Was uns unterm Strich alte analog Synths gebracht haben !!!

Auch ohne Synthesizer sind wilde Klanggebilde möglich. Trotzdem glaube ich, dass die Ankunft des Synthesizers ganz erstaunliches bewirkt hat. Musikhistorisch ist das bestimmt sehr interessant.
Es ist eben bloß schon sehr lange her. ;-) Der Synthesizer wie wir ihn jetzt kennen etablierte sich Ende der 60er. Das ist jetzt 40 Jahre her, aber es war afaik keine 20 Jahre nach der Entwicklung der modernen E-Gitarre.
Auch heute noch ausgerechnet von Synths bahnbrechend neues zu erwarten scheint mir also nicht so richtig sinnvoll.
 
E-Gitarren (also die Solid-Bodies) haben sich so richtig ja erst in den 50er Jahren etabliert bzw. waren dann auch erst serienreif (Telecaster und ein bißchen später Les Paul).
 
In den 80ern hat man mit sehr überschaubarem Equipment entschieden Besseres zustande gebracht, als heutzutage mit unendlichen Möglichkeiten. Was zeigt uns das...weniger ist machmal mehr...

Die besten Ideen kommen mir wenn ich den simplen Step-Sequenzer des Pro One zur TR nudeln lasse und an den Knöpfen spiele. Mehr bedarf es nicht...
 
audiotrainer schrieb:
Die Diskussion hier erinnert mich im Übrigen daran, in wie weit die Erfindung des Clavichords Einfluß auf die Musik des ausgehenden Barockzeitalters gehabt haben könnte - oder andererseits eben vielleicht doch viel mehr die damals um sich greifenden, gesellschaftlichen Veränderungen (z.B. Aufklärung und die daraus resultierende Französische Revolution).

Naiv gefragt:
Wären z.B. die Goldberg-Variation jemals denkbar gewesen ohne Klavier? Falls: Soll man deshalb das Klavier nur noch als den Innovationsmotor schlechthin darstellen, wel anderes -Darmzeugs nichts taugt?

Du verwechselst hier das Clavichord mit dem (Hammer)klavier, bzw. bringst die beiden Begriffe durcheinander. Das Clavichord (dessen Tonerzeugung auf einem mechanisiertem "Picking" beruht) gab es sogar schon vor der Barockzeit.

Die Goldbergvariationen wurden i. Ü. eindeutig für Cembalo geschrieben, siehe:

http://de.wikipedia.org/wiki/Goldberg-Variationen

Auch wenn einzelne Sätze bereits nach einigen Jahren Klavierunterricht gespielt werden können, fordert das Werk insgesamt einen hohen Grad an Virtuosität und gilt als eine der schwierigsten Klavierkompositionen Bachs. Für Interpreten, die statt des vorgesehenen Cembalos ein modernes Klavier verwenden wollen, gilt dies besonders, da das Werk für ein zweimanualiges Instrument komponiert wurde und sich die Ausführung mit nur einer Tastatur stellenweise als schwierig erweist.
 
Nachdem ich mich heute durch alle Beiträge durchgelesen habe, kurz noch einige Gedanken, freigegeben zur Verwertung ...

Was haben uns Ölfarben, Pinsel und Leinwand gebracht? Oder was haben Fotoapparate gebracht?


1. Analoge Synthesizer haben dem Anwender eine höhere Stromrechnung gebracht.

2. Analoge Synthesizer sind Musikinstrumente. Sie bringen nichts. Sie sind da. Was damit passiert, bestimmt der Musiker/Künstler.

3. Analoge Synthesizer wurden und werden von Musikern verschiedener Genres eingesetzt. Einige Genres sind, in Abwandlung bestehender, durch analoge Synthesizer entstanden. Ich denke an Synthpop (Kraftwerk, Human League, Depeche Mode, usw.) oder Elektronik ala Jarre, Tangerine Dream, Vangelis, usw.

4. Analoge Synthesizer haben Musik (zeitweise) geprägt. Darunter ist, je nach Auffassung des Hörers, gute und schlechte Musik oder keine Musik, sondern Umweltverschmutzung, zu finden.

5. Mein Bruder studiert Philosophie. Er hat etwas gesagt, das mich sehr beeindruckt hat: "Es gibt keinen Gedanken, der nicht schon einmal gedacht wurde". Mein Eindruck ist der, dass wir auch in Sachen Klangerzeugung mittlerweile soweit sind. Klänge kann man auf dreierlei Arten entwickeln: 5.1. Man stellt sich einen Klang vor und baut ihn. Die Vorstellungskraft von uns allen dürfte sehr begrenzt sein, da wir von unseren Erfahrungen, unserer Kultur geprägt sind. Zudem dürfte unser Gehör/Gehirn ob der Dauerberieselung mit Umweltgeräuschen, synthetischen Geräuschen, Musik etc. pp. so derart überlastet und müde sein, dass die Stille für Neues nicht gegeben ist. Welcher Maler würde schon gern sein Bild auf eine bemalte Leinwand malen wollen?
5.2. Man baut einen Klang nach, den man bereits gehört hat.
5.3. Zufall / Intuition, ggfs. mit technologischer Unterstützung
5.4. Kombination 5.1., 5.2. und 5.3.

6. Der überwiegende Teil der Musik orientiert sich an evolutionären Mustern. Selbst Techno ist keine wirkliche Revolution, wenn man sich im Vergleich die stundenlangen Trommeleien afrikanischer Ureinwohner anhört. Evolutionäre Muster haben soziale Funktionen. Bei Musik ist das nichts anderes. Es werden Gefühle angesprochen, Gemeinschaften gebildet, Stimmungen und Neigungen zum Ausdruck gebracht, Politik gemacht, Selbstfindung betrieben, außergewöhnliche Leistungen gewürdigt, Helden geschaffen usw. Musikinstrumente treten dabei stets hinter jene Menschen, die diese spielen und deshalb sind dem überwiegenden Teil der Menschheit analoge Synthesizer egal.

7. Vor einiger Zeit hatte ich ein Buch über die Klassiker der Ökonomie gelesen. Was mich sehr überrascht hatte, war die Aufmachung. Die Klassiker wurden als Abstract, inkl. historischen Bezug, vorgestellt. Auch Musik und ihre Instrumente sind im historischen Kontext zu sehen. Analoge Synthesizer können anziehend wirken, weil wir damit bestimmte Musik, Musiker, Werte, klangliche und haptische Aspekte, Ingenieursleistungen aus der "guten alten Zeit" verbinden. Interessanterweise sind Profimusiker insgesamt etwas pragmatischer. Wer mit dem Zeugs gearbeitet hat und all die Probleme kennt, ist froh über die digitale Technik mit all den Vorteilen. Und auch das dürfte im historischen Kontext zu sehen sein.

Mein Fazit zur Diskussion: Synthesizer haben kreativen und weniger kreativen Menschen neue Möglichkeiten des Musizierens oder Geräuschfabrizierens oder Klangmalens oder was auch immer an die Hand gegeben. Ob ein analoger Synthesizer, ein digitaler Synthesizer, ein Sampler oder was auch immer hinter diesen Möglichkeiten steckt, interessiert nur die interessierte Mehrheit in diesem Forum. Für den Rest der Menschheit sind das bestenfalls Synthesizer. Assoziiert wird damit oftmals "Computermusik", sprich "entmenschlichte", ohne musikalisches Können, im Schlafzimmer ohne großen Aufwand (der es auch nicht wert wäre) produzierte Musik. Wie auch immer, die Entwicklung der Synthesizer im Hinblick auf die Klangerzeugungsverfahren (inkl. deren Nutzen unter musikalischen Aspekten) dürfte zu 90 Prozent abgeschlossen sein. Man wird noch neue Ideen verwirklichen (Software). Der überwiegende Teil wird sich weiterhin auf vorhandene Elemente konzentrieren. Ob daraus neue, musikalisch brauchbare Klänge entstehen? Überraschungseffekte wie beim Übergang zur FM Synthese und zum Sampling wollen sich nicht mehr einstellen. Alles irgendwie schon 100.000 mal gehört. Die Nuancen, der Kontext sowie das Können des Musikers machen den Unterschied.

Gute Nacht ...

PS: Über Musik und Kunst lohnt es sich nur dann zu streiten, wenn man seine Idendität und die dazugehörige soziale Gruppe noch nicht gefunden hat ;-)
 
CBusch schrieb:
Mein Bruder studiert Philosophie. Er hat etwas gesagt, das mich sehr beeindruckt hat: "Es gibt keinen Gedanken, der nicht schon einmal gedacht wurde".
Es wäre schlimm, wenn es so wäre, denn somit währe jegliche Kreativität abhanden gekommen, was ich aber nicht bestätigen kann.
Ich will damit sagen, dass es noch viele Gedanken gibt, die in Zukunft noch gedacht werden - auch neue.
Und das schließt auch die musikalische Kreativität ein. Kraftwerk sagten mal: es gäbe soundsoviel Möglichkeiten, eine Melodie zu erfinden. Ich denke aber nicht, dass sich Kreativität in irgendeine Formel pressen läßt.
 
Stimme dem Zitat deines Bruders (auch?) überhaupt nicht zu! Wie soll der wissen, wie es in den Köpfen von anderen Leuten zugeht? :lol:
Ich verwette sogar mein System 700 darum, dass ich schon Gedanken gehabt habe, die in dieser Form (grobe Inhaltszusammenfassung zählt nicht, das wäre reine Polemie) sicher 1000%ig niemand gehabt hat!
Aber ich würde mich definitiv nicht als "ausschließlich normal denkend" bezeichnen. :P

lG,
Nutty-phfrixion
 
"Weibsvolk anwesend?" Bei Frauen zieht der Philosophen-Bruder besser, als bei euch ;-)

Bevor ich meinen Bruder verleugnen muss: Er hat die Aussage wiedergegeben, Zitat sozusagen. Ich stimme mit der darin enthaltenen Aussage auch nicht 100%ig überein, finde aber, dass es sich darüber nachzudenken lohnt. Anders formuliert: Wer gibt euch die Gewissheit, dass euer Gedanke in dem Moment, in dem Ihr ihn erdenkt, nicht zuvor von anderen Menschen erdacht wurde?

Es geht aus meiner Sicht auch nicht darum, ob man "normal" denkt oder ein besonders großer Denker oder was auch immer ist. Wir die Aussage als Gedanken so stehen lassen müssen, weil wir ihn weder belegen noch widerlegen können.

Zurück zum Thema: Was bringt ein System 700 an Klängen, die wir noch nie gehört haben?
 
CBusch schrieb:
Mein Fazit zur Diskussion: Synthesizer haben kreativen und weniger kreativen Menschen neue Möglichkeiten des Musizierens oder Geräuschfabrizierens oder Klangmalens oder was auch immer an die Hand gegeben. Ob ein analoger Synthesizer, ein digitaler Synthesizer, ein Sampler oder was auch immer hinter diesen Möglichkeiten steckt, interessiert nur die interessierte Mehrheit in diesem Forum. Für den Rest der Menschheit sind das bestenfalls Synthesizer. Assoziiert wird damit oftmals "Computermusik", sprich "entmenschlichte", ohne musikalisches Können, im Schlafzimmer ohne großen Aufwand (der es auch nicht wert wäre) produzierte Musik. Wie auch immer, die Entwicklung der Synthesizer im Hinblick auf die Klangerzeugungsverfahren (inkl. deren Nutzen unter musikalischen Aspekten) dürfte zu 90 Prozent abgeschlossen sein. Man wird noch neue Ideen verwirklichen (Software). Der überwiegende Teil wird sich weiterhin auf vorhandene Elemente konzentrieren. Ob daraus neue, musikalisch brauchbare Klänge entstehen? Überraschungseffekte wie beim Übergang zur FM Synthese und zum Sampling wollen sich nicht mehr einstellen. Alles irgendwie schon 100.000 mal gehört. Die Nuancen, der Kontext sowie das Können des Musikers machen den Unterschied.

Ich denke auch dass wir langsam in die Zeit kommen in der Elektronische Musikinstrumente sozusagen "Erwachsen" sind. Was nicht heisst, dass sie sich nicht weiterentwickeln werden. Erwachsene entwickeln sich ja auch weiter. Aber ich glaube, dass sie eben eine Form bekommen die sich über längere Zeit bewähren kann und es nicht mehr diese Bahnbrechenden Umwälzungen geben wird wo alle drauf anspringen. So wie das bei anderen Instrumenten auch der Fall ist. Dh, dass neue Musik und neue Klänge nicht mehr paralell zu technischen Neuentwicklungen erscheinen werden, sondern noch deutlicher den Zeitgeist wiederspiegeln. Und die musikalische Idee wird wieder wichtiger sein. Was dazu aber noch fehlt sind imo ausgereifte Interfaces da kann und wird noch so einiges passieren.

Ich glaube aber, dass es schon immer gute Musik gab und immer geben wird ganz unabhängig von den Instrumenten.
 
CBusch schrieb:
Was bringt ein System 700 an Klängen, die wir noch nie gehört haben?
Gar nix natürlich. Wie viele Möglichkeiten gibt es denn, ein System 700 zu patchen? Wie viele davon klingen verschieden? Und wie viele davon sind noch nie gepatcht worden?
Ich wette: null komma null.
Das Verlange nach "Neuem" scheint sich aus der Kinderstube der Synthesizer herübergerettet zu haben, wenn man ehrlich ist, ist dieser Anspruch heute nicht mehr einzulösen. Ja, ich stimme dem "Bruder" zu: alles schon mal dagewesen. "Neues" bedeutet heute eher: "Variation".
Find ich aber auch nicht schlimm. :dunno:
 
CBusch schrieb:
Na, wenn das mal nicht ein Hit wird. Kann der auch den Lambada?

Sicher doch, auch wenn meine Casios da noch immer ein bißchen besser sind... aber Slow-Waltz, 16-Beat und Foxtrott sind seine Paradedisziplin.

lG,
Austrotrash
 
CBusch schrieb:
Was haben uns Ölfarben, Pinsel und Leinwand gebracht? Oder was haben Fotoapparate gebracht?
Fotoapparate haben eine Abkehr von der gegenständl. Malerei "gebracht". (Natürl. keine vollständige.)

CBusch schrieb:
2. Analoge Synthesizer sind Musikinstrumente. Sie bringen nichts. Sie sind da. Was damit passiert, bestimmt der Musiker/Künstler.
Die Frage ist doch, ob Musikinstrumente einen Einfluss darauf haben, was "der Musiker/Künstler (bestimmt)."

CBusch schrieb:
5. Mein Bruder studiert Philosophie. Er hat etwas gesagt, das mich sehr beeindruckt hat: "Es gibt keinen Gedanken, der nicht schon einmal gedacht wurde".
Wenn diese auch in der Vergangenheit richtig war, dann haben einige unserer Vorfahren in grauer Vorzeit am Lagerfeuer über Quantenphysik geplauscht.

CBusch schrieb:
5.2. Man baut einen Klang nach, den man bereits gehört hat.
Das mag allgemein stimmen, aber im Einzelfall? Ich habe große Zweifel dass das bspw. auf die Arbeit von Louis und Bebe Baron (Soundtrack zu Forbidden Planet) oder auf den BBC Radiophonic Workshop zutrifft.

CBusch schrieb:
Selbst Techno ist keine wirkliche Revolution, wenn man sich im Vergleich die stundenlangen Trommeleien afrikanischer Ureinwohner anhört.
Au weia! Böse Zungen behaupten Techno liegt ein alter "bewährter" Marschrhytmus zu Grunde. Du kennst Dich vermutl. nicht mit afrikan. trad. Musik aus, sonst wüsstest Du, da gibt es wenig Marschrhymthmus und dass die Trommel auf den Kontinent bezogen zwar dem Europäer das wichtigeste Instrument vorkommt, aber daneben haben je nach Region Kora (harfenähnl. Seiteninstrument), Balafon (gilt vielen als Marimaba-Vorläufer), Mbira (sog. Daumenklavier) usw. usf.

Einige Musikrichtungen wie Fuji und Waka aus Nigeria, in denen Trommeln dominieren, können aufgrund ihrer Komplexität eher mit euop. klass. Musik vergl. werden als mit Techno.
 
Wird das jetzt eine Stilrichtungs-Diskussion?

Man könnte auch einwenden, dass viele Techno-Tracks rhythmisch wesentlich komplexer als europ. klass. Musik sind. :P

Letztlich sind solche Diskussionen aber äusserst müßig, da man nur versucht seinen Geschmack mittels pseudo-objektiven Argumenten zu rechtfertigen.

Von daher finde ich es auch daneben, eine Stilrichtung wegen vermeintlicher oder echter Einfachheit abzuwerten.
 
sonicwarrior schrieb:
Wird das jetzt eine Stilrichtungs-Diskussion?

Man könnte auch einwenden, dass viele Techno-Tracks rhythmisch wesentlich komplexer als europ. klass. Musik sind. :P

Letztlich sind solche Diskussionen aber äusserst müßig, da man nur versucht seinen Geschmack mittels pseudo-objektiven Argumenten zu rechtfertigen.

Von daher finde ich es auch daneben, eine Stilrichtung wegen vermeintlicher oder echter Einfachheit abzuwerten.

Vllt. meine Schuld, aber das hast Du in den völlig falschen Hals gekriegt. Es ging mir um die klischeehafte Vorstellung darüber, was "arfrik. Ureinwohner" angebl. stundenlang so machen. Ich gebe zu, dass ich da als Freund afrikan. Popmusik empfindl. bin. Wenn ich mich als solcher "oute", kommt immer wieder eine Entgegnung mit dem Wort Trommel. Dabei ist im afrikan. Pop in fast allen Ländern die Gitarre das wichtigste Instrument.

Ich habe keine Musik wg. ihrer vermeintl. Einfachheit abgewertet und mag selber lieber einfache Musik. Ich habe mehrere sehr gute Platten aus Nigeria mit größeren und kleineren Trommelorchestern, die Fuji oder Waka, spielen und höre sie (fast) nie, da sie mir tatsächlich zu anspruchsvoll und komplex sind.
 
CBusch schrieb:

Mein Bruder studiert Philosophie. Er hat etwas gesagt, das mich sehr beeindruckt hat: "Es gibt keinen Gedanken, der nicht schon einmal gedacht wurde".

Solche Sätze, die eine vermeintliche Intellektualität beinhalten sollen, sind deshalb so beliebt, weil man sie nicht beweisen kann. Legt man aber eine Wahrscheinlichkeitsrechnung zugrunde und bedenkt die unglaubliche Komplexität des Gehirns und der Trillionen von Gedanken, so merkt man schnell, das der oben zitierte Satz ein hohle Phrase ist.

Davon abgesehen, kann ich dem meisten deiner Ausführungen zustimmen.
 
Ilanode schrieb:
CBusch schrieb:
Was haben uns Ölfarben, Pinsel und Leinwand gebracht? Oder was haben Fotoapparate gebracht?
Fotoapparate haben eine Abkehr von der gegenständl. Malerei "gebracht". (Natürl. keine vollständige.)

CBusch schrieb:
2. Analoge Synthesizer sind Musikinstrumente. Sie bringen nichts. Sie sind da. Was damit passiert, bestimmt der Musiker/Künstler.
Die Frage ist doch, ob Musikinstrumente einen Einfluss darauf haben, was "der Musiker/Künstler (bestimmt)."

CBusch schrieb:
5. Mein Bruder studiert Philosophie. Er hat etwas gesagt, das mich sehr beeindruckt hat: "Es gibt keinen Gedanken, der nicht schon einmal gedacht wurde".
Wenn diese auch in der Vergangenheit richtig war, dann haben einige unserer Vorfahren in grauer Vorzeit am Lagerfeuer über Quantenphysik geplauscht.

CBusch schrieb:
5.2. Man baut einen Klang nach, den man bereits gehört hat.
Das mag allgemein stimmen, aber im Einzelfall? Ich habe große Zweifel dass das bspw. auf die Arbeit von Louis und Bebe Baron (Soundtrack zu Forbidden Planet) oder auf den BBC Radiophonic Workshop zutrifft.

CBusch schrieb:
Selbst Techno ist keine wirkliche Revolution, wenn man sich im Vergleich die stundenlangen Trommeleien afrikanischer Ureinwohner anhört.
Au weia! Böse Zungen behaupten Techno liegt ein alter "bewährter" Marschrhytmus zu Grunde. Du kennst Dich vermutl. nicht mit afrikan. trad. Musik aus, sonst wüsstest Du, da gibt es wenig Marschrhymthmus und dass die Trommel auf den Kontinent bezogen zwar dem Europäer das wichtigeste Instrument vorkommt, aber daneben haben je nach Region Kora (harfenähnl. Seiteninstrument), Balafon (gilt vielen als Marimaba-Vorläufer), Mbira (sog. Daumenklavier) usw. usf.

Einige Musikrichtungen wie Fuji und Waka aus Nigeria, in denen Trommeln dominieren, können aufgrund ihrer Komplexität eher mit euop. klass. Musik vergl. werden als mit Techno.

Meine Aussage ist: Weder Ölfarben, Pinsel usw. haben etwas gebracht. Es waren immer Menschen, die etwas geschaffen haben.

Ganz bestimmt haben Musikinstrumente Einfluss auf den Künstler. Letztlich bestimmt er, bewußt oder weniger bewußt, wie er mit dem Einfluss umgehen möchte. In Sprachgebrauch ist auch die Rede von "Instrument beherrschen". Finde, das sagt schon etwas aus ...

Ich hatte an anderer Stelle oben ausgeführt, dass man die These durchaus interpretieren darf. Die Aussage ist nicht absolut zu betrachten. Nur wer sagt dir, dass die Gedanken, die wir beide hier im Forum austauschen, nicht bereitsgedacht wurden. Für mich hat die Aussage deshalb Bedeutung, weil man sich immer vergegenwärtigen muss, dass das, was man als Geistesblitz erlebt, nicht unbedingt etwas einmalig Neues sein muss. Auch in der Wissenschaft soll es Beispiele geben, wo Menschen völlig unabhängig und in verschiedenen Ländern zur gleichen Zeit sehr ähnliche Entdeckungen gemacht haben. So weit hergeholt finde ich das nicht, wenn man jetzt mal von deinem Beispiel absieht und die zeitliche Dimmension etwas enger ausführt.

5.2. war ein Beispiel. Ich hatte weitere Möglichkeiten, die auf Forbidden Planet oder BBC anwendbar sind-

Zunächst müsst man darin übereinstimmen, dass Techno und Marschrhythmus etwas gemein haben, um deinen Ausführungen zu folgen, da du den Marschrhythmus mit den afrikanischen Rhythmen vergleichst. Meine Aussage war eine andere. Mir ging es darum zum Ausdruck zu bringen, dass das scheinbar Neue immer auch Wurzeln in der Tradition, in bestehendem hat. Techno war das im Ausgangsthread gewählte Beispiel und ich finde nach wie vor nicht, dass analoge Synthesizer die Musikwelt revolutioniert haben. Die Technologie allgemein ist weiter gereift und nimmt sicher Einfluss auf uns und die Anwendung. Die Musik selbst ist nicht wirklich so stark beeinflusst worden

Mir geht es aber nicht um Recht haben oder sowas. Ich wollte lediglich meine Gedanken teilen, weil ich die Diskussion ganz interessant finde. Unterschiediche Sichtweisen finde ich eh spannender = kann man mehr von lernen. So auch in deinem Beitrag in Bezug auf afrik. Musik :)
 
Kurz als Anregung: Wie wäre es, wenn wir uns mehr auf den Aspekt der Synthesizer konzentrieren? Sind da klanglich neue Aspekte zu erwarten, die im musikalischen Kontext Sinn machen. Oder haben wir schon alles in irgendeiner Form gehört? Sind es vielleicht mehr die Interfaces, die zukünftig an Bedeutung gewinnen? Und ist digital nicht doch die Antwort auf Weiterentwicklung, statt mit der Limitierung der Analogen leben zu müssen? Oder sind es gerade die Limitierungen die uns weiter bringen, weil die reduzierte Komplexität zu ähnlichen Ergebnissen, aber schneller zum Ziel führt? Bringt die "Demokratisierung" zu viel Musik und werden wir derer müde?
 
CBusch schrieb:
Zunächst müsst man darin übereinstimmen, dass Techno und Marschrhythmus etwas gemein haben,
Das habe ich von jemanden nach-rhabarbert, der mehr von Musiktheorie versteht als ich.

CBusch schrieb:
da du den Marschrhythmus mit den afrikanischen Rhythmen vergleichst.
Eigentl. ging es mir nicht um einen Vgl. - siehe auch mein vorangegangenes Posting.

CBusch schrieb:
Meine Aussage war eine andere. Mir ging es darum zum Ausdruck zu bringen, dass das scheinbar Neue immer auch Wurzeln in der Tradition, in bestehendem hat.
Dem stimme ich zu, da natürl. trad. Prägungen ebenso wie die aktuelle Umwelt am Neuen oder Nicht-so-Neuen beteiligt sind. Sieht man ja auch an der Entwickl. des Synths, da sich die gängigsten Controller an trad. Instrumenten orientieren und Alternativen wie das "Spielmanual" des Trautoniums, das Theremin oder ein Touchkeyboard à la Serge eine Nischenexistenz fristen. (In wie weit der Seq. da jetzt rausfällt... :dunno: )
 
CBusch schrieb:
Kurz als Anregung: Wie wäre es, wenn wir uns mehr auf den Aspekt der Synthesizer konzentrieren? Sind da klanglich neue Aspekte zu erwarten, die im musikalischen Kontext Sinn machen. Oder haben wir schon alles in irgendeiner Form gehört? Sind es vielleicht mehr die Interfaces, die zukünftig an Bedeutung gewinnen? Und ist digital nicht doch die Antwort auf Weiterentwicklung, statt mit der Limitierung der Analogen leben zu müssen? Oder sind es gerade die Limitierungen die uns weiter bringen, weil die reduzierte Komplexität zu ähnlichen Ergebnissen, aber schneller zum Ziel führt? Bringt die "Demokratisierung" zu viel Musik und werden wir derer müde?

tja...viele dieser fragen sind hier schon diskutiert wurden... sh. auch hier die ersten beiden threads:

viewforum.php?f=2
 
CBusch schrieb:
5. Mein Bruder studiert Philosophie. Er hat etwas gesagt, das mich sehr beeindruckt hat: "Es gibt keinen Gedanken, der nicht schon einmal gedacht wurde".
Und Platon sagte, daß alle Dinge bereits vorhanden sind - und zwar in Form der Idee, welche hinter jedem Ding steckt, so daß alles Dingliche als die Manifestation der zugrundeliegenden Idee begriffen werden kann.

Insofern ist die Ansicht Deines Bruders im Sinne der Ideenlehre nicht falsch, sagt aber letztendlich nichts über die materielle Existenz der Dinge aus. Daraus kann man u.a. schließen, daß ungehörte Klänge durchaus noch möglich sind, weil die Idee eines Klangs und die Materialisierung dessen (z.B. über einen Synthesizer) zwei vollkommen unterschiedliche Paar Schuhe sind.

(Mein kleine philosophischer Senf dazu).
 


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