Normalerweise gehöre ich zu den Leuten, die andere gerne als "Esoteriker" belächeln, wenn sie sich Sorgen darum machen, ob sie sich bei ihren Hifi-Kaltgerätekabeln lediglich mit der Mittelklasse im dreistelligen Preisbereich zufrieden geben sollen, oder nicht vielleicht doch lieber etwas mehr für was
"anständiges" auf den Tisch legen.
Weil: "hört man doch eh nicht"
Beim Thema Samplingrate/Bittiefe sehe ich das etwas anders. Ich arbeite, wo's geht, in 96/24. Nicht weil ich sage: "das höre ich auf jeden Fall", sondern weil ich sage: "vielleicht hört es ja irgendwer", und vor allem: weil es heute, 2020, überhaupt keinen zusätzlichen Ressourcenaufwand darstellt.
Prinzip: arbeite in der besten Qualität, die von den technischen Möglichkeiten her noch einigermaßen praktisch zu handhaben ist.
So wie vor 25 Jahren klar war, dass meine Fasttracker2-Samples in 44/16, mono, waren, sehe ich heute keinen Grund, in weniger als 96/24, stereo, aufzunehmen. Aber ich mische auch nicht Dutzende Spuren in der DAW zusammen, und habe auch kein Audiointerface, das mehr als die zwei Eingänge bewältigen muss, durch die die Stereosumme aus meinem Analogpult kommt. Wäre es anders, hätte ich vielleicht auch etwas enger gesteckte Grenzen.
Was die Sache mit Nyqvist, 40KHz & Co. angeht: natürlich, es gibt eine Grenze, ab der wir nicht mehr sagen können, dass wir eintreffende Schallwellen als Ton wahrnehmen. 16, 18, 20KHz, was auch immer. Darin erschöpfen sich aber Akustik und Wahrnehmungsphysio- und -psychologie aber noch nicht.
Ich fände es z.B. super, wenn wir die technischen Mittel hätten, auch Frequenzen außerhalb des "Hörschalls" angemessen aufzunehmen und zu reproduzieren. Vor allem *unterhalb* dieses Spektrums, und das leuchtet irgendwie jedem sofort ein -- wieso sollte man dasselbe dann nicht auch für den Bereich oberhalb der 20Khz anstreben? Jörgs Artikel spricht da ja schon ein paar Aspekte an.
Die vielzitierte Hörschwelle, die mit die Grundlage für die Annahme bildet, dass ca. 40Khz für "natürlichen" Sound auf einer CD ausreichen (hätte man das auch so entschieden, wenn ~1980 die technischen Bedingungen mehr ermöglicht hätten?), diese Hörschwelle beruht ja auf Tests unter Laborbedingungen, die bloß danach fragen, ob man *benennen* kann, dass man einen Sinuston mit Frequenz xy hört. Können wir sicher sagen, dass das nicht bloß nur ein kleiner Ausschnitt aus dem ist, was ein solcher Ton mit uns "macht"? Da sind schon einige Wenns und Abers drin. Von der schwingenden Kopfhörermembran bis zur Äußerung: "da höre ich einen, oder eben nicht" -- das ist physiologisch und kognitiv schon eine ganze Ecke.
Und überhaupt: warum eigentlich immer nur Sinuston? Unsere akustische Umgebung, musikalisch oder nicht, besteht ja schon aus ein bisschen mehr. Der Abstand zwischen zwei Schallereignissen wäre z.B. ein solches akustisches Phänomen, das wir nicht als "Ton" wahrnehmen. Je gröber die Rasterung auf der Zeitachse, desto weniger Feinheit ist möglich in der Abbildung solcher Abstände. Auch das Thema "Laufzeitunterschiede" wäre so eine Sache. Erst recht, wenn man mitbedenkt, dass wir zwei Ohren haben.
Dann auch die Frage: wieviele Samples pro Schwingungsperiode haben wir eigentlich bei einer bestimmten Samplingrate zur Verfügung? Bei einer Samplingrate von 44,1KHz kann man die Anzahl von Samples, in der wir einen 9000-Hz-Ton ausgespuckt bekommen, an einer Hand (!) abzählen. Unter "hochauflösend" würde man doch eher was anderes verstehen. Nicht nur weil bereits ein purer Sinus derart gerastert ziemlich fies entstellt wird, sondern auch weil in dieser 9000tel-Sekunde wahrscheinlich sowieso viel komplexere Sachen passieren als ein isolierter Sinuston. Vom Problem der digitalen Nachbearbeitung ganz zu schweigen. Das sprachen ja auch einige schon an, dass fünf Samples für einen solchen Zeitraum arg wenig sein können.
Solche Sachen kann man als "Jägerlatein" abtun. Aber dann wäre die Beweislast (dass es eine klar benennbare Samplingrate gibt, die "ausreicht") bei einem selber.
Die andere Maxime ist IMHO nämlich die einleuchtendere (und nicht beweisbedürftige): "keine Samplingrate (und erst recht Bittiefe) kann hoch genug sein, um das Geschehen 'da draußen' digital abzubilden" ...solange man die Kirche im Dorf lässt und sich auf das beschränkt, was Zeit, Geld, Speicherplatz und eigene Nerven hergeben.