Man müsste eh mal schauen, was es in dieser Liga im Markt überhaupt in polyphon so alles gibt, aktuelle kaufbar oder auch Vintage. Viel ist ja mit Curtis/SSM/Roland Chips gebaut oder hybrid (in dem Sinne, dass Curtis VCOs in diskrete Filter laufen - Hallo Memorymoog). Die neuen Sequential/Oberheim Synths sind zwar diskret (je nachdem), aber lassen die netten Trimmer weg und tunen knallhart alles durch. Dazu noch
EGs und LFOs in der CPU und bei den kleinen wird der VCA eingespart.
Mit dem steifen Tuning und Kalibration gebe ich dir prinzipiell recht, aber Modulation ist beim CODE ja auch rein digital generiert. Trotzdem klingt der deswegen nicht nach DSI.
Bei Sequential, Oberheim und anderen kommt dieser „moderne“ saubere Klang - wenn du mich fragst - auch vom Fehlen irgendwelcher Komponenten, die überhaupt angenehme Verzerrungen und „Dampf“ im Signal machen könnten. Der saubere VCA-Chip, der oft verwendet wird (SSM/V/SSI etc. 2164, basiert auf einer Blackmer-Gain) bietet einen linearen Eingang mit exponentiellem Kontrollverhalten (beim OTA/Transkonduktanzverstärker genau umgekehrt, die Nichtlinearität ist praktisch an anderer Stelle). Kannst höchstens den Ein-bzw. Ausgang clippen. In einem klassischen OTA bestimmt das Großsignal-Verhalten der differentiellen Eingangsstufe (long tailed pair) (Ausgangsstrom/Eingangsspannung folgt einer tanh-Funktion) die Verzerr-Charakteristik.
Schaut man sich die Taylor-Entwicklung des tanh an, sieht man, dass der resultierende Ausgangsstrom der Differenzstufe neben dem Originalsignal lauter in ihrer Amplitude abnehmenden ungeraden Potenzterme des Eingangssignals hat, d.h. man bekommt lauter zusätzliche ungerade Harmonische.
Im Vergleich zum Blackmer-VCA übersteuert der OTA graduell anstatt einfach nur das Signal abzuschneiden (sieht man ja an der tanh-förmigen Kennlinie, in der Mitte gibt es eine recht grade Linie, die sich immer weiter „verbiegt“ je mehr die Amplituden auch die Randbereiche durchfahren müssen). Anders betrachtet macht der OTA eine Dynamikkompression. Man kann mit OTA-Übersteuerung aus einem Dreieck bspw. einen Sinus formen, man hört aber auch wie zwei schwebende Oszillatoren „zusammengeklebt/gequetscht“ werden im Vergleich zu niedrigeren Pegeln oder saubereren Synths.
Den Effekt gibts auch im Filter, hab aber aber leider den Eindruck dass man da oft nicht bis dahin aufdrehen darf wo es interessanter werden könnte. mir gefällt „mehr“ da einfach besser, man kann den Effekt mit Mixer-Pegeln ja auch reduzieren.
Zum Vergleich:
OTA-(Haupt)-VCAs sind u.A. zu finden in: 002, Omega / CODE, Muse (2164s hier nur für CVs), The River,
OB-X (hier gehen im Ausgangsmixer sogar tatsächlich ALLE 8 Stimmen gleichzeitig nochmal durch einen einen CA3080 pro Stereokanal, für die Lautstärkeeinstellung), OB-Xa, viel Roland (inkl. Juno-60, Jupiter-4,-8 (allerdings mit niedrigen Pegeln insgesamt für wenig distortion) etc.), meiste von ARP, glaub nur der Chroma nicht.
Blackmer-VCA/2164: DSI ab Prophet-6 soweit ich weiß überall bis auf Prophet 08 derivate, inkl. OB-X8, OB-6, Elektron, generell in vielem modernen Produkten, OTAs sind leider die Ausnahme.
Zum zweiten Teil: Ist halt auch irgendwie beliebig wo man die Grenze im Bezug auf Schaltungsintegration zieht, der Übergang ist ja fließend.
Es gibt meines Wissens nach keinen einzigen rein diskret aufgebauten polyphonen Synthesizer. Generell dürfte man Synths rein mit diskreten Komponenten (also ohne integrierte Schaltungen) selten finden, so aus dem Kopf fällt mir außer den frühen Moog Modular-Modulen fast nichts ein, im frühen Minimoog und im Arp-2600 ist das meiste noch diskret, aber ein paar IC-Opamps sind drin. Ah, Knifonium noch, mit Röhren.