Gore schrieb:
Dann kann man es sich also bei den neuen Workstations so vorstellen, dass diese mehr Speicher haben und damit mehr "Platz" haben für größere Samples im einzelnen, so dass es aufgrund der größeren Einzelsamples möglich ist, mehr Klanginformationen und auch höhere Frequenzen in die Samples aufzunehmen, so dass diese sich dann auch "besser" oder "realistischer" oder was auch immer anhören?
Im Prinzip schon. Ist ja ein evolutionärer Prozess und die Speicherbausteine bieten heute deutlich mehr Platz. Dann überlegt man sich bei der Instrumentenentwicklung, was man denn mit diesem Platz so alles anstellen könnte. Darüber wird auch diskutiert, denn es gibt unterschiedliche Auffassungen und konzeptionelle Ausrichtungen. Ein samplebasierter Synth wird dann mit kurzen Waveforms versorgt, eine Workstation muss ein großes Spektrum mit Instrumentenimitationen abdecken. Dann sitzt man mit dem Taschenrechner da und entwickelt Szenarien für die Speicheraufteilung. Manchmal müssen regionale Besonderheiten berücksichtigt werden, also in Japan bestehen die auf einer Koto im ROM, in Deutschland auf ein Akkordeon.
Gore schrieb:
Der Rest der Technik, z.B. bessere D/A-Wandler, sorgt dann auch dafür, dass man weniger Hintergrundrauschen hat. Gekoppelt wird das ganze dann noch mit zeitgemäßen Anschlüssen, einem besseren Display, Sequenzer und was auch immer und et voila, fertig ist die neue Workstation.
Klingt einfacher als es ist. Zwar schöpfen Hersteller aus einem Bestand und ergänzen mit neusten Errungenschaften, aber als Basis steht ein Konzept da und über all dem trohnt ein Betriebssystem. Im Grunde ist das eine Wahnsinssarbeit und normalerweise nur in größeren Teams zu realisieren, die ein ordentliches Budget verbraten.
Gore schrieb:
Trotzdem finde ich, wenn ich mir diverse Klangbeispiele anhöre, dass diese ganzen Workstations immer noch so rüberkommen, als würde man dort einen Kompromiss eingehen. Die haben zwar alle sehr viele Sounds, aber diese Sounds hören sich trotz ihrer Qualität noch irgendwie "beschränkt" an, kommen also immer noch nicht trotz der Reife der heutigen Workstations an das jeweilige Original heran. Liegt dies daran, dass selbst bei den aktuellen Workstations der Speicher immer noch beschränkt ist und keine Chance hat gegen die riesigen Samplebänke, die man sich heute auf Computer-Festplatten im PC laden kann?
Samples gibt es in unterschiedlichen Typisierungen, die Range der Kategorien ist mittlerweile recht umangreich. Speicherbedarf alleine ist nicht das entscheidende Kriterium, manchmal allerdings durchaus. Samples stehen zunächst nach der Recordingsession in ihrer Ursprungsform zur Verfügung. Am Beispiel Klabier heißt das dann, dass ein C2 Sample mit vollem Ausklang, der bald 1 Minute dauert, und in sagen wir 8 Dynamikstufen von pp bis ff existiert. Je nachdem, was man dann für ein konzeptionelles Ziel hat, geht man dann ran an die Bearbeitung. In einem Portable Keyboard landet eine Variante, die vielleicht mit 2 V-Switches auskommt, die einzelnen Samples sind ziemlich direkt nach dem Attack geschnitten und werden dann mit einem Sustainloop versehen. Über die Tastatur verteilt man dann vielleicht so 25 Einzelsamples, damit die Konsistenz vom Bassbereich bis Diskant einigermaßen gewährleistet ist. An Speicherplatz verbrät man mit dieser Methode vielleicht 3-5 MB, je nach Qualitätsbedarf (khZ, Bit). Das wird dann mit einem recht fortschrittlichen Kompressionsverfahren nochmal auf die Hälfte oder so reduziert, also kommt dann am Ende ein Platzbedarf von 2 MB oder so raus.
Wenn eine Sample Library für anspruchsvolle Kundschaft produziert wird, dann hat Klangresultat Vorrang vor allem anderen und so verzichtet man dann gerne auf Sustainloops, zumindest in den ersten Sekunden nach Tastenanschlag. Auch das Dynamikspektrum will dann angemessen bedient sein. Ob man für dieses Vorhaben dann 5 GB oder 500 MB verbraucht ist verhandelbar. Das Klangergebnis selber hängt aber eher vom Sounddesigner ab, vorher natürlich noch vom Aufnahmetechniker, d.h. ein Sample muss gleich welcher Größe immer spielbar aufbereitet werden. Wie man das dann hinkriegt ist ein extra Thema, unter Sounddesignern hat sich aber rumgesprochen, dass Size doesn´t Matter den "echten" Musikeralltag bedient, Size does Matter jedoch den PR-Bereich. Aber Achtung: Manchmal kann das umgekehrt sein. Ich habe schon 2 GB Pianos gehört, die ziemlich huschdihusch gemacht wurden und das Resultat ist dementsprechend. Aber auch welche mit 50 MB, die echt gelungen sind.