Re: DSI Neuer Synth (@NAMM) - OB6
pulsn schrieb:
Hmmmm, kann mir jemand noch mal bitte den Zusammenhang OB6 / Jupiter 6 erläutern?
Ja, was haben wir da an Gemeinsamkeiten:
- 2 VCOs mit Sync und Cross Modulation
- 1 multi mode VCF
- 1 VCA
- 2 ENVs
- 1 LFO (wenn man jetzt nicht die Spielhilfen dazuzählst)
- Unisono mit Detune und Portamento
Ich finde, da könnte man schon Vergleiche anstellen. Nur, dass die Dinger so unterschiedlich Klingen! Der Prophet-6 ist klanglich viel näher am Jupiter-6 dran. Aber auch da gibt es gravierende Unterschiede.
Ich habe jetzt alle bei mir rumstehen. Klanglich gibt es da sicherlich viel Schnittmenge, aber jedes Instrument hat seinen eigenen Charakter. Den JP-6 habe ich über 20 Jahre und er war stets ein guter Begleiter fuer meine Musik. Nicht zu auffällig und sein Repertoire ist einfach grossartig, von brutal bis filigran. Und obwohl ich ein Fan von Filter FM bin, habe ich das beim Jupiter nie so richtig vermisst. Vielleicht auch, weil die Filterresonanz ein bisschen gezähmt ist.
Beim Prophet-6 kommt alles ein bisschen direkter rüber: lauter und ungezähmt. Wenn er brav klingen soll, dann muss man sich schon der Effekte bedienen. Das Filter ist mehr offen, besonders bei höherer Resonanz. Das macht einen grossen Unterschied. Den selben Vergleich kann man auch dem Prophet-12 zuschreiben, wo das Filter sich sehr Rolandisch verhalten kann. Nichtsdestotrotz ist der Prophet-6 ein richtiger Prophet: PolyMod und alles was dazugehört, wobei DSI noch einen grossen Schritt in Modulationstiefen, verglichen mit dem 5er, draufgehauen hat. Da muss man schon sehr vorsichtig an den Knöpfen drehen. Aber er bedient alles, was man von Ihm erwartet und mit bisschen Effekt kann er auch eine bravere Seite aufweisen.
Der OB-6 kommt so wie ein SEM rüber, wenigstens fuer mich. Der Grundklang kann einen nur gefallen. Was mir sofort auffällt ist, dass ich nicht gleich den Detune Knopf suche, so wie beim Prophet, um den Oscillatoren Wärme mitzugeben. Es klingt sauber in Tune, aber voll Analog. Aber nicht nur da hat Oberheim seinen Fingerabdruck hinterlassen, ich finde auch die Modifier sind zahmer. Ich habe das beim Prototypen schonmal angesprochen und ich bin mir nicht sicher, ob das jetzt mit den analogen Komponenten zu tun hat, die auf schnelle Spannungsänderungen anders reagieren, oder ob Tom/DSI sich jetzt mehr mit den Huellkurven und Modulationstiefen beschäftigt haben. Ist aber egal, wenigstens fuer den Musiker. Der Synth reagiert so organisch und gefällt in allen Positionen, wie halt ein SEM. Das erinnert einen sehr an den Jupiter-8, bei dem man auch wenig falsch machen kann. Der OB-6 geht aber eine ganze Ecke weiter als der Jupiter-8. Weil der 8er sicher gewinnt wenn es um Anzahl der Stimmen, Layer/Split, oder Gewicht geht, so kann der OB-6 doch eine Menge mehr bieten, alleine mit dem Multimode Filter. Und da muss ich DSI wieder ein Kompliment machen, weil sie es geschafft haben, den Multimode Filter sehr flexible aufzubauen und wichtige Komponenten unter Kontrolle der PolyMod (Osc2 & Filter ENV) und LFO zu bringen. Da kann man schön von BP auf einen der 3 Filter Modi überblenden, oder die 3 Filter Modi durchfahren, oder beides, in welche Richtung auch immer, da in die PolyMod (oder hier jetzt X-Mod genannt) die Filter Env BiPolar ausgelegt ist. Ja, das ist weit weg von den OB-wasweissich die wir kannten und erweitert das Klangpotential um Dimensionen.
So, kommen wir noch zu den subjektiven Eindrücken, mehr subjektiv, als jetzt oben beschrieben. Wenn man mit dem OB-6 rumspielt und Klänge bastelt, dann klingt alles schön. Schön weich, schön anzuhören, und schön zu bedienen ist er auch. Wenn man jetzt umschwenkt, und der Prophet-6 ist genau unter dem OB-6 platziert, dann bekommt man erstmal einen Schock, weil der Prophet-6 einfach auch super klingen kann. Zweitens, ist man viel mehr an den Sound der 80ern ran (mit dem Prophet). Er beherrscht die krassen Sachen, die mit Hilfe der PolyMod zustande kommen, einfach besser, mehr kontrolliert. Man hört einen Sound, den man durch etliche New Wave Songs gewohnt ist. Er ist aber bei weitem nicht so organisch. Nicht jede Kombination der Knöpfe führt auch zu einem schönen Klang. Aber die Ergebnisse sind so grundverschieden zum OB-6, das man sich nur wundern kann. Beide sehen doch sehr ähnlich aus, beide haben fast die gleichen Funktionen und doch wacht man in einer anderen Welt auf. So fühlt sich das an und ich könnte jetzt nicht mit gutem Gewissen den einen oder anderen raten lieber den OB-6 zu kaufen, obwohl er beim Anspielen sicher Vielen besser gefallen wird.
Ich habe immer gesagt, man muss einen Jupiter im Studio haben. Es sind schöne Instrumente, der eine klingt schön, ist von super Qualität und schwer, der andere etwas abgemagert im Klang und Stimmenzahl, aber dafür mit Sachen ausgestattet, die ihn einzigartig machen. Das schöne am Jupiter ist auch, dass er riesengross ist. Ein schönes Spielhilfenfeld schön neben den vollen 5 Oktaven. Das Bedienfeld ist über die ganze Breite verteilt. Das ist einfach schön anzusehen und zu bedienen. Da kommen die DSI Sachen schon ein bisschen dichter bepackt daher, besonders, weil sie ja noch zusätzliche Funktionen aufweisen. Man muss aber schon sagen, dass das Bedienfeld wesentlich aufgeräumter und freundlicher daherkommt als ein Virus, obwohl der 5 Oktaven hat. Aber vom Bedienfeld her, nichts schlägt den Prophet-12….(der schon wieder).
So, jetzt habe ich den Faden verloren. Was ich sagen wollte, es gibt einige Aspekte, die fuer einen Jupiter-6 sprechen, aber wenn ich ehrlich bin und jetzt nur einen haben könnte, dann wäre es wohl der Prophet-6. Alleine die Effekte und die Velocity sind fuer mich wichtige Komponenten heutzutage. Der Jupiter ist mehr oder minder Luxusstatus und nach 20+ Jahren trennt man sich nicht mehr. Ganz einfach. Aber was jetzt DSI im Angebot hat ist schon toll. Für jeden jetzt erhältlich, die Klassiker im modernen Format und vielleicht mit etwas aufpolierten Sound. Nichts bahnbrechendes Neues, aber sicher gut genug fuer mich und einigen anderen.