Wenn man sich mit der Wortherkunft beschäftigt, wird man feststellen, dass sich die Ansicht über den Gegenstand der Diskussion in historischen Zeitverlauf stets ändert. Dass, was wir heute unter einem Musiker verstehen, muss nicht immer schon die Auffassung gewesen sein und dass, was heute in den Büchern steht, was ein Musiker ist, kann veraltet sein. Das gesagte gilt nicht nur für Bücher, sondern auch für Wikipedia. Sucht man dort den Musikerbegriff in verschiedenen Sprachen, dann erhält man verschiedene Antworten, weil jede Kultur für sich auch die Definitionshoheit beansprucht.
Bevor man sich an die Definition des Begriff des Musikers heranmacht, sollte man nachschlagen, was Musik ist. Einen ausnahmsweise annähernd fundierten und ausführlichen Artikel dazu habe ich bei Wikipedia gefunden. Den aus meiner Sicht wichtigsten Abschnitt nachfolgend als Zitat:
"Die Frage, was Musik sei oder nicht sei, ist so alt wie das Nachdenken über Musik selbst. Trotz der zahlreichen historischen Versuche, zu einem allgemeinen und grundsätzlichen Musikbegriff zu gelangen, gab und gibt es keine allein gültige Definition."
Ich würde daraus folgern: Wenn schon über tausende von Jahren keine allein gültige Definition von einem Begriff wie Musik erreicht werden konnte, wie sollte man dann erwarten, dass es eine solche Definition für einen Musiker geben könnte?
Schaut man in Herkunftswörterbüchern nach dem Begriff "Musiker", dann findet sich i. d. R. der berufliche Zusammenhang. Die Aussage wäre demnach: Musiker ist der, der seinen Haupterwerb im musikalischen Bereich erzielt. Würde man diese Definition so stehen lassen, könnte man mal schauen, wie man beruflich Geld erwerben kann:
- Im Angestelltenverhältnis: Der Arbeitgeber erwartet eine Qualifikation.
- Als Selbständiger: Hier gibt es die freien Berufe und das Gewerbe. Den Angehörigen des freien Berufs zeichnet eine nachweisbare Qualifikation aus. Durch die Anerkennung wird man von der Gewerbesteuer befreit. Musiker als Gewerbetreibender hingegen kann jeder werden. Die Frage wird sein, ob die Qualifikation dafür ausreicht.
Zwei Gedanken dazu: Sowohl der angestellte Musiker (z. B. Orchester) als auch der freiberufliche Musiker wird seine Qualifikation Dritten nachweisen müssen. Dies bedeutet: Den Massstab, ob man ein Musiker ist oder nicht, setzt man nicht selbst, sondern der wird gesetzt. In der Regel durch Institutionen, wie z. B. Universitäten. Demnach wäre es nur allzu verständlich, wenn man folgern würde, dass ein Musiker z. B. i. S. eines Instrumentalisten ein Instrument beherrscht, über ein Repertoire verfügt und in der Lage ist, mit anderen Instrumentalisten zu kommunizieren. Wie weit die Qualifikation zu einem bestimmten Zeitpunkt reichen muss, das bestimmen wie gesagt i. d. R. qualifizierte Dritte, wie z. B. Musiklehrer (durch den Vergleich mit anderen Schülern), Dozenten und Professoren.
Aus einem solchen engen Schema fallen Gewerbetreibende raus. Entscheidend ist, ob die Qualifikation der Marktnachfrage entspricht und der Lebensunterhalt erzielt werden kann.
Wenn man sich hingegen einer Definition von Musik anschließen würde, wie z. B. "Music is organized sound!" (so z. B. an amerikanischen Hochschulen gelehrt), dann wäre ein Musiker jemand, der Sound (nicht Sounds
organisiert.
In meiner persönlichen Vorstellung sind beide Ansätze unzureichend. Der Begriff Musiker ist für mich ein übergeordneter Kategorienbegriff, unter dem sich dann andere Begriffe wie Instrumentalist, Sänger, Komponist, usw. ordnen lassen. Vor den einzelnen Begriffen kann dann ein Hobby oder ein Beruf stehen, um zu verdeutlichen, auf welchem Niveau sich das Thema abspielt.
Auf die Ausgangsfrage bezogen, ab wann man ein Musiker ist, würde ich antworten: Du bist dann ein Musiker, wenn andere Menschen dich als Musiker bezeichnen und respektieren. Voraussetzung dafür nämlich ist der Vergleich mit anderen Musikern, lernen von anderen Musikern sowie das eigene Streben, in dem was man als Musiker macht, stets besser zu werden.
Wenn du dich und deine Meinung hingegen als einzig relevanten Maßstab siehst, wirst du hingegen nicht weit kommen. Ich denke, dass gerade dies auch ein großes Problem für die elektronischen Musiker darstellt, die alleine in ihren Homestudios Musik machen. Aufgrund der technischen Hilfsmittel stellen sich zu früh Erfolgserlebnisse ein, die z. B. bei klassischer Ausbildung sehr viel mehr Zeit und auch viel mehr Engagement benötigt. Möchte sagen: Man denkt dann sehr schnell, man sei ein Musiker, weil man die Bedienungsanleitung gelesen hat und "das Schrauben" beherrscht.
Lange Rede kurzer Sinn: Musiker ist man, wenn andere Menschen einen als Musiker bezeichnen und respektieren.