Bei allem gebotenen Respekt: Das klingt nach einem deutlich wahrgenommenen Unterschied zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung. Würde Dich dieser Unterschied tatsächlich nicht "scheren", würdest Du darüber nicht schreiben; dass Du es trotzdem machst, dazu aber in die dritte Person wechselst, legt nahe, dass dieser Unterschied als unangenehm empfunden wird. Es gibt sicher bessere Plätze für derlei als diesen Thread.
Mag sein. Es gibt immer einen Unterschied zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung, und es kann selbstdistanziert betrachtet sein, dass mich dieser Unterschied an dieser Stelle mehr nervt als ich nach außen zugeben will. Psychologisch hast du was drauf. Ist hier aber nicht Thema.
Und doch, in der Sache bleib ich dabei. Natürlich könnte ich hier etwa das vierte Hörbeispiel der nie durchgeführten Umfrage zu fünf Versionen der Mondscheinsonate verlinken und würde kraft meines Egos die unrealistische Erwartung wieder aufkeimen lassen, dass "die doofen Leute in dem Thread da"
reihenweise vor Scham über ihre irrige Annahme, das Klavier könnte nicht hinreichend für durchschnittliche Ohren nachgebildet werden, in den Boden versinken mögen.
Aber es würde zu nichts führen.
Auch habe ich eine Ahnung, welche Schwächen der Klang hat. Sei da der schwachbrüstige Diskant, im fff-gespielten Bass die Dumpfheit des Sofortklangs, eigentlich müssten die Obertöne da wohl noch etwas präsenter sein. Alles werden Vermutungen bleiben auf absehbare Zeit. Vorbildlose Klänge, Nichtnachbildungen gewissermaßen, interessieren mich gerade mehr.
Aber von anderen kann ich keine Hilfe erwarten, vor allen Dingen nicht von Pianisten, die sagen "An diesem Klang fehlt alles, was nur fehlen kann". Schmähkritik und Geschmacksurteile helfen mir nicht. Niemand wird ein aspektbezogenes, detailliertes Ist/Soll-Diskrepanz-Gutachten über den Klang anfertigen, für umme für irgend einen x-beliebigen Nerd im Internet.
Und die Regalmeter, auf die du Bezug nimmst, was die Wirkung von Lob betrifft, ja, die widersprechen mir und mögen da Recht haben. Aber Lob und Anerkennung von Menschen, die man mag, sich des Gegenmögens aber unsicher ist, ist ein anderes Ding, als Lob und Anerkennung von (ggf. aktuell noch) komplett oder relativ Unbekannten. Beides setzt zunächst Dopamin frei. Aber ich kenn doch meinen Kopf mittlerweile ganz gut. Das eine gilt als "Weiter so", dass andere als "Ziel erreicht". Das eine spornt an, das andere schafft Zufriedenheit. Ich mag Zufriedenheit, die entspannt. Aber zum Weiterkommen eignet sie sich nicht.
Ein Pianist, zumindest einer, der auch mit Synthis nichts am Hut hat, kann alles sagen, ich halte ihn nicht für glaubwürdig. Nicht weil er ein schlechter Mensch wäre. Einfach, weil sein persönliches Verhältnis zu diesem Klang, dem Klang der von ihm und Kollegen je gespielten Instrumente, so stark ist, dass von der für Bewertungen alternativ-produzierter Klangimitate gebotenen Distanz keine Rede mehr sein kann.
Und ja, das ist ein Vorurteil. So viele Pianisten kenne ich nicht persönlich. Ehrlich gesagt, kann ich die an einer Hand abzählen. Ich bin auch von Dingen eingenommen, in die ich Lebenszeit und Nerven investiert habe.
Die Unterscheidung zwischen Instrumentennachbildung und Musiknachbildung ist auch so ne Sache.
Beides vereint sich in einer Schnittstelle, der Klangnachbildung. Und darum geht es in meinem Fall. Klang hat drei Ebenen: Klang im technisch-akustisch Sinn (Obertöne, ADSR, ...), Klang im logischen Sinne (Intonation, Artikulation) und Klang im kontextuellen Sinne (Phrasierung, Dynamik/Agogik, Metrik und Rhythmik).
Alle drei Ebenen sind darstellbar als Parameterkonstellation bezogen bzw. taktbezogene Parameter beziehbar auf ein einzelnes Klangobjekt, die "Note" als abstrakter Repräsentant der zweiten Ebene. Anhand dieser Parameter, die statisch oder notenübergreifend veränderlich sind, maßschneidert mein Programm einen Synthesizer, genauer "Sound generator", für dieses eine Objekt, gewissermaßen eine Wegwerfinstanz.
Ich muss glaube ich nicht ausführen, dass Dinge der dritten Ebene über Hüllkurven abgebildet werden können, ähnlich wie das Schwingverhalten von einzelnen Partialtönen. Wenn etwa die Phrasierung darin besteht, zum Phrasenschwerpunkt hin zunehmend, und hinterher wieder abnehmend, den Lautheitslevel zum einen und auch den Lautheitsunterschied zwischen betonten und unbetonten Zählzeiten zu erhöhen, womit auch Klangunterschiede einhergehen können (Lautheit ist ja auch nur ein Parameter, wenn die %dB-Angabe auch später zur Pegelanpassung dieses Klangobjekts dient), wenn ich als Instrumentenmodellierer das so spezifiziere, wie auch immer im Detail.
Ein ziemlich komplexes System lässt sich da eben schon stricken, wenn man im Gegenzug zum Verzicht auf Echtzeit-Musizierpraxis bereit ist. So gesehen wird nicht Musik synthetisiert, sondern die Aufnahme, ähnlich, wie ein 3D-Programm eine Szene oder eine Animation rendert. Also ein ganz anderer Ansatz, kann eigentlich nur von einem Nichtmusiker verfolgt werden.
Wenn ich anderen Hörproben gebe, bemühe ich mich, nix dazu zu sagen, und auch die Meinung mit einem nüchternen Danke zu quittieren. Damit fahre ich ganz gut, wenn ich nicht selber dran scheitere.
Nun, ich will lernen, nicht immer das letzte Wort zu haben ... ich habe alles gesagt und gucke nicht mehr ins Forum für ne Woche oder so.