Ca. 2002 oder so schwenkte die KEYS um auf Musikproduktion im Computer. 2003 waren sie schon an dem Punkt angelangt, jeden, den sie interviewten, der irgendwie Hardware-Klangerzeuger im Einsatz hatte, zu fragen: "Samma, wollt ihr nicht mal das ganze olle Hardwaregeraffel wegschmeißen und endlich komplett in the box arbeiten?" Der Hardwaresynth war für tot erklärt worden.
Die Keyboards mußte natürlich nachziehen.
2004 ging der Analogorgelhype los. Die OKEY! sprang auf und fing auf einmal an, in jeder Ausgabe eine mehr oder weniger analoge Heimorgel zu featuren, für gewöhnlich richtig dicke Teile, wo man vor Jahrzehnten im Orgelstudio vor stand und davon träumte, so'n Brocken zu Hause zu haben. Mitte der Nuller konnte man die Teile für ein paar Hunderter schießen.
Daher beschloß man 2005/2006 bei der Keyboards, einen Tastenwelt- und OKEY!-Klon ohne Ekol-Vereinsmeierei und ohne Sakralorgeln rauszuhauen. Bei der Gelegenheit hat man dahin auch Arranger-Keyboards geparkt, die die Keyboards bis dahin getestet hatte. So entstand die Funtasten. Ich hab noch beide Ausgaben da. Waren nämlich wirklich nur zwei, aber die waren dicker als jede Keyboards.
Im Frühjahr 2006 war der Budenzauber wieder vorbei. Offensichtlich hatte man eine Menge Leserbriefe gekriegt nach dem Motto: "Sacht ma, was genau hat die Keyboards eigentlich noch mit Keyboards zu tun? Musikmachen mit dem Rechner deckt schon die KEYS ab!" Folge: Computersachen, DAWs und Produktionsthemen wurden aus der Keyboards in die neue Sound & Recording ausgelagert. Dafür hat man die Funtasten wieder in die Keyboards integriert (bis 2008 stand Funtasten mit im Titel) und der Keyboards das bisherige Design der Funtasten verpaßt.
Aber selbst mit der wiedereingegliederten Funtasten hatte man auf einmal nur noch Material für sechs Ausgaben im Jahr, die dann auch noch dünner ausfielen. Ohne Computerhard- und -software fehlten ganz einfach die Themen. Workstations wurden nicht so oft gedroppt, auch Digitalpianos nicht. VA war in der Krise. Die Echtanalog-Renaissance ging gerade erst los, und das wurden letztlich großenteils harte Nerdthemen, für die nur das SynMag das passende Personal oder auch nur die Zielgruppe hatte – die Keyboards richtete sich an Heimkeyboarder, Alleinunterhalter, Bandkeyboarder und Pianisten und hatte trotzdem nicht genug zu schreiben für monatliche Ausgaben. Einen Prophet '08 konnte man noch testen. Für Modular, was
wirklich Platz hätte einnehmen können, hatte man aber nicht die richtigen Leute, und man hätte viele Stammleser zur Tastenwelt verjagt.
Inzwischen kommt die Keyboards nur noch etwa alle drei Monate raus. Eine Zeitlang gab es da zumindest Themenschwerpunkte, zu denen man einiges zusammenkratzen konnte, und man schreckt in seiner Verzweiflung inzwischen nicht mal mehr vor Modular und Synthnerderei zurück – wahrscheinlich gerade deshalb, weil die meisten von denen, die mit Synthesizern nichts am Hut haben, zur Tastenwelt umgeschwenkt sind. So irrsinnig viele Themenschwerpunkte hätte es aber gar nicht geben können, irgendwann hatte man alle denkbaren durch. Hätte mir als Schwerpunkt noch die Synthesizerburg gewünscht als Ergänzung zum Thema Live, das eigentlich nur Bandspiel, Computerkrams und ein bißchen Modular erschlug. Da hätte man aber höchstens Jarre und Kebu interviewen können, was auf eine Art redundant gewesen wär, und das hätte die Leser vielleicht fasziniert, aber nicht in puncto Nachahmung interessiert.
Mal sehen, wie lange sich die Keyboards noch hält. Sie hat ja nicht nur keine klare Zielgruppe mehr, sondern sehr viel Online-Konkurrenz, die dann auch noch viel schneller ist
und sich nicht immer den Herstellern anbiedern muß.
Die MPC5000 wurde z.B., glaube ich, gar nicht getestet. Zumindest wurde nichts gedruckt, soweit ich mich erinnere. Schlecht wollte man sie nicht bewerten und gut konnte man sie nicht bewerten.
Es gab auch Zeiten, in denen einfach zuviel auf einmal gedroppt wurde, so daß man mit Testen nicht mehr hinterherkam.
Die Novation-KS-Reihe ging an den Printmedien komplett vorbei. Die Keyboards kamen 2002 wohl zu nah am Virus C raus, und der KS-Rack machte 2003 den Fehler, nahezu zeitgleich mit dem MicroKorg auf den Markt zu kommen, der vom Fleck weg in den Himmel gehypet wurde, so daß für einen anderen VA kein Platz mehr war. Als man jeweils wieder Zeit gehabt hätte, die Teile zu testen, hätte man fürchterlich hinterhergehinkt.
Da gab's auch mal die Geschichte mit dem Kurzweil MicroPiano oder Forte oder wie das Ding hieß -- ein geschaßter Einkäufer bei einem großen Musikhändler kaufte davon einen riesigen Posten. Blöderweise war er in seiner Doppelfunktion auch Schreiberling für die Keyboards, in der er das Teil gnadenlos in Grund und Boden schrieb. Der Musikhändler blieb somit auf einem riesigen Posten MicroPianos oder Fortes oder wie das Ding hieß sitzen.
Dann war das das MicroPiano.
Mit der Fusion war's ganz ähnlich. Der Music Store glaubte ja auch daran, daß eine Workstation mit so einem Lastenheft den Markt aufwischen wird. Die haben sich das Lager mit hunderten von den Dingern vollgestapelt. Dann hat die Keyboards, die damals noch richtig Reichweite hatte, bekanntlich das Teil in Grund und Boden verrissen, und der Music Store blieb auf seinen Fusions sitzen. Die Bugs wurden ausgebügelt, von Klaus Schulze und Hollow Sun kamen viel bessere und noch dazu kostenlose Sounds, aber in Muckerkreisen war der Ruf der Fusion ruiniert, die den meisten Muckern sowieso zu nerdig und zu überausgestattet war; man kaufte lieber Motifs. Aber selbst bei den Nerds dauerte es, bis sich rumsprach, daß die Fusion jetzt was taugte. So brauchte Music Store einige Monate, um die damals leistungsfähigste Workstation überhaupt (bis Erscheinen der Korg OASYS jedenfalls) zum Spottpreis zu verkaufen. (Wer sich noch erinnern kann: 200 Fusion 6HD für 777 € das Stück.) Am Ende aber ging's ratzfatz.