Der "Mainstream" war wohl noch nie die Refernz für künstlerische Qualität zumal Popularität auch kein Refernzwert dafür ist.
Deshalb würde ich es nicht wagen wollen zu behaupten, dass es heute keine gute Musik für den eigenen Geschmack gibt. Man muss natürlich fern ab von den Charts wühlen und eine gewisse Offenheit mit sich bringen.
Ob es dann neuartige Musik ist, ist nochmals was ganz ganz anderes. Den Anspruch erhebe ich nicht, denn mir reicht es aus wenn mir Musik Freude bereitet oder sie der Funktion dient (Tanz-Musik - die mich zum Tanzen bewegt).
Zudem gibt es für mich auch noch vieles aus der Vergangenheit zu entdecken die mir neue Freude ins Leben bringt. Auch diese Musik ist für mich persönlich dann neu in meinem Geschmacks-Topf.
Ich dachte eigentlich, dass es klar wäre, dass ich die Charts gemeint habe damit, wenn ich schrieb, dass man heute die Musik im Großen und Ganzen vergessen kann. Denn sicherlich gibt es da draußen irgendwo etwas, was einem gefallen könnte, aber die Charts waren nun mal seit jeher eine Anlaufstelle dafür, was sich (damals) gut verkaufte und oft eben auch gut klang.
Das hat sich mit dem Internet grundlegend verändert, weil plötzlich auch das Anhören eines Songs als Verkaufseinheit gilt und Klickzahlen auch
manipuliert werden können.
Es stimmt, dass der Mainstream nicht zwangsläufig ("nie" würde ich in diesem Kontext auf keinen Fall schreiben) eine Referenz für künstlerische Qualität ist, was auch für die Popularität gilt, aber es gibt schon gewisse Aspekte, die darüber entscheiden, ob Musik gut ist oder nicht. Das hängt nicht mit der Komplexität zusammen, da auch ein einfach gestricktes Stück durchaus in den Bann ziehen kann, wenn ich da z. B. an "Das Model" von Kraftwerk denke. Sich aber damit zufriedenzugeben, dass Musik eine höchst subjektive Angelegenheit ist, würde bedeuten, dass sich auch ein 3-Jähriger an ein Klavier setzen kann, das Ganze aufgenommen und als Musik vermarktet wird. Wem es nicht gefällt, der hat dann eben kein Gespür für moderne und atonale Musik...
Natürlich könnte man so weit gehen und Capital Bra als musikalisches Genie bezeichnen, da er einen Top-Hit nach dem anderen landet und mittlerweile sogar die Beatles in ihrem Erfolg überholt hat. Möchte aber jemand ernsthaft behaupten, dass Capital Bra bessere Musik macht, die sich damals die Beatles nur wünschen konnten?
Wenn es um "Offenheit" geht, dann geht es also nur darum, sich einem modernen Trend anzuschließen, selbst wenn dieser Mist ist? Zugegeben, auch zu "meiner" Zeit damals gab es viel Schrott, was Eurodance betrifft - da bin ich auch ehrlich - aber im Vergleich zu dem, was man heute in den Charts hört, gab es sehr viele gute Sachen, egal ob sie von Dr. Alban, Captain Hollywood, Pet Shop Boys etc. stammten. Die hatten nämlich alle noch einen Wiedererkennungswert, selbst die nicht überragende Stimme des Zahnarztes, der u. a. mit "It's My Life" einen großen Hit landete. Aber wie sieht das heute mit den ganzen Charts-Überfliegern aus? Herausragende Stimmen höre ich da keine, egal ob sie Juju, Shirin David oder sonstwie heißen, packende Melodien sind nur noch mit der Lupe zu finden.