Wie werden ROMples vom Hersteller kreiert?

Z

Zotterl

Guest
Zwischenzeitlich gibt es ja ganz gute ROMpler, mit recht exotischen Wellenformen.
Mich interessiert nun, wie diese Wellenformen kreiert werden. Ein Großteil dürften
wohl – wie üblich – gesampelte Akustikinstrumente oder auch obligatorische Vintage-
Samples sein; genau die interessieren hier NICHT.

Wie entstehen aber nun all die „Fantasie“-Sounds? Werden die mit irgendwelchen anderen
handelsüblichen Synths erstellt und ebenfalls gesampelt oder haben die Hersteller spezielle
Hard- oder Software?
 
Bei Vintagesynth gibts einen netten Text über den Prophet VS:
http://www.vintagesynth.com/sci/birth.txt

Auszug:
The original waves for the VS were created three ways - extracting single-cycles from sampled
sounds, using a custom additive synthesis program, and using a program Josh slapped together
called "Hacker" where you could draw the waveshape. These were fed straight from the computer
through the filter and VCA of a Pro-One to figure out what the might sound
like in a patch. And by the way, no PPG waveforms appear inside the VS - we
had access to them, but in the end our consciences got the better of us. We
did steal some waveforms from the Korg DW6000, but only by looking at the
harmonic drawings on the front panel and trying to imitate them in our additive synthesis program.
 
Oft sind es statische Spektren die per Additiver- aber häufiger per FM-Synthese oder Ringmodulation (weil oft disharmonischer Anteil enthalten ist) erstellt und/oder noch unisoniert wurden. Jedenfalls hatte ich beim selberbasteln schon oft Aha-Erlebnisse, indem ich so einige Sounds wieder erkannte, wo ich mich immer fragte, wo die das her haben.
 
Urinstinkt schrieb:
... oft Aha-Erlebnisse, indem ich so einige Sounds wieder erkannte, wo ich mich immer fragte, wo die das her haben.
Kommt mir bekannt vor.

Für mich stellte sich u. a. auch die Frage, ob die Hersteller doch noch einige Asse im Ärmel
haben, was Klangerzeugung betrifft, diese jedoch für sich behalten, um auch künftig ihre
Soundmaschinen zu "füllen".
 
In mühevoller Kleinarbeit mit allem, was einem in den Sinn kommt. Da gehören Tools zur Additiven Synthese genauso dazu, wie ein Kochlöffel, ein paar Backbleche und ein Mikrofon. Ich glaube der grundsätzliche Prozess unterscheidet sich nicht von der Arbeit, die man in eigene Samples investiert - der Hauptunterschied ist, dass man sich über Wochen mit nichts anderem mehr beschäftigt und das nicht die momentanen klanglichen Bedürfnisse den Ausschlag geben sondern das Füllen des vorhandenen Wellenformspeichers mit möglichst vielem unterschiedlichen Klangmaterialen um eine später flexible Grundlage für das Sound Design zu erhalten. Der mit Abstand aufwändigste Teil ist das Optimieren der Samples. Dabei muss ein Kompromiss zwischen möglichst gutem Klang und möglichst kleinem Speicherverbrauch geschafft werden - wobei sich zum Glück die Sache mit dem Speicher deutlich entspannt hat. In den Neunzigern musste man noch mit ein paar Megabyte (4, 8 oder 16 MB gab es tatsächlich) für das gesamte Sample-Rom auskommen. Dafür ist natürlich der Anspruch an die Klangqualität eklatant gestiegen. Da nicht unendlich viel Speicher vorhanden ist wird die meiste Zeit noch immer von dem Sample Loopen verbraucht, wenn man etwas mehr als nur einfache Wellenform-Durchläufe anbieten möchte.
Das aufwändigste ist natürlich das Erstellen von Multisamples von Naturinstrumenten, da nicht nur einzelne Samples klingen müssen sondern verständlicherweise erwartet wird, dass ein Instrument über einen weiten Bereich der Tastatur homogen klingt. Es gibt ein paar Geheimwaffen für das Loopen von komplexen Wellenformen wie zum Beispiel "Infinity" von Antares - aber keine dieser Wunderwaffen nimmt einem die Arbeit komplett ab. Das Füllen eines Waveform-Roms wird immer eine sehr zeitaufwändige und nervenzerreibende Aufgabe bleiben. Da zwar der zur Verfügung stehende Speicher wächst aber die Anforderungen an die Klangqualität ebenfalls, müssen vor allem deutlich mehr Samples erstellt und bearbeitet werden als früher.
 
Der ROM-bereich eins ROMplers entsteht wie folgt:

- mittels externer synthese im vorfeld generierter klang (sound-design im vorfeld) - oder akkustische aufnahme
- im punkto lautstärke (normalize) optimiert <- immer im verhältnis zur notenhöhe = originalität!
- noise reduktion manuel bei jedem single-sample im möglichst perfektem verhältnis zur beibehaltung des urklang
- optimaler cut der einzelnen single-samples (start/end) möglichst platzschönend (physikalisch gesehen = kB/mB)
- optimaler loop, incl. morphing der start/end-übergänge (pad, bass, lead..), ohne dass ein loop hörbar wird
- ggf. leiche vor-efektierung der einzelnen single-samples (eq, comp./limit,..)

Die o.g. massnahmen beziehen sich jeweils auf je einzelne single-samples, die dann zu einem multi-sample erst werden wollen.
Ein einzelnes multi-sample besteht bei den meisten hochwertigen ROMplern nicht nur aus der möglichst dichten zuordnung der samples pro note (optimalfall = jeder note wird je ein single-sample zugewiesen), sondern oft aus mehreren single-samples pro note ( = anschlagdynamik, z.b. trumpet, sax, piano, kontrabass...). So kann durch aus bei z.b. 76-tasten mal z.b. 4 single-samples pro note, ein multi-sample mit je 304 single-samples entstehen (der rest unterhalb+oberhalb der oktaven wird von der synth-engine interpoliert). In der praxis beschrängt man sich meist auf max. 61-122 single-samples pro multi-sample, sofern aufwendig gesampled wird und das resultat möglichst gut ausfallen soll.

Jeder kann dann leicht errechnen, mit welchem aufwand wir hier zu tun haben !
Soll ein ROMpler über eine möglichst umfangreiche library verfügen (256-512 multisamples als grundfutter für die erstellung der preset-library) bei entspr. hoher qualität (ohne mickeymouse-effekte), so sprechen wir hier über verdammt viel arbeit !
Auf tools, wie z.b. skylife's sample-robot (win) oder redmatica's autosampler (mac) ist leider kein wirklicher verlass. Manuele bearbeitung sample für sample ist für optimale qualität notwendig.

Je besser die synth-engine eines ROMplers arbeitet, desto weiträumlicher kann ein multisample erarbeitet werden. 32-61 single-samples pro multi-sample sind durch aus machbar, um immernoch qualitativ oben bleiben zu können.

Übrigens..
ein korg triton der ersten generation verfügt über eine 32 mb-grundlibrary (der ältere 01/w über 48 mb). Die heutigen librarys für software-rompler kommen in die weiten der GB-bereiche. Abgesehen von den (leider doch oft) hörbar schlechten loops der einzelnen samples der alten rompler, ist es schon interessant, was man aus 32 mb so raushollen kann.
Und nun denken wir weiter zurück an etwas wie emulator-II, S-50 oder fairlight...
 
Hab auch sowas schon mal gemacht, es passt am besten zu Jörgs Beschreibung. Ist vielleicht eher mit einem Loopfestival zu vergleichen mit der Prämisse: Alles ist erlaubt - es muss nur gut klingen - außer klauen.
 
Mir ging es vor allem um die Sounds, die ihren Ursprung nicht in einem "normalen"
Sample haben (also irgendein klingendes Ding wird in der Realität gesampelt und hinterher
soundmanipuliert), sondern tatsächlich synthetisch hergestellt werden, wie es z. T.
weiter oben bereits beschrieben wurde.

Auf jeden Fall merci für die Infos.
 
Zotterl schrieb:
Mir ging es vor allem um die Sounds, die ihren Ursprung nicht in einem "normalen"
Sample haben (also irgendein klingendes Ding wird in der Realität gesampelt und hinterher
soundmanipuliert), sondern tatsächlich synthetisch hergestellt werden, wie es z. T.
weiter oben bereits beschrieben wurde.

Auf jeden Fall merci für die Infos.

...bei so etwas bringen Dich die "additiven" Synth oft zum Ziel.
Beim Casio FZ1/10 z.B. kann man die Level der Harmonischen direkt am Display "malen" als nette Dreingabe zum Sampling, hat aber auch nur ne handvoll Harmonische. Ist für statische Wellenformen zum Anfang mal ganz nett zum rumzuprobieren.
Kawai K5000 ist dagegen schon sehr komplex mit 64 Harmonischen und eigener Lautstärkehüllkurve für jede.
Da kann man dann nur mit Makros sinnvoll arbeiten...
 
Zotterl schrieb:
Mir ging es vor allem um die Sounds, die ihren Ursprung nicht in einem "normalen"
Sample haben (also irgendein klingendes Ding wird in der Realität gesampelt und hinterher
soundmanipuliert), sondern tatsächlich synthetisch hergestellt werden, wie es z. T.
weiter oben bereits beschrieben wurde.

Auf jeden Fall merci für die Infos.


Sowas hier:


Mit etwas EQ oder oft sogar mit leicht Hall. Finde es allerdings schade, dass manche so viel Hall auf Reinsamples packen, aber sonst ist es doch oft sowas oder halt synthetisch erzeugt. Will sagen - es gibt beides und hat oft mehr mit der Arbeitsweise des Soundmachers zusammen. Manche sind für ihre Weise ja auch bekannt und gebucht. Manche sind eher Field oder REal Recorder, andere passionierte Syntheseleute. Kommt wirklich auch aufs Ziel an ,zB wenn das Ding mehr "Dance/Tech" oder für Ableton oder so sein soll ist das natürlich anders als für ein Ding mit Ethno oder so Hintergrund. Für ein Spiel fand ich oft echte Sounds besser, naja - so offen und frei ist das oft - selten wirklich vorgegeben. Muss nur rüber kommen.
 
Moogulator schrieb:
...Mit etwas EQ oder oft sogar mit leicht Hall. ...
Interessante Ergebnisse gibts auch, wenn man das Originalsignal in eine (z. B. Analog-)
Festfilterbank mit Einzelausgänge gibt und diese Einzelausgänge auch unterschiedlich
nachbearbeitet und hinterher zusammenmischt.
Allerdings ressourcenintensiv (mehrere Effektgeräte etc.)

*

Gibts eigentlich ein Programm, welches mir einen (z. B. .wav-)Sound detailiert analysiert und
mir VIELE (klang-)intime Eingriffs/Manipulationsmöglichkeiten ermöglicht und dennoch bedienbar
+ bezahlbar ist? (Kyma hattest Du mal genannt?).
 
Spectre - also allgemein Spectral-Analyzer und die grafische Anzeige von SonicWorx wären ein Beispiel, wie man sich (unter anderem) sowas ansehen könnte. Kyma ist zum analysieren (optisch ansehen) nicht wirklich die Wahl, eher zum synthetisieren - so genug Zeit vorhanden. Liegt zwischen den Hardcore Sachen wie CSound, Max, PD etc und Reaktor bzw. Handling.
 
Zotterl schrieb:
Mir ging es vor allem um die Sounds, die ihren Ursprung nicht in einem "normalen"
Sample haben (also irgendein klingendes Ding wird in der Realität gesampelt und hinterher
soundmanipuliert), sondern tatsächlich synthetisch hergestellt werden, wie es z. T.
weiter oben bereits beschrieben wurde.

Auf jeden Fall merci für die Infos.
Hierfür werden ganz einfach externe klangerzeuger (synthesizer) verwendet. Das war früher in den 80/90er so und hat sich bis heute nicht groß verändert. Es ist keine zauberei oder sonst irgend ein mystisches tool, welche/s für das erstellen der grund-samples (ROMpler-futter) verantwortlich ist/sind.
 
rauschwerk schrieb:
Es ist keine zauberei oder sonst irgend ein mystisches tool, welche/s für das erstellen der grund-samples (ROMpler-futter) verantwortlich ist/sind.
Ertappt - genau solch ein "mystisches Tool" wäre wohl nicht nur mir
recht gewesen. ;-)
 
Natürlich darf kein (c)-preset oder -sample eines anderen ROMplers und/oder synthesizers, als klang-grundlage für einen weiteren ROM verwendet werden (sofern nicht firmenintern, und/oder nicht lizensiert).

..und: bevor wir das altbekannte "henne-ei-problem" hier erörtern:

Der ROM-content eines M1 z.b. (im bereich synth-klänge) entstand mittels analoger-synthesizer. Die ersten klangerzeiger (die herkunft dieser wird sicherlich nicht nur dem hause korg zuzuschreiben sein), die hier vielen von euch wohl bekannt sind, dienten als klangfutter zur erstellung der grundsamples der ersten ROM-contents. Auch heute wird das so gemacht, wobei sich die werkzeuge hierfür gut weiterentwickelt haben.

Bei der erstellung von synth-grundsamples ist der sound-designer auf seine vorarbeit am ext. analog-/ FM/AM/PM/VA-synth angewiesen.
Bei der erstellung von akustik-samples, muss ein instrument wiederum möglichst genau (tonhöhe, lautstärke) und möglichst dicht (notenhöhe /-zuordnung) eingespielt werden (..was von Jörg w.o. bereits angesprochen und beschrieben wurde)

Bestmögliche A/D-wandler, samt zubehör sind natürlich vom grossen vorteil.

Und um noch ein mal kurz auf die kernfrage des threads zurück zu kommen: "Wie werden ROMples vom Hersteller kreiert?"
In der regel werden (heute) mehrere, externe sound-designer beauftragt den ROM-content zu erstellen. Mehrere sound-designer auch deshalb, um die sounds möglichst breitgefächert vorgelegt zu bekommen. Gleiches gilt für die programmierung der werk-presets bei div. synthesizern.
 
Zotterl schrieb:
rauschwerk schrieb:
Es ist keine zauberei oder sonst irgend ein mystisches tool, welche/s für das erstellen der grund-samples (ROMpler-futter) verantwortlich ist/sind.
Ertappt - genau solch ein "mystisches Tool" wäre wohl nicht nur mir
recht gewesen. ;-)

nachtrag..:
ich würde es im prof. bereich nicht direkt einsetzen, für das erstellen von eigenen multi-samples könnte das (bereits w.o. angesprochene) tool durch aus (zumindest dem amazona-test zu urteilen) gute hilfe leisten können.

-> http://www.amazona.de/index.php?page=26 ... le_id=3275
OSX-betriebsystem vorausgesetzt.

Die grundsounds als ausgangslage mussen so oder so im vorfeld programmiert werden. Was das absamplen der sound-bänke angeht, so könnte das folgende tool event. brauchbar sein.
Ich habe das PRG jedoch nie live getestet, und verweise somit auf den o.g. amazona-testbericht.
 


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