...meine ganz persönliche Sicht (und jedem steht es frei, es völlig anders zu sehen. Ich beschäftige mich auch nicht lange genug damit, um Experte zu sein):
der unbestrittene Vorteil an Digital ist total recall. Gerade als professioneller Studiobetreiber (der ich nicht bin), war analog irgendwann nicht mehr tragbar. Analog musste jeden Song von A bis Z fertig gemischt werden, das Band an den Auftraggeber geschickt werden. Erst nach der Freigabe durch den Kunden konnte man das Pult neu belegen. Das war vielleicht bei eine exklusiven Produktion über Monate machbar, aber nicht wenn man zwischen zwei Popsongs schnell mal ein Werbejingle und danach den Remix für eine 80er Revival-Show mischen musste. Von daher war Digital quasi notwendig, um schnell und flexibel zu sein. Daher sind die Geräte spätestens Ende der 2000er Jahren reihenweise rausgeflogen, als die Ditialtechnik gut genug war.
Unser Produzent hatte sich immer noch den Luxus erlaubt, weiterhin noch analog zu mischen. Aber ansonsten bestimmten DAW mit den VST-Effekten und natürlich einem digitalen Mix den Alltag.
Nachdem wir für unser Projekt auf analog beim Pult umgestiegen sind (altes ADT, also vor über 30 Jahren mal echtes High-End-Gerät), haben wir den Mix paralell über ein RME-Interface digital und eine professionelle 2-Spur Bandmaschine aufgenommen. Das ist ein echter 1:1 Vergleich, weil Kopfhörer und Abhöre identisch sind. Unser Fazit: das Band hört sich einfach "feiner" an. Und zwar schon vor dem Mastern. Das mag am Übersprechen der Kanäle, am Dynamikumfang oder vor allem am gewünschten sanften Komprimieren des Bandes liegen (Pult und Band werden ganz leicht "heiss" gefahren).
Der zeitliche Aufwand dafür ist wirklich hoch. Die Bandmaschine (generalüberholte PR99) ist auf einen speziellen Bandtyp eingemessen. Der Master-Engineer hat seine Maschine auf das Material optimiert. Vor dem Song werden mit einem Signalgenerator Kalibrierungstöne unterschiedlicher Tonhöhen aufgezeichnet, etc. etc.
Und dann muss man nach dem Mix 1 Woche warten, bis die Nachricht vom Master-Engineer kommt, ob das Material aus seiner Sicht perfekt ist. Wenn man täglich einen Song abliefern muss, nicht machbar. Wenn man pro Monat einen Song anstrebt, so dass das Album Ende 2021 fertig ist, zeitlich machbar. Die Zeit dazwischen brauchen wir, um den nächsten Song fertig zum mixen zu bekommen.
Vielleicht arbeiten wir beim nächsten oder übernächsten Album dann wieder AAD, ADD oder komplett ITB
ladyterror
. Im Moment ist es aber ein Hörerlebnis, wenn der Signalweg aus durchweg altem, aber eben Analog-Profi-Equipment der 80er Jahre besteht. Wir sind da auch nicht dogmatisch. Bei den FX Geräten sind auch moderne Dinge wie ein OTO Bam oder ein T-Resonator dabei. Es geht also nicht um Retro, sondern um die Erstellung unseres speziellen Sounds.