Das ist eine auf sonderbare Weise sehr synthesizerische Definition von Musizieren, die den Synthesizer auf ebenso sonderbare Weise reduziert. Sie geht davon aus, dass der Klang einfach auf Knopfdruck entsteht, was der Realität eigentlich aller akustischer Instrumente widerspricht, bei denen das Formen des Klangs steter Bestandteil des Erlernens des Instruments und des Einübens eines jeden Stücks ist. Man spricht diesbezüglich auch von Musikalität.
Wikipedia sagt:
"Musik ist eine Kunstgattung, deren Werke aus organisierten Klängen bestehen, die Empfindungen oder Assoziationen hervorrufen können."
Wenn man völlig plan- und ziellos an den Knöpfen dreht und dann rein zufällig etwas musikalisches dabei herauskommt, dann glaube ich nicht, das dieses Ergebnis besonders viel mit "Kunst" zu tun hat.
Ob man bei solchen Glückstreffern von einer besonderen Musikalität und Kreativität sprechen kann, läßt sich sicherlich diskutieren, aber ein Affe könnte das auch.
Mir fehlt bei "Musik" eben der Ansatz einer Komposition, bzw. eines klaren Zieles.
Nicht alle haben ein musikalisches Ziel, sondern möchten nur Klänge erforschen, Zeit mit dem Patchen und Soundbasteln verbringen, was ja auch viel Spaß macht.
Lustigerweise scheint mir gleichzeitig die Vorstellung, dass ein Synthesizer einfach mit Noten gefüttert werden kann und dann gut klingt, vor allem in den Köpfen von Leuten heimisch zu sein, die noch nie einen benutzt haben.
Das stimme ich dir zu, sehe ich auch so.
Dennoch erreiche ich viel schneller meine musikalische Vorstellung, wenn ich strukturiert vorgehe.
Ich habe eine musikalische Idee, eine Melodie oder nur eine coole Tonfolge im Kopf, schreibe mir vorher die Noten auf und stimme danach meine Sequencer.
Und es ist nicht so, das ich noch nie Synthesizer verwendet habe, im Gegenteil.
Ich sehe für mich in dieser klassischen Arbeitsweise eher den musikalischen Ansatz, als ich durch bloßes herumprobieren erreichen könnte.
Viele Dinge wäre auch anders kaum zu realisieren.
Der passende Sound hat keine hohe Priorität, darum kümmere ich mich meist später.
Ich verstehe auch nicht ganz, warum Musik machen ein Rennen sein soll.
Es ist kein Rennen, wie kommst du darauf?
Ich schreibe nur, welche Arbeitsweise ich persönlich vorziehe.
Jeder kann doch das machen, was er will, in der Musik ist doch alles erlaubt.
Dafür kann ich deine Top-Down Heranhegensweise umso mehr nachvollziehen, zumal die Klangarbeit am Synthesizer (auch wenn sie nebensächlich sein sollte) so in einem konkreten Zusammenhang stattfindet, durch den sie Bedeutung erhält. Ob dieser Zusammenhang wertvoller ist als ein anderer musikalischer Zusammenhang, darüber lässt sich streiten.
Unter "Klangarbeit" verstehe ich etwas anderes, als am Synthie nur Sounds zu schrauben.
Alleine schon der Begriff "Arbeit" erschreckt mich immer etwas, da die meisten Leute das doch eher als Hobby aus Spaß betreiben.
Wenn ich aktive Klangarbeit mache, dann spiele ich Gongs und Klangschalen, aber keinen Synthesizer.
Synthie fällt dann mehr in die Kategorie Sonddesign.
Wenn nur Komponieren Musizieren ist, dann machen die meisten Musiker ihr Leben lang keine Musik.
Meine Erfahrung sagt da etwas Anderes.
Vor jedem Livekonzert, muss ich meine analogen Step-Sequecer wieder neu stimmen.
Ohne die festen Notenwerte auf meinem Zettel, würde das überhaupt nicht funktionieren.
Wenn ich dann live dazu spiele, soll ja alles sauber in Tune sein, ich möchte meine Zuhörer ja nicht mit schrägen Tönen quälen.
Ich kenne nur sehr wenige Musiker, die sich ihre Stücke nicht irgendwie aufschreiben.
Das erfolgt selten auf einem sauber geschriebenen Notenblatt, aber ohne ein paar Notitzen, wie z. B. mit Leadsheets, geht das doch nicht.