Ich habe lange mit mir gehadert, aber am Ende doch die Hades-Box geordert.
Positiv fällt die sehr wertige Gestaltung auf -- LP-Format, richtig schön schwer, die CDs mit zeitgenössischen Virgin-Label-Designs, sehr umfangreiches Bonusmaterial, Klangqualität durch die Bank hervorragend (zumindest bei den Studioaufnahmen, an die Livemitschnitte habe ich mich noch nicht herangetraut, da ich kein großer Fan der damaligen Dudelorgien bin). Die neuen Stereomischungen von Steve Wilson fand ich auf Anhieb nicht so spektakulär anders, daß ich aufgehorcht hätte (klangen aber deutlich besser als das, was in den 1980ern auf CD erschienen war). Das für mich überraschendste Material war Oedipus Tyrannus, das einige unerwartete Elemente enthält -- ich kannte bis dato nur Fragmente daraus (war also der zweite Grund, die Box anzuschaffen). Interessant auch, daß Teile von Oedipus für die Endsektion von Rubycon Part Two verwendet wurden -- das wußte ich bis dato nicht, und das ist die Art von Geschichtsstunde, der ich gerne folge.
Die Phaedra-Outtakes waren für mich der Hauptgrund, die Box anzuschaffen, da Phaedra für mich mit das wichtigste Album in meiner eigenen elektronischen Sozialisation ist; diese CDs sind eine hochinteressante Geschichtsstunde, weil man a) lernt, wie sich die Band im Studio an das Material herangetastet hat und daß sie b) dabei auch nur mir Wasser gekocht hat. Daß am Ende c) ein solches Stück Musik auf LP landete, ist -- glaube ich -- ein echter Glücksfall.
Die 5.1-Mixe habe ich mir mangels 5.1-Anlage noch nicht angehört (was wohl in nächster Zukunft auch nicht passieren wird, denn ich halte nichts von diesem Schnickschnack), die Filme habe ich mir in Ermangelung eines Blu-Ray-Players ebenfalls noch nicht angesehen, weiß aber, was mich da erwartet.
Negativ fällt auf, daß im beiliegenden Buch (welches sehr schön gestaltet ist) z. T. völlig kruder Mist geschrieben worden ist (was diesen Wouter Bessels dazu qualifiziert, sich in solchen Werken mit seinem Halb- oder Viertelwissen zu präsentieren, entzieht sich meiner Kenntnis... Käse aus Holland halt) und daß ein gründliches Lektorat und proof-reading keinen Schaden angerichtet hätte -- größter Lapsus: Chris Franke hat laut Schreiberling sein erstes Moog-System von Florian Fricke (Popol Vuh) erworben und dann an Klaus Schulze durchgereicht... was für ein Schwachsinn. Jeder, der sich nur ein bißchen in der Synthesisergeschichte auskennt (und/oder seine journalistischen Hausaufgaben -- sprich: Recherche -- erledigt hat), weiß, daß Schulze seinen Moog damals direkt von Fricke gekauft hat und Franke im Hansa-Studio zufällig über den IIIp gestolpert war, den die Rolling Stones dort hatten stehenlassen. Franke hatte auch anfangs nur deshalb Zugang zu diesem Moog, weil sich die Hansa-Leute erhofften, in Franke jemanden gefunden zu haben, der den Kunden den Moog zusammenstöpselt, weil die Hansa-Techniker selbst keinen Schimmer von der Technik hatten.
Das zweite Moog-System, das Franke bekam, hatte davor den Moody Blues gehört -- auch Synthesisergrundwissen, ebenso, daß Frankes Moogs heute Teil von Hans Zimmers Knopftapete sind.
Naja, heute gilt ja nicht der Kompetente als geeignet, sondern der, der sich am meisten mit seinem Mist hervortut bzw. am lautesten auf seinem Haufen kräht.
Stephen
PS: Die Official Bootleg Series speist sich meines Wissens aus dem Material, das ohnehin schon seit Ewigkeiten für Fans gratis online im Tangerine Tree Netzwerk zu bekommen war. Ob die Klangqualität für die CD-Veröffentlichung noch bearbeitet worden ist, weiß ich nicht.