepreßt worden (zumindest hier in Europa), wodurch das Album sowas von kaugummizäh und träge klingt, und es sind ganz andere Stücke auf dem Album gelandet, als eigentlich auf dem Masterband enthalten waren. Wahrscheinlich haben die bei der Ariola die Geschwindigkeit ganz bewußt geändert, um dem Album eine Spielzeit über 25 Minuten zu verpassen.
Ich bin ja auch ein großer Michael-Garrison-Fan - wenn es irgendwann mal eine klanglich verbesserte, nicht kaputtgemasterte Wiederveröffentlichung geben sollte, wäre ich sofort dabei. Das Point Of Impact-Band ist wahrscheinlich nicht wieder aufgetaucht, oder?
Nein, die Masterbänder sind definitiv vernichtet worden -- es gab Schachteln, auf denen
Point Of Impact stand und auch einzelne Titel genannt wurden, aber sowohl die Stereo- als auch die Mehrspurtapes enthielten allesamt anderes Material. Es gab nur neu aufgenommene Versionen einzelner Tracks, aber nichts, was auf der LP von 1983 drauf gewesen wäre. Dafür ist mir aber das legendäre
The Basement Tape in die Hände gefallen sowie einige Tracks, die mir völlig neu waren.
Ich habe sogar versucht, über George Mattson an Aufnahmen der POI zu kommen (unter der Annahme, daß er vielleicht ein Demotape rumliegen hat), ebenso über Leute, die bei
Wakefield Pressing gearbeitet hatten, aber das verlief alles im Sande. Lediglich eine ungespielte Testpressung des Albums habe ich auftreiben können, die relativiert knister-, knack- und rumpelfrei ist. Da habe ich auch schon mit der Restaurierung angefangen, aber meine eigene Arbeit hat nunmal Priorität.
Die CD-Fassung von 1993 ist leider ein ziemlich schlechter Witz -- direkt vom Vinyl, nicht aufbereitet, nicht entknackt, total muffig und topfig vom Klang her... so hätte ich das nicht gemacht.
Leider ist die komplette B-Seite der
Eclipse-LP ebenfalls verschollen, sowohl die Multitracks als auch die Stereomixe. Es gibt nur Fragmente mit viel DBX (und Pumpen), sodaß ich auch hier mal die B-Seite restaurieren muß vom Vinyl ausgehend.
Mein absoluter Lieblingstitel von Michael Garrison ist "Airborn":
https://youtu.be/XA-GOw06I2o
Von
Airborne habe ich das komplette Achtspur-Backing hier auf Platte (ebenso von
Departure und
Celestial Nights), komplett mit Gesang, Gitarre, Synare etc.
Vielleicht mache ich mir den Spaß und spiele mal eine Neufassung davon ein, mit meinen Soli darüber.
Leider verstarb Michael mit 48 Jahren viel zu früh, aber ein Teil von ihm wird in seiner Musik weiterleben.
Mike war leider eine sehr tragische Figur -- und hervorragend darin, sein persönliches Drama für sich zu behalten. Ich denke, das zunehmende Chaos in seinem Bandarchiv -- gepaart mit einer ebenso zunehmenden Ideenlosigkeit nach dem
Point Of Impact Album -- haben sein Drama noch befeuert.
Stephen